Eigentlich hatte es nur ein entspanntes Essen vor ihrem Ausflug zu einem befreundeten Paar werden sollen, doch für Sarah Johnson (Belle Adams) wird der Abend zu einem verstörenden Ereignis, als sie eine eigenartige Frau vom Nachbartisch zu verfolgen scheint. Immer düsterer werden die Visionen, welche die junge Frau plagen und von denen sie schließlich ihrem Freund Simon (Ian Michaels) berichtet, der diese aber als Folgeerscheinung ihrer Schwangerschaft abtut. Dennoch halten die Visionen an, auch bei ihrer Fahrt zu Dustin (Tim Fox), Simon ehemaligem Kommilitonen, und dessen Freundin Melissa (Dina Silva), einem Medium, mit einem Faible für Duftkerzen und Seancen. Als sie von Sarahs Visionen hört und von ihrem Verdacht, von der Frau im Restaurant mit einem Fluch belegt worden zu sein, nimmt Melissa dies so ernst, dass sie spontan beschließt, in einer Seance Kontakt mit der Präsenz aufzunehmen, die ihre Bekannte heimsucht. Als es zu keinem Kontakt kommt und sich Sarah lächerlich fühlt, geht sie frustriert ins Bett, doch schon nach wenigen Minuten wird ihr, und wenig später auch Simon, bewusst, dass etwas von der anderen Seite in der Tat Kontakt mit ihnen aufnehmen will.
In der zweiten Geschichten lernen wir Masha (Rebekah Kennedy) kennen, die exzentrische und etwas unheimliche Mitbewohnerin Rachels (Kristina Klebe). Nach einem Vorfall mit einem Mann, der Masha geschlagen hat, tauschen erzählt ihr Rachel von ihrer eigenen Biografie, wie sie von ihrem einstigen Verlobten nicht nur ausgenutzt, sondern auch misshandelt wurde. In den Tagen danach gibt Masha das Gehörte als ihre eigene Geschichte aus, dringt immer weiter in das Leben ihrer Mitbewohnerin ein, erscheint auf einmal an ihrem Arbeitsplatz und versucht gar Kontakt zu Rachels Mutter herzustellen. Als sie ahnt, dass mit Masha etwas nicht stimmt und viele der unheimlichen Dinge, die sie sagt, keinesfalls Lügen sind, ist es bereits zu spät.
Die unberechenbaren Folgen einer Seance
Als Regisseur Pierre Tsigaridis mit seinem Horrorfilm Two Witches ausgerechnet in Salem, Massachusetts, dem Zentrum der berühmt-berüchtigten Hexenprozesse, Premiere feiern durfte, war dies wohl der passendste Ort für einen Film, der sich erzählerisch wie auch formal mit Aspekten wie Hexerei auseinandersetzt. In seinem Statement zu Two Witches erklärt Tsigaridis, dass es nicht nur seine Passion für Horrorfilme an sich gewesen sei, die ihn angetrieben hätte, eine moderne Geschichte über Hexen zu erzählen, sondern auch seine Gespräche mit Skeptikern, die trotz aller Zweifel nie im Leben eine Beschwörung oder Seance veranstalten würden, aus Angst vor den Folgen. So kann man Two Witches nicht nur als Genrefilm betrachten. Die Geschichte vermag auch über jene Geister und Dämonen zu berichten, welche wir selbst heraufbeschwören.
Immer wieder treffen in Two Witches die Positionen der Skeptiker und Rationalisten auf die derer, welche die Möglichkeit des Übersinnlichen nicht ausschließen. Die spontane Idee einer Seance (niemals eine gute Idee in einem Horrorfilm), eigentlich als Party-Gag gedacht, hat einen Domino-Effekt zur Folge, welcher der unheimlichen Präsenz als Eingangstor in die behütete Sphäre dieser Menschen gewährt. Immer wieder treffen wir in der Geschichte, speziell seitens der Männer, auf Erklärungsversuche (mansplaining) eines Zustandes, den sie selbst nicht durchschauen können, wie beispielsweise Simon, der die Visionen seiner Freundin auf die Schwangerschaft schiebt. Später wiederum ist es eine fehlerhafte Einschätzung der Gefahr, die einem Menschen zu Verhängnis wird. Tsigaridis verlagert jedoch die Existenz des Bösen in dieser Wirklichkeit und macht es eindeutig für einige seiner Figuren, deren Isolation erst dann vollkommen ist, wenn sie beginnen, an diese Visionen zu glauben.
Machtphantasien
Wie der Titel bereits deutlich macht, geht es nicht nur um zwei Hexen, sondern auch um zwei Geschichten und damit zwei Herangehensweisen an das Thema. Während die erste Hälfte noch dem Muster einer Besessenen-Horror folgt, ist die zweite Geschichte wiederum anders gelagert, auch wenn es gewisse Schnittpunkte zwischen beiden Hälften gibt. Insbesondere dank der starken Darstellung Rebekah Kennedys bleibt dieser zweite Teil wohl eher im Gedächtnis, erzählerisch wie auch visuell. Bei Masha ist man sich ihrer „Andersartigkeit“ von der ersten Minuten an bewusst sowie der Verwandlung zu einem stärkeren, dunkleren Wesen, das eine Kostprobe jener Macht erhalten hat und nun nach mehr solcher Momente dürstet. Auch dank entsprechender Spezialeffekte, teils sogar sehr blutigen, ist dieser Prozess beeindruckend umgesetzt und machen Masha zu einer überzeugenden Protagonistin, von der man als Zuschauer wohl gerne mehr sehen würde.
Visuell schöpft Pierre Tsigaridis, der auch für die Kameraarbeit zuständig war, aus dem Vollen. Die Verwandlung der beiden Frauen wird begleitet von einer visuellen Ebene, die immer mehr ins Chaos und ins Verstörende abdriftet, wobei weniger auf bekannte Schockeffekte gesetzt wird. Vielmehr geht es dem Regisseur um die langsam immer stärker werdende Präsenz des Bösen im Leben der Frauen, die es immer mehr in dessen Richtung zieht und die sich dadurch isolieren.
OT: „Two Witches“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Pierre Tsigaridis
Drehbuch: Kristina Klebe, Maxime Rancon, Pierre Tsigaridis
Musik: Gioacchino Marincola
Kamera: Pierre Tsigaridis
Besetzung: Rebekah Kennedy, Marina Parodi, Kristina Klebe, Belle Adams, Ian Michaels, Tom Fox, Dina Silva, Clint Hummel, Danielle Kennedy, Rchael Kerbs, Julien Marlon Samani
Sitges 2021
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