Barquero
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Barquero

Barquero
„Barquero“ // Deutschland-Start: 21. August 1970 (Kino) // 31, März 2017 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Ein Fluss ist alles, was eine kleine, aufstrebende Gemeinde im Süden der USA vom Nachbarland Mexiko trennt. Während die Bürger dabei sind, eine Kirche zu bauen und immer mehr Händler den kleinen Ort aufsuchen, verdient sich Travis (Lee Van Cleef) seinen Lebensunterhalt mit einer Fähre, welche die Leute über den Fluss bringt. Der wortkarge Außenseiter, über den wenig bekannt ist, hält sich fern von den Bürgern und hat nur gelegentlich Kontakt mit dem Trapper Mountain Phil (Forrest Tucker). Eines Tages jedoch bekommt seine Tätigkeit eine hohe Bedeutung, denn als er von einem blutigen Massaker in einer Nachbarstadt hört, ahnt Travis, dass sich die Banditen schon bald auf den Weg Richtung Mexiko machen werden. Derweil freut sich der Anführer der Banditen, Jacob Remy (Warren Oates), über die reiche Beute aus Silber und Gewehren, mit deren Hilfe er sich jenseits der Grenze ein neues Leben als reicher Landbesitzer aufbauen will. Als er und seine Männer am Grenzort ankommen, können sie jedoch nicht verhindern, dass Travis und Phil sich mit den Bürgern des Ortes über den Fluss aufmachen und damit ihnen der Weg Richtung Mexiko versperrt ist. Jegliche Versuche, Travis zu erpressen oder ihn mit etwas Silber zur Rückkehr zu bewegen, scheitern.

Natürliche Grenzen

In Hollywood war Regisseur Gordon Douglas (Der Schnüffler) ein Auftragsarbeiter, wie er selbst in Interviews zugibt, denn für ihn stand in erster Linie die Versorgung seiner Familie im Vordergrund. Nur selten ergab es sich, dass er ein Projekt fand, welches zugleich einen künstlerischen Anspruch hatte oder eine Herausforderung darstellte, was vielleicht auf erklärt, warum Douglas in so vielen Genres tätig war. Ob der 1970 entstandene Western Barquero eine solche Auftragsarbeit des Regisseurs ist, darf jedoch bezweifelt werden, denn aus der recht simplen Geschichte inszeniert Douglas eine Parabel auf Heldenbilder sowie auf Gier und Ambition. Zudem stehen mit Warren Oates und  Lee Van Cleef zwei Schauspieler zum ersten und einzigen Mal ihrer Karriere gemeinsam vor der Kamera, was alleine für Liebhaber des Westerngenres ein Grund für eine Sichtung sein dürfte.

Alleine an der Doppeldeutigkeit der Rolle der Fähre und des Fährmanns wird deutlich, was sich erzählerisch hinter Barquero eigentlich verbirgt und welche Bedeutungsebenen Douglas’ Film anspielt. Travis ist dabei einer, der zwischen den Welten steht, ein Außenseiter wie er im Buche steht und zugleich eine Rolle, in der er sich wohlfühlt, was man sogleich in seiner ersten Interaktion mit einem kleinen Jungen, dessen Eltern nach Mexiko übersetzen, bemerkt. Diese Figur steht zwischen den Möglichkeiten, dem Neuanfang in Form von Zivilisation auf der einen Seite und dem Versprechen auf eine neue Identität andererseits. Indem das Drehbuch William Marks’ und George Schencks ihn mitsamt der Bürger der Gemeinde übersetzen lässt und damit die Banditen auf der anderen, der amerikanischen Seite lässt, kommt es gewissermaßen zu einem Konflikt zweier Ideen eines Lebens, separiert durch eine natürliche Grenze, die unüberbrückbar für beide Seiten scheint und die den Außenseiter Travis zu einer Figur macht, der immer mehr Bedeutung zukommt, was dieser sichtlich genießt.

Vorbilder und schiefe Kronen

Dass Barquero sich über die Konventionen des Genres erhebt, merkt man nicht nur an der Geschichte und deren Inszenierung, sondern auch an der Definition der beiden Protagonisten sowie deren Darsteller. Lee Van Cleef betont durch seine minimalistische Mimik und seinen Gestus die Ambivalenz dieses Menschen, der nur scheinbar einem moralischen Kompass folgend handelt, und den eigentlich nicht sehr viel von den Banditen am anderen Ufer unterscheidet, wie man ihm an einer Stelle vorwirft. Der für seine dramatischen Darstellungen bekannte Oates hat jedoch die Szenen, welche dem Zuschauer nachhaltig im Gedächtnis bleiben, wird für Remy die Vorstellung des Reichtums und von Mexiko zu einem Fiebertraum, dem er sich in einer geradezu psychedelischen Sequenz hingibt und die für ihn zu einem Wahn wird. Die Krone dieses Anführers ist schief, wie an einer Stelle gesagt wird und man bemerkt, wie die Idee, sich von seiner Position des Banditen zu einer fast schon gottgleichen Kreatur zu erheben, die Macht über Leben und Tod hat, zu einer Psychose wird, die für viele zum Verderben werden kann.

Wie mit solchen Heldenbildern aufgeräumt wird und was von der angeblichen Zivilisation auf der einen Seite des Flusses zu halten ist, sieht man schon nach wenigen Minuten, wenn Remys Bande mordend und vergewaltigend durch die Straßen einer anderen Gemeinde zieht. Oft verweilt die Kamera bei dem barbarischen Treiben der Männer, die keinen Hehl daraus machen, dass es ihnen weniger um die eigentliche Beute geht, sondern sie ehrlichen Spaß an dem Massaker haben. Abseits von beispielsweise Sergio Corbuccis Django oder den Western eines Sam Peckinpah hat man selten eine derart zynische Sichtweise auf den Wilden Westen gesehen, was sich später bei der Konfrontation der beiden Hauptfiguren noch konkretisieren wird.

Credits

OT: „Barquero“
Land: USA
Jahr: 1970
Regie: Gordon Douglas
Drehbuch: William Marks, George Schenck
Musik: Dominic Frontiere
Kamera: Gerald Perry Finnerman
Besetzung: Lee Van Cleef, Warren Oates, Forrest Tucker, Kerwin Mathews, Mariette Hartley, Marie Gomez

Bilder

Trailer

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Barquero
fazit
„Barquero“ ist ein brillant inszenierter und erzählter Western. Gordon Douglas liefert keinesfalls eine Auftragsarbeit ab, sondern vielmehr eine vielschichtige Geschichte über Wahnsinn und Heldenbilder, die auch durch ihre beiden Hauptdarsteller überzeugt.
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