16 Jahre ist es her, dass in der kleinen französischen Gemeinde Biarritz ein Serienmörder sein Unwesen trieb. Eine Reihe von Frauen wurde damals brutal vergewaltigt und getötet. Lediglich Audrey Vigne (Camille Lou), die inzwischen als Anwältin arbeitet, gelang es seinerzeit, vor dem Triebtäter zu flüchten. Seither war Ruhe eingekehrt, niemand wollte mehr über den Vorfall damals nachdenken. Als jedoch die Leiche einer Jugendlichen gefunden wird, ist sich Audrey sicher, dass es sich um denselben Mann wie damals handelt. Ebenso klar ist für sie, dass sie das Monster dieses Mal aufhalten muss, mit Hilfe des damaligen Kommissars Joseph Layrac (Thierry Neuvic). Nicht nur dass sie die Anwältin der Familie ist, die dieses erneute Opfer zu beklagen hat. Sie hat noch einen weiteren Grund, warum sie sich für den Mord verantwortlich fühlt …
Kriminachschub aus Frankreich
Auch wenn Frankreich bei vielen sicherlich nicht für gehobene Krimikost steht und keinen vergleichbaren Ruf wie etwa Großbritannien oder Skandinavien genießt, so schaffen es doch immer mal wieder sehenswerte Serien aus der Grande Nation zu uns. Die schwarzen Schmetterlinge gefiel als wendungsreicher Rückblick auf ein mörderisches Leben. Auch Die Bestie von Bayonne hatte einiges zu bieten, wenn Vater und Tochter sich auf die Jagd nach einem Mädchenmörder machen – auf zwei verschiedenen Zeitebenen. Wer ein weiteres Beispiel braucht, für den gibt es jetzt Biarritz – Mord am Meer. Die Geschichte um eine Anwältin, die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird, markiert den Auftakt einer neuen Krimi-Initiative auf Sat.1, wenn dort jeden Donnerstag Verbrechen gelöst werden müssen.
Die französische Serie macht dabei auf jeden Fall Lust auf mehr. Das Szenario erinnert grob an den besagten Kollegen in Die Bestie von Bayonne. Auch hier geht es um einen alten Fall, der wiederausgegraben wird, als es zu einem neuen Vorfall kommt. Auch hier steht eine Frau im Mittelpunkt, die im direkten Zusammenhang mit den Fällen von früher steht. Doch während beim obigen Titel die Polizistin das Lebenswerk ihres Vaters vollenden möchte, indem sie den nie aufgeklärten Fall zu einem Abschluss bringt, ist Audrey von ihrer eigenen Schuld definiert. Der französische Originaltitel J’ai menti – auf Deutsch „Ich habe gelogen“ – kündigt es bereits an: Die Protagonistin sagte damals nicht die Wahrheit, um ihren eigenen Partner zu schützen. Auch 16 Jahre später wird sie von ihren Schuldgefühlen geplagt. Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn sie damals der Polizei alles gesagt hätte?
Atmosphärisch und spannend
Wobei man nicht zu große Erwartungen bei dem Aspekt haben sollte. Zwar wird die Schuldfrage zu einer Antriebfeder der Protagonistin. Das Thema Lügen wird auch anderweitig eine Rolle spielen. Im Grunde ist Biarritz – Mord am Meer dann aber doch in erster Linie ein klassischer Whodunnit. Sechs Folgen lang begeben sich die verschiedenen Figuren auf Spurensuche, in der Hoffnung herauszubekommen, wer hinter allem steckt. Anfangs ist dabei nicht einmal klar, ob es sich wirklich um denselben Täter handelt. Falls ja, was hat ihn 16 Jahre später dazu veranlasst, seinen Trieben wieder nachzugehen? Und was hat er in der Zwischenzeit getan? Auch diese Fragen werden beantwortet. Im Gegensatz zu so mancher Krimiserie der letzten Zeit gibt es hier einen tatsächlichen Abschluss, der keine weitere Staffel benötigt.
Das ist ganz atmosphärisch. Auch wenn der Actionanteil eher gering ist, nur am Anfang und zum Ende hin wirklich brenzlige Situationen entstehen, ist das spannend genug, um hier bis zum Schluss dranbleiben zu wollen. Weitere Pluspunkte sind das stimmungsvolle Küstensetting sowie die schauspielerische Leistung. Vor allem Hauptdarstellerin Camille Lou (Der Basar des Schicksals) gefällt als eine Protagonistin, die gleichermaßen antreibende Kraft wie selbst getrieben ist. Größere erzählerische Ambitionen hat Biarritz – Mord am Meer zwar nicht. Da geschieht nichts, was man nicht aus dem Genre schon kennt oder was dieses vorantreiben könnte. Wer diesen Anspruch aber gar nicht hat, sondern „nur“ einen guten Krimi sehen möchte, wird hierbei fündig.
OT: „J’ai menti“
Land: Frankreich, Belgien
Jahr: 2021
Regie: Frédéric Berthe
Drehbuch: Bénédicte Charles, Olivier Pouponneau
Musik: Maxime Ledibois
Kamera: Christophe Legal
Besetzung: Camille Lou, Thierry Neuvic, Marilyn Lima, Nicolas Abraham, Roxane Bret
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