Babylon – Rausch der Ekstase
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Babylon – Rausch der Ekstase

„Babylon – Rausch der Ekstase“ // Deutschland-Start: 19. Januar 2023 (Kino) // 6. April 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

In den 1920ern ist Nellie LaRoy (Margot Robbie) ein großer Star – es weiß nur außer ihr noch niemand. Aber das muss ja nicht so bleiben. Eine exklusive Party, auf der bedeutende Hollywood-Persönlichkeiten ein und aus gehen, soll ihr den nötigen Schub verleihen. Manny Torres (Diego Calva), der selbst von einer Karriere hinter den Kulissen träumt und mit der Organisation der Party beschäftigt ist, wird dabei schnell zu ihrem ersten Fan. Er ist es auch, der sie hineinlotst, an dem Sicherheitspersonal vorbei. Ihrem Traum kommt sie damit einen richtigen Schritt näher, tummeln sich dort doch Leute wie der Schauspieler Jack Conrad (Brad Pitt), Kabarett-Sängerin Fay Zhu (Li Jun Li) und Jazz-Musiker Sidney Palmer (Jovan Adepo), die in den turbulenten Folgejahren die Höhen und Tiefen der Traumfabrik kennenlernen …

Zeitreise ins alte Hollywood

Auch wenn 2023 noch ganz frisch ist, eines ist jetzt schon klar: Babylon – Rausch der Ekstase wird als einer der großen Flops in Erinnerung bleiben. Dabei bringt der Film eigentlich alles mit, was für einen echten Knaller braucht. So meldet sich hiermit Regisseur und Drehbuchautor Damien Chazelle zurück, der zuvor mit Whiplash, La La Land und Aufbruch zum Mond drei exzellente Filme in Folge gedreht hat. Das weckt ebenso Erwartungen wie das hochkarätige Ensemble, das er um sich scharen konnte. Hinzu kommt, dass sich Chazelle wieder eines seiner Lieblingsthemen zuwendet. Wie schon in den beiden erstgenannten Filmen und auch der Serie The Eddy bewegt er sich in der Welt der Künste, die ihm so vertraut ist und die er auf vielfältige Weise porträtierte. Wenn es jemanden gibt, der weiß, wie man solche Geschichten erzählen kann, dann der US-amerikanische-französische Filmemacher.

Dieses Mal reist er weit in die Vergangenheit und zeigt ein Hollywood an der Schwelle vom Stumm- zum Tonfilm. Mit einem betulich-nostalgischen The Artist hat diese Zeitreise jedoch nur wenig gemeinsam. Tatsächlich ist der Film ganz anders, als man es im Vorfeld von dem Prestigeprojekt erwarten durfte. So beginnt Babylon – Rausch der Ekstase mit einer Szene, die eher an neuzeitliche derbe Komödien erinnert. Anschließend kommt der erste Höhepunkt, wenn wir gemeinsam mit Nellie auf die Party dürfen. Hier zeigt sich Chazelle wieder als inszenatorischer Meister. Das Farbspektakel, zusammen mit der von Justin Hurwitz komponierten Musik, macht diesen über viele Minuten gehenden Abschnitt zu einem audiovisuellen Hochgenuss, wie man ihn sonst wohl nur von Baz Luhrmann erwarten könnte. Nur dass bei Chazelles verspieltem Rausch auch immer der Abgrund sichtbar wird, über den alle selbstvergessen hinwegtanzen.

Spielfreudig und grausam

Aber es ist nicht nur der Mut zum Abgründigen, der überrascht und weit von den üblichen Hollywood-Reminiszenzen entfernt ist. Auch der prominent eingebaute Humor kommt unerwartet. Beides behält Chazelle erstaunlich lang aufrecht, wenn es im Anschluss um einen Filmdreh geht. Genauer sind es mehrere Filmdrehs, die gleichzeitig auf demselben Gelände geschehen und zwischen denen Babylon – Rausch der Ekstase munter hin und her springt. Der Unterhaltungsfaktor ist an den Stellen oft groß, auch weil das Ensemble wie entfesselt auftritt. Ob nun Brad Pitt als betrunkener Veteran, die wie ein Wirbelwind umherbrausende Margot Robbie oder auch Jean Smart, die eine zynische Filmjournalistin spielt: Sie alles sind mit viel Spielfreude dabei und mit einer Lust am Übertriebenen, welche den Film lange zu einer Farce machen.

Doch mit der Zeit geht das Verspielt-Humorvolle zunehmend verloren, wenn es auf einmal ernst werden soll. Der Wandel in Hollywood vom Stummfilm zum Tonfilm geschieht hier parallel zu den Entwicklungen im Leben der diversen Figuren. Nicht alle davon sind positiver Natur. Wobei Chazelle an der Stelle wie auch schon in La La Land viel Ambivalenz zeigt. Die Frage, welche Veränderung positiv und welche negativ ist, ist nicht immer leicht zu beantworten. Das zeigt sich gerade auch an Sidney Palmer, der durch den Tonfilm zum Star wird, sich dabei aber selbst immer weiter verliert. Er muss – so wie fast alle prominenteren Figuren in Babylon – Rausch der Ekstase – eine Reihe von Demütigungen ertragen. Hollywood wird bei Chazelle zu einem Ort, an dem Träume wahr werden können. Aber auch einer, der unbarmherzig und grausam ist, Menschen ohne jegliches Mitgefühl verbraucht und wegwirft.

Eine Eskalation, die verwundert zurücklässt

Beide Seiten des Films haben ihre starken Momente, sind mitreißend, berauschend oder auch manchmal nur unterhaltsam. Da sieht man dann auch darüber hinweg, dass die Geschichte irgendwie keine ist, sondern der Film mehr einem Mosaik der Momentaufnahmen entspricht. Problematisch ist jedoch vor allem das letzte Drittel, wenn Chazelle die Ereignisse auf nicht nachvollziehbare Weise eskalieren lässt. Er bewegt sich auch weg von dem Thema Hollywood, wenn es auf einmal um ganz andere Figuren und andere Formen der Unterhaltung geht. Ebenso unverständlich ist der harte Schlenker zum Schluss, der in einer Sequenz endet, die nicht auf dem zuvor Gezeigten aufbaut. Auch wenn die darin enthaltene Montage auf ihre Weise sehenswert ist, wirkt sie doch wie aus einem anderen Film – wörtlich und im übertragenen Sinn. Aber auch wenn Babylon – Rausch der Ekstase ein seltsamer Mix ist, den man an vielen Stellen kritisieren kann: Es ist ein faszinierender Mix. Während viele vermeintliche Oscar-Bait-Filme letztendlich ziemlich langweilig und sicher sind, zelebriert dieser Hollywood-Rückblick das Chaos, gibt sich Exzessen hin und findet Trost darin, dass nichts von Dauer ist und vieles zugleich zeitlos.

Credits

OT: „Babylon“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Damien Chazelle
Drehbuch: Damien Chazelle
Musik: Justin Hurwitz
Kamera: Linus Sandgren
Besetzung: Brad Pitt, Margot Robbie, Diego Calva, Jean Smart, Jovan Adepo, Li Jun Li

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Golden Globes 2023 Bester Film (Komödie oder Musical) Nominiert
Bester Hauptdarsteller Diego Calva Nominiert
Beste Hauptdarstellerin Margot Robbie Nominiert
Bester Nebendarsteller Brad Pitt Nominiert
Beste Musik Justin Hurwitz Sieg

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Babylon – Rausch der Ekstase
fazit
„Babylon – Rausch der Ekstase“ mag wie eine typische Hollywood-Hommage klingen. Stattdessen handelt es sich bei dieser Zeitreise um einen sonderbaren Mix, der an vielen Stellen exzessiv ist und lustvoll-verspielt Höhenflüge und Abgründe nebeneinanderstellt. Das ist gerade in den ersten zwei Dritteln sehenswert, bevor die Geschichte auf nicht nachvollziehbare Weise eskaliert.
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