Luc (Logann Antuofermo) soll Tischler werden, so der große Wunsch seines Vaters (André Wilms), und damit dessen Beruf fortführen. Der junge Mann willigt ein, hat dabei schon ein festes Ziel vor Augen. So möchte er sein Leben in der Provinz hinter sich lassen, um an der Ecole Boulle in Paris, einer Hochschule für angewandte Kunst und Kunsthandwerk, ausgebildet zu werden. Dabei kommen ihm jedoch immer wieder die Frauen in die Quere. Ob es Djemila (Oulaya Amamra) ist, Geneviève (Louise Chevillotte) oder Betsy (Souheila Yacoub): Sie alle tauchen zwischendurch in seinem Leben auf und verdrehen ihm dabei mächtig den Kopf …
Späte Würdigung …
Bei Filmpreisen gibt es das Phänomen, dass manche Künstler und Künstlerinnen sehr spät eine Auszeichnung erhalten, bei denen sehr offensichtlich ist, dass es sich mehr um eine Würdigung des Gesamtwerkes handelt. Bei den Oscars findet sich das immer mal wieder bei der Prämierung großer Hollywood-Stars, die jahrelang ohne Preis nach Hause gingen und dann auf einmal für einen weniger bemerkenswerten Titel ausgezeichnet werden. Oder es gibt gleich ganz einen Ehren-Oscar, verliehen an Leute, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen immer leer ausgingen. So ähnlich verhält es sich bei Das Salz der Tränen. Unglaublich aber wahr: In seiner langen Karriere als Filmemacher war Philippe Garrel zuvor nie in den Wettbewerb der Berlinale eingeladen. Ganze 56 Jahre mussten seit seinem Debüt Les enfants désaccordés 1964 vergehen, bis er um den Goldenen Bären kämpfen durfte.
Wobei man hinzufügen sollte: Man hat hier nicht wirklich das Gefühl, dass es sich um ein Spätwerk handelt. So haben Garrel und sein Kameramann Renato Berta – beides Männer jenseits der 70 – auf körnige Schwarzweißbilder gesetzt, bei denen man glauben könnte, sie wären irgendwo auf dem Dachboden gefunden worden. Dazu gibt es leichte Klimper-Klavier-Musik sowie Voice-over, die wie in vergangenen Tagen das erzählen sollen, was offensichtlich die Bilder allein nicht transportieren können. Das Salz der Tränen wirkt da schon sehr altmodisch, zumal auch in der gezeigten Welt kaum Hinweise zu finden sind, dass wir uns in der Moderne befinden. Oder überhaupt in einer konkreten Zeit. Wenn eine Figur irgendwann beiläufig sagt, dass wir uns im Jahr 2019 befinden, dann wirkt das wie ein Fremdkörper in einem Film, der sich konsequent dem Akuten entzieht.
… für einen nichtssagenden Film
Die Themen und die Figuren sind ohnehin zeitlos. Mal wieder erzählt Garrel von der Liebe oder zumindest dem Versuch, diese zu finden. Zu diesem Zweck lässt er seinen Protagonisten in diverse Romanzen hineinstolpern. Wobei Luc durchaus erfolgreich ist auf seine Weise: Mit sehr viel Zielstrebigkeit und gutem Aussehen landet er durchaus bei den Frauen. Er scheint nur nicht so richtig gemacht zu sein für eine ernsthafte Beziehung. Zumindest eine, die tatsächliche Arbeit und Anspruch bedeutet. In Liebeskomödien findet man solche Typen immer mal wieder, die dann im Laufe der Geschichte aber gezähmt und gebessert werden. Nicht in Das Salz der Tränen. Luc ist am Anfang ein Egozentriker, ist es am Schluss auch noch. Man kann noch nicht einmal behaupten, dass er sympathisch ist, weswegen man sich zwischendurch schon fragen darf: Warum genau sollte ich mir das anschauen wollen?
Hinzu kommt, dass Garrel und die beiden mitschreibenden Jean-Claude Carrière und Arlette Langmann – ebenfalls Urgesteine des französischen Kinos – erstaunlich wenig über die Figuren zu erzählen haben. Die einzelnen Beziehungen mögen unglücklich oder zumindest schwierig sein. Interessant sind sie nicht. Am ehesten findet Das Salz der Tränen noch Relevanz bei dem Thema Alter und Vergänglichkeit. Lucs Vater, der den gesamten Film über keinen Namen erhält, möchte seinen Sohn einerseits sein eigenes Leben wiederholen lassen, ohne dabei aber auch die Fehler zu wiederholen. Das hat etwas Rührendes, so wie es allgemein spannender ist, Zeit mit dem alten Herrn zu verbringen. Dennoch, die Regie-Legende hat – Berlinale-Wettbewerb hin oder her – hiermit seine Filmografie nicht unbedingt aufgewertet.
OT: „Le Sel des larmes“
Land: Frankreich
Jahr: 2020
Regie: Philippe Garrel
Drehbuch: Jean-Claude Carrière, Arlette Langmann, Philippe Garrel
Musik: Jean-Louis Aubert
Kamera: Renato Berta
Besetzung: Logann Antuofermo, Oulaya Amamra, Louise Chevillotte, André Wilms, Souheila Yacoub, Martin Mesnier
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