Hit Big

Als einstige finnische Beauty Queen kennt Marjaleena (Outi Mäenpää) die schönen Seiten des Lebens. Davon ist ihr inzwischen aber kaum mehr etwas geblieben. Während ihr Mann Worm (Jukka-Pekka Palo) im Gefängnis sitzt, säuft sie sich in dessen Bar in Spanien Tag für Tag die Rübe weg. Als Worm jedoch entlassen werden soll, heißt es handeln. Es bleiben ihr, Sohn Vili (Johannes Holopainen) und Kumpel Mikko (Ilkka Heiskanen) nur wenig Zeit, das Geld beiseitezuschaffen, das ihr Mann dort versteckt hat. Doch dabei kreuzen sich die Wege mit dem Transsexuellen Ninja (Pääru Oja), den Worm im Knast kennengelernt hat und die neue Liebe an seiner Seite ist …

Der Coup der Außenseiter

Richtig viele Filme dreht der finnische Regisseur und Autor Jukka-Pekka Valkeapää ja nicht. Doch jedes Mal, wenn er sich zurückmeldet, weiß das Publikum schon: Jetzt wird es sehr eigen. Zuletzt sorgte er mit seinem auf zahlreichen Festivals gezeigten Sado-Maso-Drama Dogs Don’t Wear Pants für Aufruhr, sicherlich einer der ungewöhnlichsten Liebesfilme der vergangenen Jahre. Nun gibt es mit Hit Big Nachschub von dem Filmemacher. Wer jedoch denkt, er würde hier etwas vorfinden, das mit seinem vorangegangenen Werk vergleichbar wäre, der sieht sich getäuscht. Vielleicht auch enttäuscht. Tatsächlich sind die Filme so unterschiedlich, dass man ohne den Blick auf die Credits kaum ahnen würde, dass hinter beidem derselbe Künstler steckt.

So ist die Ausrichtung deutlich humoristischer geworden. Zwar gab es auch letztes Mal den einen oder anderen witzigen Moment. Bei Hit Big steht die Komik aber doch deutlich mehr im Vordergrund. Valkeapää setzt dabei zum einen massiv auf die Figuren. Die sind alle überzogen und schräg angelegt. Man wird in dem Film kaum jemanden finden, den man als „normal“ bezeichnen wollte. Am ehesten würde man das noch zu den Verbrechern sagen, die zumindest dem Stereotyp eines solchen entsprechen. Bei der Familie und dem Umfeld, zu dem dann irgendwann auch Ninja gehört, wurde aber schon großen Wert darauf gelegt, dass die alle einen an der Klatsche haben. Zugleich sind sie Außenseiter, die nirgendwo hin passen – und das nicht nur, weil sich die finnische Truppe in Spanien eingenistet hat.

Zwischen skurril-spannend und grob-zäh

Dieser Hang zum Skurril-Schrillen wird mit einer Vorliebe für recht groben Humor verbunden. Da wird dann schon mal Minuten gesoffen und gekotzt, Valkeapää ist sich da für nichts zu schade. Später wiederum wird der Humor deutlich schwärzer. Die Albernheiten nehmen ab, dafür geht es dann richtig zur Sache. So ganz schlau wird man deshalb nicht daraus, was genau das hier eigentlich sein sollte. Wie schon bei Dogs Don’t Wear Pants kümmert sich der Finne nicht wirklich um Grenzen, sei es auf den Inhalt, die Tonalität oder den guten Geschmack bezogen. Hit Big probiert irgendwie alles mal aus, ohne sich auf etwas festlegen zu wollen. Da wird viel gemacht und getan, es führt aber irgendwie zu nichts. So ziellos wie das besoffene Trio durch die Gegend torkelt, ist auch der Film sehr mit sich selbst beschäftigt, anstatt die Geschichte vorantreiben zu wollen.

Zwischendurch sind da immer wieder sehenswerte Momente dabei, wenn sich eine Trash-Familie im Stil der Flodders an einem Verbrechen versucht, das viel zu groß für sie ist. Im weiteren Verlauf macht der krakeelende Gossenhumor einer tatsächlichen Genreausrichtung Platz und wird dabei erstaunlich spannend. Da wird dann auch klar, warum der Film bei den Fantasy Filmfest White Nights 2023 gezeigt wird. Doch es gibt eben auch längere Passagen, in denen gerade die Spannungskurve enttäuschend niedrig ist. Das liegt auch an der exzessiven Laufzeit. Mehr als zwei Stunden hätte Hit Big auf keinen Fall gebraucht, das wird schon recht zäh zuweilen. Dennoch, die Krimikomödie macht erneut neugierig darauf, welche Wege Valkeapää wohl beim nächsten Mal einschlagen wird.