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© Pierre Dury

Absturz ins Leben

„Absturz ins Leben“ // Deutschland-Start: 10. Oktober 2018 (arte)

Inhalt / Kritik

Die Freude war groß, als Paul Sneijder (Thierry Lhermitte) nach vielen Jahren Marie (Alexa-Jeanne Dubé) wiedersieht, seine Tochter aus erster Ehe. Doch nach dem gemeinsamen Essen in einem Restaurant in einem Wolkenkratzer kommt es zu einem Unglück und der Fahrstuhl stürzt ab. Marie kommt dabei ums Leben, Paul liegt viele Monate im Koma. Als er wieder zu sich kommt, ist er ein gebrochener Mann. Dass seine zweite Ehefrau Anna (Géraldine Pailhas) das Unglück instrumentalisieren möchte, um mit dem Schmerzensgeld die Zukunft der beiden gemeinsamen Söhne zu sichern, macht die Sache nur noch schlimmer. Anstatt sich der Klage anzuschließen, will sich Paul erst einmal sammeln und beginnt einen Job als Hundeausführer – zum Entsetzen seiner Familie …

Das schwierige Leben nach dem Tod

Wie damit umgehen, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat? So individuell wie die Menschen und ihre Beziehungen untereinander sind, so individuell ist auch die Art und Weise, wie sie auf einen Verlust reagieren. Entsprechend viele Filme gibt es, die sich auf die eine oder andere Weise mit dem Thema Trauerarbeit auseinandersetzen. Ob die Coming-of-Age-Sinnsuche Der Gymnasiast, das klassische Drama Lieber Kurt oder der Horrorhit M3GAN, die Bandbreite ist groß. Auch Absturz ins Leben setzt sich mit einem schwierigen Neuanfang auseinander, nachdem die Hauptfigur seine Tochter verloren hat. Doch die Richtung ist wieder eine ganz andere, wenn auf eine eigene Weise das Ernste mit dem Komischen verbunden wird.

Genauer führt die Suche nach einem neuen Sinn nicht zu üblichen Stationen wie Alkohol, Religiosität oder sonstigen Fluchtstrategien. Stattdessen landet er bei Hundehaufen. Dass das nicht unbedingt der große Traumjob ist, der eine glänzende Perspektive für die Zukunft verspricht, versteht sich von selbst. Dass ein erwachsener Mann, der mitten im Leben steht, alles hinschmeißt, um genau das zu tun, das ist schon kurios. Regisseur Thomas Vincent nutzt dieses humoristische Potenzial auch durchaus aus, ohne dabei auf eine zu krasse Situationskomik zu setzen. Absturz ins Leben zeigt einen Mann, der in seiner neuen Tätigkeit irgendwie fehl am Platz ist und doch darin einen Halt findet. Die Adaption eines Romans von Jean-Paul Dubois (Die kanadische Reise) ist deshalb irgendwo zwischen Drama und Komödie angesiedelt. Man kann zuweilen gar nicht sagen, ob das gerade lustig oder traurig ist.

Leise und hoffnungsvoll

Thierry Lhermitte ist dabei eine gute Wahl für die Besetzung gewesen. Dass er über komödiantisches Potenzial verfügt, hat er in Filmen wie Mord in Saint-Tropez und Dinner für Spinner bewiesen. Der französische Schauspieler muss dabei noch nicht einmal so wahnsinnig viel tun, damit das Publikum sich unterhalten fühlt. Aber er kann eben auch diese tragische Seite der Geschichte verkörpern. Zwischendurch mag der Ernst der Lage etwas untergehen wegen der Hundeszenen oder auch der überzeichneten Nebenfiguren. Sowohl Pauls Frau Anna sowie sein verschrobener Hundeausführer-Boss Benoît Charistéas (Guillaume Cyr), der einen seltsamen Zahlenfimmel hat, betonen die komische Ausrichtung des Films und bewegen sich weg von der eigentlichen Trauerarbeit. Letztere kommt aber immer wieder zurück, wenn Paul durch die Umstände gezwungen wird, sich mit dem Verlust auseinanderzusetzen, zumal er sich selbst Vorwürfe macht.

Das kann sehr bitter sein, gerade im weiteren Verlauf, wenn ihm sein Unwille, finanziell vom Tod seiner Tochter zu profitieren, zum Verhängnis wird. Und doch hat die französisch-kanadische Coproduktion auch etwas Tröstliches an sich. Absturz ins Leben zeigt, wie jemand nach einem harten Schlag zurückfindet, sich selbst auch neu entdeckt. Dies bedeutet zum einen Abschied vom dem, was er hatte, aber eben auch die Möglichkeit, eine andere Richtung einzuschlagen. Dabei kommt Vincent ohne Kitsch oder billige Kalendersprüche aus. Überhaupt ist sein Film angenehm zurückhaltend. Das wird manchen nicht genug sein, die entweder bei der Komik oder den traurigen Momenten alles lieber etwas plakativer sehen würden. Aber es ist ein angenehmer Film, lebensnah und schrullig zugleich, der sich definitiver Antworten verweigert und stattdessen lieber zum Ausprobieren und Entdecken einlädt.

Credits

OT: „La Nouvelle vie de Paul Sneijder“
Land: Frankreich, Kanada
Jahr: 2016
Regie: Thomas Vincent
Drehbuch: Thomas Vincent, Yaël Cojot-Goldberg
Vorlage: Jean-Paul Dubois
Musik: Philippe Deshaies, Lionel Flairs, Benoît Raul
Kamera: Ronald Plante
Besetzung: Thierry Lhermitte, Géraldine Pailhas, Pierre Curzi, Guillaume Cyr, Hugo Dubé, Gabriel Sabourin, Aliocha Schneider, Vassili Schneider, Alexa-Jeanne Dubé

Bilder

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Absturz ins Leben
fazit
„Absturz ins Leben“ begleitet einen Mann, der nach dem Tod seiner Tochter ins Straucheln gerät und erst einmal als Hundeausführer arbeitet, um sich dabei zu sammeln. Das schwankt zwischen skurril und tragisch, bliebt bei beidem aber angenehm zurückhaltend. Die Hauptfigur ist dabei auch gut besetzt, sodass man trotz einiger Übertreibungen nahe am Leben bleibt.
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