In der Liebeskomödie Jemand, den ich mal kannte kehrt Ally (Alison Brie) nach dem Ende ihrer Fernsehshow noch einmal in ihre alte Heimat zurück, wo sie nicht nur ihre Mutter trifft, sondern auch Sean (Jay Ellis). Mit ihm war sie früher zusammen, bis sie für ihre Filmkarriere fortging. Die Wiederbegegnung löst viele Gefühle in ihr aus. Hat sie damals die richtige Entscheidung getroffen? Was ist von den Träumen geblieben, die sie damals hatte? Dave Franco, der mit seiner Frau und Hauptdarstellerin Brie das Drehbuch geschrieben hat, befasst sich in seiner zweiten Regie-Arbeit mit Menschen, die an einem Wendepunkt gelandet sind und unschlüssig sind, wie es weitergehen soll. Zum Start des Films am 10. Februar 2023 auf Amazon Prime Video konnten wir ein Interview mit Dave führen und mit ihm über Zweifel, Genrewechsel und künstlerische Selbstverwirklichung sprechen.
Dein Regiedebüt The Rental – Tod im Strandhaus war ein Horrorfilm, mit deinem zweiten Film Jemand, den ich mal kannte hast du eine Liebeskomödie gedreht. Viel größer kann der Unterschied kaum sein. War es beabsichtigt, jetzt etwas komplett anderes zu machen, oder hat sich das einfach ergeben?
Das hat sich tatsächlich so ergeben. Wie du schon sagst, war der erste Film ganz anders, sehr düster. Da passieren ganz viele finstere Sachen. Aber es handelt sich dabei um zwei Genres, die ich wirklich liebe. Meine Frau und ich haben das Drehbuch zu Jemand, den ich mal kannte zusammen geschrieben und kamen zu Beginn des Covid-Lockdowns auf die Idee für den Film. Wir haben uns damals lauter positive und hoffnungsvolle Filme angeschaut, weil das alles war, was wir in dieser Situation ertragen konnten. Wir wollten unsere eigene Version dieser Positivität schaffen und mit der Welt da draußen teilen.
Wobei Jemand, den ich mal kannte aber keine Hollywood-Heile-Welt-Liebeskomödie ist. Bei euren Figuren liegt schon einiges im Argen.
Absolut. Wie gesagt lieben wir diese Art Filme und wussten daher natürlich genau, was das Publikum erwartet. Wir wollten die Zuschauer und Zuschauerinnen in eine bestimmte Richtung lenken und dann den Boden unter den Füßen wegziehen, indem wir alles auf den Kopf stellen. Ein Teil hat damit zu tun, dass eben einiges im Argen liegt. Sie haben alle auf ihre Weise irgendwelche Makel und treffen fragwürdige Entscheidungen. Aber das macht sie menschlich. Das sind keine schlechten Menschen, tief im Inneren sind sie schon gut. Sie machen nur gerade eine turbulente Zeit durch und versuchen, da irgendwie durchzukommen.
Ist es einfacher für dich, eine Geschichte zu erzählen, die sich wie euer neuer Film an der Realität orientiert, oder etwas wie The Rental, das in eine fantastischere Richtung bewegt?
Ich glaube, dass ich die beiden Filme auf dieselbe Weise angegangen bin. Es stimmt, dass The Rental etwas fantastischer ist. Aber ich wollte damit etwas schaffen, das Angst macht, weil es tatsächlich geschehen könnte. Die Idee zu dem Film kam durch meine eigene Paranoia auf Airbnbs bezogen. Heutzutage traut man eigentlich niemandem mehr. Und doch übernachtest du in der Wohnung von Fremden, was eigentlich ziemlich irre ist. Auch wenn The Rental etwas überhöhter war im Vergleich zu unserem neuen Film, sollte er doch auf etwas Realem aufbauen. Aber klar, Jemand, den ich mal kannte ist näher dran an dem, was wir erlebt haben. Viele Szenen basieren auf Ereignissen, die sich bei uns oder Leuten aus unserem Umfeld zugetragen haben. Das macht es einfacher, die Geschichte zu schreiben, weil alles direkt vor uns stattfindet.
Aber kann es nicht auch vorkommen, dass so etwas schon wieder zu nah ist? Je weiter weg man sich vom eigenen Leben bewegt, umso freier ist man doch auch.
Interessante Frage. Wir haben uns eigentlich nie gefangen gefühlt beim Schreiben, nur weil wir Momente aus unserem Leben verwenden. Aber vermutlich ist es schon so, dass du dich verwundbarer machst, wenn du eine Geschichte erzählst, die nahe an deinem Leben ist. Du machst dich ja schon verwundbar, wenn du als Schauspieler auftrittst und dich anderen preisgibst. Mit deiner Frau über dein eigenes Leben zu schreiben, geht noch einmal deutlich über das hinaus. Wir hoffen natürlich, dass die Leute beim Zuschauen das fühlen, was wir in den Film gesteckt haben. Aber es ist schon irgendwie verrückt, wenn ich jetzt darüber nachdenke.
Warum hast du in deinen beiden Filmen eigentlich nicht selbst gespielt? Viele Schauspieler, die zur Regie wechseln, wollen dann auch beides machen.
Ich wusste einfach, dass ich bei The Rental so sehr damit beschäftigt sein würde, einfach nur Regie zu führen, weil es eben mein erster Film war. Ich musste so viel lernen, dass für mich klar war, dass ich nicht auch noch schauspielern könnte. Die ganze Zeit hin und her zu rennen wollte ich einfach nicht. Außerdem gibt es so viele großartige Schauspieler da draußen, da braucht es mich nicht unbedingt. Es wäre sogar ideal für mich, wenn ich in keiner meiner Regiearbeiten mitspielen müsste. Als ich erfahren habe, dass Jay Ellis Interesse daran hat, in Jemand, den ich mal kannte mitzuspielen, war die Sache für mich entschieden. Er war für diese Rolle ohnehin viel besser geeignet als ich.
Du beschreibst in Jemand, den ich mal kannte Leute, die sich an einem Punkt in ihrem Leben befinden, in dem sie alles in Frage stellen. Wer sie sind. Was sie tun. Kannst du dich selbst damit identifizieren? Gab es Momente, an denen du daran gezweifelt hast, ob Filme das richtige ist für dich?
Es gab Momente in meiner Karriere, an denen ich so krampfhaft an allem festgehalten habe, aus Angst, dass ich alles verlieren könnte. Das sind Momente, in denen du keine Risiken mehr eingehst und vielleicht auch vergisst, warum du überhaupt mit allem angefangen hast. Du nimmst dann Filmrollen an, weil du denkst, dass sie ein wichtiger Schritt in deiner Karriereleiter sein können. Inzwischen bin ich da entspannter. Jetzt stelle ich mir eher die Frage: Werde ich dabei eine gute Zeit haben? Spüre ich bei einem Projekt wirklich Leidenschaft? Das ist jetzt wichtiger für mich. Um auf deine Frage zurückzukommen: Ja, ich hatte diese Zweifel zwischendurch. Wahrscheinlich hat mich das auch dazu gebracht, überhaupt Regie führen zu wollen. Ich hatte das immer schon mal ausprobieren wollen, hatte aber zu viel Angst davor. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich es am Ende gewagt habe. Die beiden Male, an denen ich Regie geführt habe, gehören zu den spaßigsten Erfahrungen, die ich am Set gemacht habe und ich hoffe, dass ich das auch in Zukunft machen darf.
Hilft es bei dieser Selbstsuche eigentlich Schauspieler zu sein? Schließlich wirst du mit jedem Film jemand anderes und kannst die unterschiedlichsten Leben einmal ausprobieren.
Gute Frage. Ich denke, dass du als Schauspieler immer versuchst, eine Verbindung zu deiner Rolle aufzubauen und etwas von dir in ihr wiederzufinden, selbst wenn du einen Schurken spielst oder jemand, der wirklich furchtbar ist. Schließlich willst du, dass deine Figur trotz allem ein Mensch ist. In The Afterparty habe ich beispielsweise einen sehr eitlen Popstar gespielt, der nicht gerade liebenswürdig ist und viele furchtbare Dinge tut. Aber ich wollte nicht, dass er einfach nur ein Cartoon-Schurke ist. Das wäre mir zu wenig gewesen. Also haben wir daraus eine High-School-Reunion gemacht, bei der wir viel über die die gemeinsame Zeit erfahren. Da wurde gemobbt ohne Ende und auch er musste das durchmachen. Wenn er zu einem furchtbaren Menschen geworden ist, dann auch weil er früher das Opfer anderer war.
Als du dann zur Regie gewechselt bist, ging es dann darum, etwas Neues zu erleben, oder wolltest du etwas ausdrücken, das schon in dir war und raus sollte?
Ich fand es einfach schön, mehr Mitspracherecht zu haben, mehr die Kontrolle zu haben. Einer der schönsten Aspekte ist, das Team bestimmen zu können. Klar wollte ich talentierte Leute haben. Aber ich wollte auch einfach Leute haben, die nett sind und mit denen ich gut zusammenarbeiten kann. Dafür habe ich mir sehr viel Zeit genommen. Aber es hat sich gelohnt. Ich war als Schauspieler auf vielen Sets, wo es keine gute Stimmung gab. Und ich habe damals immer gedacht: Wenn ich einmal das Sagen habe, will ich nur Leute um mich herum haben, mit denen ich eine tolle Zeit haben kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
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