Soft and Quiet
© Blue Finch Film Releasing

Soft & Quiet

Soft and Quiet
„Soft & Quiet“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Nach außen hin ist Emily (Stefanie Estes) die perfekte Ehefrau und Mutter. Doch mit ihrem Plan zum Kinderkriegen hat es auch nach wiederholten Anläufen nicht funktioniert, was die Grundschullehrerin sehr frustriert. Da kommt ihr das wöchentliche Treffen mit einer Gruppe Frauen gerade recht, denn dort kann sie über ihre Probleme reden und trifft auf aufmerksame Zuhörerinnen. Neben den bekannten Gesichtern erwartet sie Leslie (Olivia Luccardi), ein neues Mitglied in ihren Reihen, die von der ersten Minute an betont, dass sie dankbar ist, bei ihnen sein zu dürfen. Die Probleme, die den anderen Teilnehmerinnen auf den Herzen liegen, sind derweil vielfältig. Eine von ihnen, eine Mitarbeiterin in einem Café, beschwert sich über die Bevorzugung lateinamerikanischer Kollegen, während die Besitzerin eines Supermarktes über das respektlose Benehmen der meist afroamerikanischen Kundschaft lästert. Große Pläne werden unter den Frauen bei Kaffee und Kuchen geschmiedet, doch Emily und vor allem Leslie giert es nach einer konkreten Aktion, die ihren Überzeugungen wie auch ihrer allgemeinen Wut Ausdruck verleiht.

Als sich das eigentliche Treffen schon fast aufgelöst hat, erhalten die Frauen die Möglichkeit zu einer solchen Aktion. In einer jungen Frau erkennt Emily eine Bekannte aus ihrer Vergangenheit, gegen die sie schon lange einen Groll hegt, und die durch ihre Hautfarbe ohnehin die Ressentiments ihrer Begleiterinnen auf sich zieht. An einem solchen Tag ist es jedoch nicht getan mit einer Beleidigung und einer Demütigung, denn als Leslie vorschlägt, Emilys Bekannte bis zu ihrem Haus zu verfolgen, setzt dies eine zunehmend brutale Dynamik in Gang, die am Ende niemand mehr kontrollieren kann.

Weiblicher Hass

In den Köpfen vieler Menschen hält sich beharrlich die Vorstellung, dass Rassismus und Xenophobie in erster Linie von Männern ausgeht, doch ein Vorfall im Mai 2020 korrigierte dieses Bild und war die Inspiration für Soft & Quiet, den ersten Spielfilm von Regisseurin Beth de Araújo. Im New Yorker Central Park kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem afroamerikanischen Mann und einer Frau, die in ihrem Gegenüber eine Bedrohung sah und sich in der Folge zu einer ganzen Reihe von rassistischen Beleidigungen und Vorhaltungen hinreißen ließ. Der Hass, der in dem Video deutlich wird, erschreckt den Zuschauer, und betont, dass Rassismus sich keinesfalls auf ein Geschlecht oder eine soziale Schicht beschränkt. In ihrem Film, der im Rahmen der Fantasy Filmfest White Nights 2023 zu sehen sein wird, erzählt De Araújo doch nicht nur von diesen Gefühlen, sondern zugleich von der fatalen Dynamik, die entspringt, wenn sich diese Emotionen einen Weg an die Oberfläche bahnen.

Dass ein Film wie Soft & Quiet in einer Zeit, in der in den sozialen Medien Hass, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus leider zum Alltag gehören, sehr aktuell ist, will wahrscheinlich niemand bestreiten. In der Geschichte sind die Ressentiments ebenfalls hinter einer Fassade der Normalität versteckt, die bereits nach kurzer Zeit von der Protagonistin abfällt, welche einen ihrer Schüler dazu anhält, sich bei einer der lateinamerikanischen Putzkräfte zu beschweren wegen einer Lappalie. Sobald jedoch dieser Schritt erreicht ist, dreht sich Beth de Araújos Film lange Im Kreis, bis es dann zu einer tatsächlichen Aktion kommt, die aber letztlich auch nur das bestätigt, was man über die Figuren bereits geahnt hat. Wenn Soft & Quiet – wahrscheinlich wegen des mittlerweile bekannten Blumhouse-Logos zu Beginn – den Genres Thriller und Horror zugeordnet wird, könnte mancher Zuschauer im Nachhinein dies als einen Beweis dafür sehen, dass der Film lange einfach nicht weiß, in welche Richtung er eigentlich gehen will. Während die satirischen Spitzen in der ersten Hälfte noch einen gewissen Reiz haben, werden diese spätestens nach 45 Minuten aufgelöst, als die Frauen gegen jemanden zu Felde ziehen, wobei konsequent ihre Perspektive beibehalten wird.

Eine fatale Dynamik

Wer als Zuschauer mit dem eingangs erwähnten Video vertraut ist, wird zudem einen weiteren Aspekt vermissen. Das Erschreckende ist neben den Hasstiraden der Frau, die immer abstruser und paranoider werden, zudem die Perspektive des Mannes, der sie filmt und an den die besagten Beleidigungen gerichtet sind. Die Idee, dass man eventuell wegen einer Äußerlichkeit wie der Hautfarbe oder der sozialen Herkunft jemanden ausgeliefert ist, selbst wenn dieser lügt, ist eine wahres Horrorszenario, welches beispielsweise schon Jordan Peele in Get Out aufgriff oder kürzlich Nabil Ben Yadir in Animals – Wie wilde Tiere. Dadurch dass Soft & Quiet diese Sichtweise außer acht lässt, bleibt der Film an vielen Stellen etwas flach, selbst wenn man bisweilen atemlos die schiere Grenzenlosigkeit des Hasses beobachtet, zu dem die Frauen fähig sind.

Ästhetisch bedienen sich Beth de Araújo und Kamerafrau Greta Zozula der ebenfalls bekannten One-Take-Technik, was der Geschichte speziell in der zweiten Hälfte eine fatale Dynamik gibt. Stefanie Esates und Olivia Luccardi muss man in diesen Zusammenhang besonders hervorheben, da ihre Konfrontationen sowie die Eskalation ihrer jeweiligen Figur zu den darstellerisch gelungensten Momenten in Soft & Quiet führen.

Credits

OT: „Soft & Quiet“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Beth de Araújo
Drehbuch: Beth de Araújo
Musik: Miles Ross
Kamera: Greta Zozula
Besetzung: Stefanie Estes, Olivia Luccardi, Dana Millican, Melissa Paulo, Eleanore Pienta, Cissy Ly, Jon Beavers

Trailer

Kaufen / Streamen

Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.



(Anzeige)

Soft & Quiet
fazit
„Soft & Quiet“ erzählt eine Geschichte über Hass, der sich hinter einer Fassade aus Normalität verschanzt hat und der sich schließlich ein einem Strudel aus Gewalt einen Weg nach außen bahnt. Beth de Araújo macht es sich leider erzählerisch etwas zu einfach bei der Behandlung ihrer Themen und Figuren, sodass der Film teils an der Oberfläche bleibt und an vielen Stellen nicht von der Stelle kommt.
Leserwertung1 Bewertung
10
6
von 10