Eigentlich läuft es bei Anton Mehringer (Herbert Knaup) gerade ziemlich gut. So steht bei ihm die Berufung zum Oberstaatsanwalt unmittelbar bevor. Störungen kann er da in der Situation kaum gebrauchen. Umso schockierter ist er, als er von dem Verhalten von Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) erfährt, mit der ihn eine lange Geschichte verbindet, beruflich wie privat. So soll die Polizistin mit eigenartigen Parolen aufgefallen sein und zudem in einem Bus einen Mann zusammengeschlagen haben. Ausgerechnet mit Verschwörungstheoretiker Felix Morgenroth (Matthias Matschke), der fest entschlossen ist, die große Corona-Lüge aufzudecken, soll sie sich eingelassen haben. Damit steht Mehringer auf einmal zwischen den Fronten und muss einen Weg finden, seine alte Vertraute wieder aus der Sache herauszubekommen …
Zurück zum Corona-Alptraum
Eigentlich spielt Corona in den gesellschaftlichen Debatten kaum noch eine Rolle. Es gibt kaum noch Einschränkungen, die aktuellen Inzidenzen muss man schon sehr suchen, um von ihnen zu erfahren, andere Themen beherrschen die Nachrichten inzwischen. Und doch finden sich immer mal wieder Filme und Serien, die jetzt noch irgendwie auf diese Ausnahmephase Bezug nehmen. Together etwa begleitet ein Paar durch die Höhen und Tiefen dieser monatelangen Zwangsnähe. Familie Bundschuh: Unter Verschluss erzählt aus einer turbulenten Isolation der Chaosfamilie. Während diese Filme aber mit einem Augenzwinkern an den Alptraum erinnern, scheint man bei Sarah Kohr: Irrlichter fest dazu entschlossen zu sein, die Abgründe dieser Pandemie noch einmal vor Augen führen zu wollen.
Genauer nimmt sich der Film der Verschwörungstheorien an, die in der Zeit des steigenden Wahnsinns ohne Ende wucherten. Anders als etwa Schlafschafe, das diese anhand eines alltäglichen Beispiels einer auseinanderbrechenden Partnerschaft aufzog, werden in Sarah Kohr: Irrlichter die ganz schweren Geschütze ausgepackt. Anstatt „nur“ irgendwelchen Blödsinn von sich zu geben, soll hier mit Gewalt die eigene Weltsicht bewiesen werden. Dass diese gar nicht bewiesen werden kann, macht die Sache mindestens heikel, wenn nicht gar sehr gefährlich. Denn dies führt nur dazu, dass die Betroffenen umso hysterischer sind und sich erst recht verfolgt fühlen. Die ganze Welt macht mit, nur sie sind die letzte Bastion der Wahrheit. Entsprechend weiß man bei den Antagonisten im Film auch nie so wirklich, ob man sie nun fürchten oder auslachen soll.
Reißerisch bis lächerlich
Dass diese Männer letztendlich wie Karikaturen wirken, mag dem Trend des öffentlich-rechtlichen Fernsehens geschuldet sein, nicht zu viele Nuancen und Ambivalenzen zuzulassen. Zwar wird vereinzelt mal versucht, einen Blick hinter die groteske Fassade zu blicken. Aber das bleibt schon sehr schematisch. Stattdessen setzt der Krimithriller auf Nervenkitzel und Action. Schließlich unterscheidet sich die ZDF-Krimireihe Sarah Kohr von den anderen durch seine schlagfertige Protagonistin. Lisa Maria Potthoff darf auch bei ihrem achten Auftritt als Polizistin unter Beweis stellen, dass sie als toughe Polizistin eine gute Besetzung ist. Wenn sie in Irrlichter mehrfach Männer zusammenschlägt, nimmt man ihr das ab, ohne dass dies irgendwie komisch aussieht.
Es ist vielmehr das krude Drehbuch, das Probleme bereitet. So wird ganz reißerisch versucht, mit einem schwierigen Thema das Publikum zu fesseln. Und das nicht einmal sonderlich erfolgreich. So ist der Undercover-Einsatz der Polizistin derart offensichtlich, dass man sich die Dementi hätte sparen können. Andere Wendungen kommen dafür aus dem Nichts und sind letztendlich auch lächerlich. Zum Ende hin weiß man schon gar nicht mehr, ob Sarah Kohr: Irrlichter nun ernst gemeinter Thriller oder doch eine Parodie sein soll. So oder so ist der Film ein verspäteter und letztendlich überflüssiger Versuch, alte Wunden noch einmal aufzureißen, ohne selbst etwas Relevantes zu dem Thema beizutragen zu haben. Da hätten sowohl das Thema wie auch die Besetzung Besseres verdient.
OT: „Sarah Kohr: Irrlichter“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Mike Marzuk
Drehbuch: Timo Berndt
Musik: Alex Komlew
Kamera: Patrick D. Kaethner
Besetzung: Lisa Maria Potthoff, Herbert Knaup, Matthias Matschke, Lasse Myhr, Kjell Brutscheidt, Lilli Fichtner, Wanda Perdelwitz, Corinna Kirchhoff, Alexandru Cîrneală, Sarah Masuch, Alexander Wipprecht, Tobias van Dieken
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