Düstersee

Für den Berliner Anwalt Joachim Vernau (Jan Josef Liefers) ist es ein nicht ganz alltägliches Anliegen: Seine Mutter Hildegard (Elisabeth Schwarz) beauftragt ihn damit, ein Auge auf ihre Lebensgefährtin Ingeborg Huth (Carmen-Maja Antoni), liebevoll „Hütchen“ genannt, zu werfen. Denn die verhalte sich ziemlich eigenartig und verschwinde andauernd. Und so reist er ihr ins uckermärkische Dorf Düstersee nach, wo er sich eine Antworten erhofft, der Mama zuliebe. Tatsächlich trifft er sie dort, als sie gemeinsam mit ihrer Nichte Sanja (Anna Loos) und Bürgermeister Kurt Wössner (Winfried Glatzeder) an einem Sommerfest teilnimmt. Von Feierlaune aber keine Spur, als am nächsten Tag Gastgeber Christian Steinhoff tot aufgefunden wird …

Eine vergessene Krimireihe

Jan Josef Liefers gehört durch seine Auftritte beim Tatort mit Sicherheit zu den bekanntesten Krimi-Gesichtern Deutschlands. Die humorvollen Filme rund um das Münster-Team erfreuen jedes Mal ein Millionenpublikum. Tatsächlich sind diese so erfolgreich, dass man glatt vergisst, dass der Schauspieler seit vielen Jahren noch in einer zweite Krimireihe die Hauptrolle hat. Das liegt aber auch daran, dass die Geschichten um den Rechtsanwalt Vernau nur sporadisch fortgesetzt werden. So mussten die Fans nach dem letzten Film Requiem für einen Freund mehr als zwei Jahre warten, bis es wieder Nachschub gab. Und das ist der Normalfall: Obwohl die ZDF-Reihe bereits 2012 mit Das Kindermädchen an den Start ging, ist der neue Film Düstersee gerade mal der siebte Teil. Da darf man schon einmal vergessen, dass es die Reihe überhaupt gibt.

Wobei es auch ein wenig mit dem Protagonisten zusammenhängt, wenn die Filme vor dem geistigen Auge verschwimmen. Denn Vernau ist Professor Dr. Dr. Karl-Friedrich Boerne, der Paraderolle von Liefers, doch recht ähnlich. Klar, ein Anwalt ist kein Gerichtsmediziner. Dadurch ist die Vorgehensweise eine andere, auch wenn eine Stelle in Düstersee offensichtlich mit dem Vorbild spielen soll. Vor allem aber tritt Vernau mit einem ähnlich spöttischen Humor auf. Liefers versucht an den Stellen nicht einmal so zu tun, als würde er eine andere Figur spielen. Für Fans des Schauspielers mag das toll sein, wenn sie sich auf keine Änderung einstellen müssen. Der Rest darf sich aber schon fragen, ob da nicht mehr drin künstlerische Ambition gewesen wäre – gerade weil das deutsche Fernsehen ohnehin nicht mit Abwechslungsreichtum glänzt.

Gehobenes Mittelfeld

Für sich betrachtet ist Düstersee aber durchaus ein unterhaltsamer Krimi. Der Film profitiert dabei von diversen skurrilen Nebenfiguren. Gerade die gemeinsamen Szenen mit der Mama oder Hütchen machen Spaß, auf eine Carmen-Maja Antoni (Hui Buh und das Hexenschloss) kann man schließlich immer zählen. Und auch das Setting trägt dazu bei, dass man mit dem Film seinen Spaß haben kann. Ein abgelegenes Dorf ist immer ein guter Schauplatz, wenn es darum geht, düstere Geheimnisse aufzudecken und nach Verbrechen Ausschau zu halten, Klar ist der Titel des Ortes in dem Zusammenhang ein bisschen sehr offensichtlich und plakativ. Aber das passt zum Tonfall des Films, der eben an mehreren Stellen etwas ironisch-humorvoller ausfällt.

Der Kriminalfall, der wie immer auf einem Roman von Elisabeth Herrmann basiert, ist dabei solide. Es dauert dabei eine Weile, bis klar wird, worum es in dem Film überhaupt gehen soll. Wo die meisten Beiträge aus diesem Genre mit dem Verbrechen beginnen, oft mit einer Leiche, da lässt sich Düstersee für alles etwas mehr Zeit. Danach wird es klassischer, wenn diverse Spuren gefunden und untersucht werden müssen. Rätseln kann man deshalb wie gewünscht bis zum Ende, auch wenn die wenigsten wohl von sich aus auf die Lösung kommen werden. Ein Meisterwerk des TV-Krimis ist das sicher nicht, aber es reicht doch für ein gehobenes Mittelfeld. Wer nicht mehr braucht, kann hier unbesorgt reinschalten.