Als Simon Kessler (Heino Ferch) auf seinem Handy eine beunruhigende Nachricht von seiner ehemaligen Kollegin Hella Christensen (Barbara Auer) findet, zögert er nicht lange und macht sich auf den Weg nach Nordholm. Tatsächlich wird kurze Zeit später ihr Segelboot gefunden, auf dem sich auch das Handy befindet. Von Christensen selbst fehlt jedoch jede Spur. Während die neue Kommissarin Lena Jansen (Isabell Polak) die Ermittlungen übernimmt, erschüttert der Tod einer Jugendlichen den Ort. Ausgerechnet Charlotte Broder (Lilly Barshy), die Tochter von Kesslers Partnerin Silke Broder (Anja Kling), hat die Leiche entdeckt. Offensichtlich ist sie in Folge einer Überdosis Medikamente gestorben. Aber was könnte sie dazu veranlasst haben?
(K)ein Krimi unter vielen
Ganz einfach ist es nicht, bei den vielen Krimis, die Heino Ferch dreht, die einzelnen Reihen noch auseinanderzuhalten. So spielt er in drei parallel gedrehten Reihen den Kriminalpsychologen Richard Brock (Spuren des Bösen: Schuld), den Privatier Johann Friedrich von Allmen (Allmen und das Geheimnis der Erotik) und den Hauptkommissar Ingo Thiel (Wo ist meine Schwester?). Da vergisst man doch glatt, dass es noch eine vierte Krimireihe gibt, in denen er Simon Kessler verkörpert, einen weiteren Hauptkommissar. Dass einem diese zuweilen entfällt, liegt aber auch an der sporadischen Erscheinungsweise. Die Frau im Meer ist gerade einmal der vierte Teil der bereits 2015 gestarteten Reihe. Seit dem direkten Vorgänger Das Mädchen am Strand sind inzwischen drei Jahre vergangen.
Grundsätzlich ist bei Krimis ein größerer Abstand zwischen einzelnen Teilen kein wirkliches Problem. Zwar ist die Publikumsbindung dadurch erschwert. Die Filme selbst sind aber üblicherweise voneinander unabhängig und stehen für sich. Dadurch ist es nicht schwierig, mittendrin einzusteigen, so als ob es die Vorgänger nie gegeben hätte. Bei Die Frau im Meer ist das ein wenig anders. Der Kriminalfall an sich ist zwar erneut eine in sich geschlossene Geschichte. Besonders ist aber, dass es sich bei der Figur der Hella Christensen um eine handelt, die von Anfang an mit dabei war. Die emotionale Wucht, wenn einer solchen Figur nach vielen Jahren etwas geschieht, ist damit ungleich höher, wenn man selbst dabei gewesen ist. Ohne diese Vorkenntnisse wird aus der Vermissten nur ein weiteres Opfer, wie man es jede Woche in den zahlreichen anderen TV-Krimis findet. In der Hinsicht hätte daher durchaus noch mehr getan werden dürfen.
Viel Zeit für wenig Spannung
Das eigentliche Manko ist aber, dass Die Frau im Meer kein übermäßig interessanter Film ist. Formal erfüllt er die Anforderungen, die man an einen solchen Krimi haben darf. So dürfen Kessler und Jansen auf der Suche nach Antworten die verschiedensten Figuren und Motive abklappern. Mal geht es um die Familie von Christensen. Dann wiederum wird bekannt, dass sie eine Affäre hatte, was immer Ärger bedeutet. Vielleicht hat sie auch etwas erfahren, von dem andere nichts wissen durften. Stoff zum Rätseln ist also vorhanden, die Zuschauer und Zuschauerinnen dürfen eine Reihe von Hypothesen aufstellen, wer hinter dem Verschwinden steckt – und aus welchem Grund. Allerdings ist das Ganze als Zweiteiler wieder einmal völlig überdimensioniert. So viel Inhalt gibt es dann doch nicht, um damit drei Stunden zu füllen.
Zum Teil versucht Regisseur und Drehbuchautor Thomas Berger, dies anderweitig zu kompensieren. Da gibt es mal wieder viel Drama zwischen den Figuren, darunter das übliche Kompetenzgerangel, wenn die lokale Polizei sich mit einem Kollegen herumplagen muss, der grundsätzlich alles besser weiß und nicht viel von Teamgeist hält. Das erlaubt zwar Spannungen, ist aber inzwischen derart abgenutzt, dass es selbst nicht mehr spannend ist. Überhaupt ist Die Frau im Meer eine ziemlich zähe Angelegenheit, bei der es oft nicht wirklich vorangeht. Es ist nicht einmal so, dass sich die lange Wartezeit lohnen würde. Dass der zweite Fall um die tote Jugendliche irgendwie mit dem ersten zusammenhängen muss, ist klar, womit sich dann auch eine Reihe von Überlegungen unterwegs erledigt haben. Die Auflösung führt das erwartungsgemäß zusammen, überzeugt dabei aber nicht so wirklich, ist zwar an und für sich sehr tragisch, aber nicht glaubwürdig genug, um wirklich Eindruck zu hinterlassen.
OT: „Die Frau im Meer“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Thomas Berger
Drehbuch: Thomas Berger
Musik: Florian Tessloff, Raffael Seyfried, Gregor Keienburg
Kamera: Gunnar Fuß
Besetzung: Heino Ferch, Anja Kling, Isabell Polak, Tom Radisch, Leslie Malton, Stefan Kurt, Ann-Kathrin Kramer, Max von Pufendorf, Ulrike C. Tscharre, Hary Prinz, Lilly Barshy, Nick Julius Schuck, Patrick von Blume
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