Seit Jahrzehnten schon sind Die drei ??? aus deutschen Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken. Erst wurden sie in Buchform bekannt, mit den Hörspielen gewannen sie endgültig Nachschub. Wer die jungen Helden mal wieder auf der großen Leinwand sehen möchte, hat nun die Gelegenheit dazu. In Die drei ???: Erbe des Drachen machen sie sich auf zu einem Schloss in Rumänien, das der Mittelpunkt vieler Geschichten ist. Anlässlich des Kinostarts am 26. Januar 2023 haben wir und mit Regisseur und Drehbuchautor Tim Dünschede getroffen. Im Interview sprechen wir über Kindheitshelden, was die Jungs so besonders macht und wie es für ihn war, den Film zu drehen.
Nach deinem ersten Film Limbo gehst du mit Die drei ???: Erbe des Drachen einen unerwarteten Weg. Wie kommt man von einem One-Shot-Thriller zu einem Kinderfilm?
Durch einen glücklichen Zufall und gutes Timing! Mein Co-Autor Anil Kizilbuga und ich haben uns mit der Produzentin Justyna Müsch getroffen, um mit ihr über mögliche nächste Projekte zu sprechen. Justyna fragte uns irgendwann out of the blue, was wir in unserer Kindheit so gemacht haben. Anil meinte, dass er Fußball gespielt und Batman-Comics gelesen hat. Und ich sagte, dass ich Winnetou gespielt und Die drei ??? gehört habe. Witzigerweise wurden zu diesem Zeitpunkt gerade die Pläne für einen neuen Film bei Wiedeman & Berg besprochen. Wir haben daraufhin das Exposé bekommen, das von André Marx verfasst wurde. Im Anschluss durften wir unseren Ansatz pitchen, was wir gut finden und was wir anders machen würden. Justyna mochte unsere Ideen, weshalb wir ein paar Tage später unsere Vision bei Sony pitchen durften. Wir haben zunächst einen Drehbuchauftrag bekommen, mit einer Option auf Regie für mich. Nach circa der Hälfte des Drehbuchprozesses kam dann das Regieangebot, ein echtes Highlight.
Und wie war das für dich, diese Figuren aus deiner Kindheit verfilmen zu dürfen?
Das war natürlich superschön, etwas aufzuarbeiten, mit dem du als Kind sehr viel Zeit verbracht hast. Es war auch eine sehr spannende Arbeit, die ein, zwei Checkpunkte auf meiner Liste von Dingen getroffen hat, die ich filmisch interessant finde. Ich mag es, filmische Welten zu kreieren. Und das konnte ich hier, erst in dem fiktiven Rocky Beach, später in Rumänien. Für die Kids eine Tür zu einer anderen Welt öffnen zu können, das war schon cool.
Die drei ??? spielten nicht nur in deiner Kindheit eine große Rolle, sondern in ganz vielen. Und sie tun es noch immer, wie man an diesen Lesungen sieht. Was macht sie so besonders, dass sie Jahrzehnte später noch so viele Menschen ansprechen?
Ich fand die Geschichten immer sehr zeitlos, aber nie aus der Zeit gefallen. Im Vergleich zu anderen Büchern und Hörspielen für Kinder waren sie außerdem immer etwas düsterer und spannender. Die Figuren sind auch etwas älter, zumindest bei den späteren Geschichten. Deswegen kann man sie auch noch gut hören, wenn man selbst schon erwachsen ist. Die Fälle haben oftmals etwas Mystisches an sich und über die Jahre wurde hier eine ganz eigene, wunderbare Welt erschaffen, in die man einfach immer wieder gerne eintaucht. Dabei spielen für mich natürlich die Geräusche eine große Rolle: Du musst nur das ikonische Telefonklingeln hören oder das Hundegebell auf dem Schrottplatz und schon bist du wieder mittendrin.
Aber Die drei ??? sind jetzt nichts, was dich auch im Erwachsenenalter noch begleitet hat?
Doch, tatsächlich schon. Meine Schwester hat mir sogar 2019 Tickets für die Live-Show geschenkt. Dann konnten wir aber nicht hingehen, weil wir beide lustigerweise arbeitsbedingt in den USA waren, meine Schwester mit dem Projekt Queen of Drags für ProSieben und ich mit Limbo auf dem Austin Film Festival. Deswegen mussten wir die Karten verkaufen, was sehr schade war. Ich habe bis zum Schluss noch die Hörspiele gehört, zum Einschlafen oder auf langen Autofahrten. Erst als es zum Dreh hin ging, funktionierte das nicht mehr so gut mit dem Abschalten, da es zu sehr Teil meiner Arbeit geworden war. So langsam bin ich aber wieder so weit, dass ich die Hörspiele wieder hören kann.
Die drei Jungs waren dabei auch immer Identifikationsfiguren für das Publikum. Man stellte sich vor, mit ihnen unterwegs zu sein und deren Abenteuer zu erleben. Wenn du einen der drei aussuchen müsstest, der dir am nächsten ist, wen würdest du wählen?
Ich glaube, ich wäre Peter, weil ich der Schisser bin. (lacht) Aber ich mag sie alle drei gern. Jeder für sich hat etwas Sympathisches.
Im Laufe der Jahre hat es ganz viele Fassungen von Die drei ??? gegeben. Angefangen hatte es mit den Büchern, später kamen die Hörspiele, irgendwann auch die Filme. An welcher habt ihr euch bei eurer Fassung orientiert?
Wir haben versucht, dem Kern der Marke treu zu bleiben, so wie wir ihn verstanden haben. Dass wir den Jungs auf Augenhöhe begegnen und sie ernstnehmen. Deswegen war uns wichtig, dass der Fall nicht zu übertrieben ist, sondern authentisch. Wichtig war uns dabei, dass wir auch in unserem Film diese „Zeitlosigkeit“ transportieren. Zeitlos-modern war das Motto, so dass man sich den Film im Idealfall auch in zehn Jahren noch anschauen kann.
Hast du dir dafür auch die ersten zwei Filme angeschaut?
Als sie rausgekommen sind nicht. Bei den Vorbereitungen für Erbe des Drachen haben wir sie aber tatsächlich angeschaut, um zu sehen, wie sie die Figuren umgesetzt haben. Wir waren dann aber doch auf einem ganz anderen Gleis unterwegs, was glaube ich ganz schön ist. So haben die Filme alle etwas Eigenes und das Publikum hat verschiedene Versionen zur Auswahl. Die Filme damals gingen mehr in Richtung Agententhriller. Die Jungs hatten da auch so Gadgets wie in Spy Kids. Das war uns, für unsere Vision etwas zu viel. Wir wollten lieber eine Geschichte erzählen, bei der die Zuschauer denken: Das könnte ich auch machen.
Hast du bei dem Film Druck gespürt, den Erwartungen der Fans entsprechen zu müssen? Gerade bei einem Franchise, das so lange schon geliebt wird, stelle ich mir das schwierig vor.
Das ist es auch. Einerseits ist der Film eine riesengroße Chance, eben weil es eine so große Fanbase gibt, die von jung bis alt reicht. Dadurch kannst du sehr viele Menschen ansprechen. Auf der anderen Seite ist klar, dass du nie allen Fantasien gerecht werden kannst, weil sich eben jeder diese drei Jungs auf eine eigene Weise vorstellt. Das haben wir schon beim Casting festgestellt, als wir viel darüber diskutiert haben, wie wir die drei sehen. Wir waren uns da nicht immer einig. Letztendlich musste ich mich früh davon lösen, wirklich alle ansprechen zu können. Ich kann nur meine eigene Vision umsetzen und darauf hoffen, dass möglichst viele daran anknüpfen können.
Du hast das Casting schon angesprochen: Was war eure Vision, als ihr euch auf die Suche gemacht habt?
Erst einmal haben wir nach drei Freunden gesucht. Uns war es wichtig, dass die Chemie stimmt zwischen den Jungs. Wir haben uns relativ früh davon gelöst, uns ganz nach den Beschreibungen auszurichten, wie Justus, Peter und Bob laut den Büchern aussehen. Klar, drauf geschaut haben wir schon. Aber wir haben mehr darauf geachtet, welche Jungs miteinander funktionieren, weil Freundschaft ein wichtiges Thema bei Die drei ??? ist. Und bei unseren drei hat das wirklich super geklappt. Sie haben auch abseits vom Dreh viel Zeit miteinander verbracht, waren zusammen im Pool, waren zusammen shoppen. Es war echt cool, zu sehen wie Jungs auch abseits der Kamera zu Freunden wurden.
Und wie lange hat das gedauert, bis eure Wunschkonstellation stand?
Das waren schon einige Monate. Der Andrang war enorm, weil der Aufruf auch über die verschiedenen Kanäle von Die drei ??? ging, also auch das Magazin, ihre Internetseite und die SocialMedia-Kanäle. Klar, da wollte jeder dabei sein und eine der Rollen spielen.
War dabei schon immer klar, wer welche Rolle spielen würde? Oder ging es mehr ums Dabeisein an sich?
Das war unterschiedlich. Nevio Wendt, der die Rolle des Peter übernommen hat, hatte sich eigentlich als Bob beworben. Wir haben ihn dann gebeten, es doch auch einmal noch als Peter zu versuchen. Hier kam hinzu, dass die Erstbewerbungen alle online stattfanden und es superschwer war, überhaupt ein Gefühl für Größenverhältnisse zu bekommen. Nevio zählte damals schon zu den Größeren. Klar hatten wir die Maße, aber Kids in dem Alter wachsen unheimlich schnell. Deswegen hat sich viel auch erst beim Live-Casting entschieden.
Gab es dabei oder auch allgemein Vorgaben vom Verlag, die ihr erfüllen musstet?
Wir haben schon versucht, den Verlag früh und viel miteinzubeziehen, eben weil wir der Marke treu bleiben wollten. Deswegen hatten wir André Marx als Berater dabei, einer der Headautoren von Die drei ???. Das war natürlich superhilfreich, weil wir ihn immer fragen konnten, wenn wir uns mal unsicher waren. André ist in dem Kosmos der drei einfach zuhause. Das war ein sehr schön organischer Prozess. Aber natürlich war ich trotzdem nervös, als sie den fertigen Film gesehen haben. Denn es ist eine Sache, das Drehbuch zu lesen. Der Film ist dann schon noch einmal etwas ganz anderes.
Kommen wir zum Drehort. Eure Geschichte spielt ja in einem alten Schloss in Rumänien. Wie schwierig war es, die passende Location zu finden?
Das war in der Tat gar nicht so einfach. Wir haben sehr lange und viel gesucht, bis wir ein Passendes gefunden haben. Und selbst das hat nur zum Teil funktioniert. Von außen sieht es absolut super aus. Innen hatten wir aber das Manko, dass unsere Geschichte viel in Gängen und Korridoren spielt. Und das gab es dort leider überhaupt nicht. Die wenigen Gänge waren so schmal, dass nur eine Person durchpasste. Die Szenen, in denen die Jungs jemanden überwachen, wären so überhaupt nicht drehbar gewesen. Deswegen haben wir uns entschlossen, die Innenräume größtenteils im Studio nachzubauen.
Warum habt ihr überhaupt dieses Setting verwendet? Ihr hättet es euch für euren ersten Film auch leichter machen können und eine Geschichte rund um Rocky Beach erzählen können.
Das war bereits eine Vorgabe, als wir dazugekommen sind. Die Idee mit dem Dracula-Schloss stammte also nicht von uns, sondern gab es schon davor. Wir selbst hätten den ersten Fall sicher nur in Rocky Beach spielen lassen. Wobei auch das nicht einfach gewesen wäre: Als deutsche Produktionsfirma in den USA zu drehen, bringt eine Reihe von Hürden mit sich mit diesen ganzen Unions. Außerdem ist die Idee mit dem Film im Film natürlich superschön, weil wir den Kindern so ein bisschen zeigen konnten, wie so ein Film überhaupt entsteht.
Du hast schon gemeint, dass es ein Unterschied ist, eine Szene als Text oder als Film zu haben. Was waren die größten Herausforderungen, das Kopfkino in ein richtiges Kino zu verwandeln?
Film ist ja immer Kompromiss. Letztendlich ist es so, dass du Sachen nie ganz so umsetzen kannst, wie du sie dir vorher vorgestellt und ausgemalt hast. Letzten Endes musst du immer flexibel sein und schauen, wie die aktuellen Bedingungen sind, und versuchen, das Beste draus zu machen. Es gilt sich auf das wirklich Relevante zu konzentrieren, den Inhalt und die Emotionen zu vermitteln. Das ist ein Prozess, der nicht immer einfach ist. Manchmal entsteht durch das Umdenken aber auch etwas ganz Neues und viel Schöneres.
Und wie war die Erfahrung allgemein, jetzt mit deinem zweiten Film etwas deutlich Größeres zu machen?
Ich habe das als Privileg empfunden. Bei Limbo war das mehr ein: „Ich mache da mal mit Freunden einen Film.“ Der Unterschied zu Erbe des Drachen ist da schon gewaltig. Du hast mehr Budget, mehr Möglichkeiten, aber auch mehr Verantwortung, alles ist größer. Das ist schon eine ganz neue Erfahrung, zumal mein erster Film auch mein Abschlussfilm an der Hochschule war. Das merkt man schon an unserem Interview. Als wir uns das letzte Mal unterhalten haben, saß ich ganz gemütlich daheim auf meinem Sofa. Jetzt treffen wir uns im Bayerischen Hof für das Interview. Das ist eine ganz andere Welt.
Und wie geht es im Anschluss weiter? Steht schon der dritte Film fest?
Es gibt da verschiedene Projekte in verschiedenen Entwicklungsstadien, sowohl Kino als auch Streaming und Serie. Darüber darf ich aber noch nicht viel sagen. Insofern lass ich mich da selbst überraschen, was als nächstes passiert.
Vielen Dank für das Gespräch!
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