Eigentlich waren sie auf dem Weg ins Gefängnis, als sich Victor Gericke (Roman Knizka), Michael Dudek (Tino Führer), Erik Meyer (Konstantin Lindhorst) und Herbert Kaminski (Vincent Leittersdorf) die Chance auf Flucht bietet. Diese wollen sie natürlich nicht ungenutzt lassen. Zunächst sieht es auch danach aus, als würde dabei auch alles glatt gehen. Nach einem unglücklichen Zwischenfall landen die vier verurteilten Verbrecher jedoch in der Tierarzt-Praxis von Jule Christiansen (Marleen Lohse), wo sie diese sowie Praktikantin Lea (Carolin Garnier) als Geisel nehmen. Nun liegt es an deren Tante, Kommissarin Hannah Wagner (Jana Klinge), sowie Christiansens Tierarzt-Polizei-Partner Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann), die Situation zu entschärfen …
Solides Regiedebüt des Krimi-Lieblings
Beschäftigt ist Hinnerk Schönemann sicher. So dreht er nach wie vor jedes Jahr mehrere Teile für gleich zwei konkurrierende TV-Krimireihen. Ans Aufhören denkt dabei niemand, ermuntert von den nach wie vor guten Einschaltquoten. Nachdem der Schauspieler zuerst in Marie Brand und die Ehrenfrauen zu sehen war, folgen nun im wöchentlichen Abstand gleich drei neue Filme der ARD-Reihe Nord bei Nordwest. Und doch ist das nur zum Teil business as usual. So übernahm der Deutsche bei Auf der Flucht, dem Auftakt des neuerlichen Trios, nicht nur seine gewohnte Hauptrolle als Hauke Jacobs, der abwechselnd Tiere pflegt und Verbrecher jagt. Er gab zudem mit dem Film sein Debüt als Regisseur, ein lang gehegter Traum des Darstellers.
Allzu große Ambitionen verfolgte er dabei nicht, inszenatorisch ist der Film recht unauffällig. Aber das muss ja nicht verkehrt sein. Nord bei Nordwest: Auf der Flucht ist ein solider Einstieg in eine mögliche Zweitkarriere, bei der es zu keinen nennenswerten Fehlern kommt. Das liegt aber auch daran, dass die Reihe wie viele andere auch ein doch recht starres Konzept hat, an dem gar nicht viel gerüttelt werden soll. Nach inzwischen 18 Filmen, das Weihnachtsspecial Ho Ho Ho! mitgezählt, wissen die Verantwortlichen, was funktioniert und was nicht. Experimente sollen ruhig andere machen. Schönemann suchte sich für sein Debüt einen möglichst sicheren Film aus, bei dem er gar nicht viel falsch machen kann.
Spannend mit Einschränkungen
Der größte Unterschied zu den meisten Teilen der Reihe ist, dass hier nicht erst ein Verbrecher ermittelt werden muss. Das Publikum weiß von vornherein, was gespielt wird und um wen es geht. Bei den anderen dauert es zwar etwas länger, bis sie die Informationen erhalten, welche den Zuschauer und Zuschauerinnen von Anfang zur Verfügung stehen. Aber auch bei ihnen muss nicht viel gerätselt werden. Spätestens wenn Nord bei Nordwest: Auf der Flucht zur Geiselnahme übergeht, sind die Fronten mehr oder weniger klar. Es handelt sich hierbei mehr um einen Thriller, bei dem mitgefiebert wird, ob alle heil aus der Sache rauskommen, weniger um einen Krimi, dessen Fall gelöst werden muss. Wer also hofft, ein bisschen selbst spekulieren zu dürfen, der ist an der falschen Adresse.
Spannend ist der Film dafür schon, zumindest innerhalb des festgesetzten Rahmens. Natürlich schweben die Hauptfiguren in keiner wirklichen Gefahr, sonst könnte es ja keine Fortsetzungen geben. Auch wenn diese Geschichten implizieren, dass alles Mögliche geschehen kann, de facto ist das Ergebnis bereits vorweggenommen. Nord bei Nordwest: Auf der Flucht schafft es aber doch ganz gut, die Illusion einer solchen Gefahr zu erzeugen. Schade ist hingegen, dass bei den vier Verbrechern nur sehr grobe Figurenzeichnungen ihre Anwendung finden. Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt (Ramstein – Das durchstoßene Herz) begnügt sich mit Stereotypen. Wem das reicht, der kann sich hiermit einen Abend vor dem Fernseher vertreiben. Innerhalb der unzähligen TV-Krimis ist das hier eines der besseren Beispiele.
OT: „Nord bei Nordwest: Auf der Flucht“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Hinnerk Schönemann
Drehbuch: Holger Karsten Schmidt
Musik: Stefan Hansen
Kamera: Uwe Neumeister
Besetzung: Hinnerk Schönemann, Jana Klinge, Marleen Lohse, Cem Ali Gültekin, Stephan A. Tölle, Regine Hentschel, Joshy Peters, Rainer Furch, Roman Knižka, Tino Führer, Konstantin Lindhorst, Vincent Leittersdorf, Carolin Garnier
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