Mit seinen Filmen hat Todd Phillips immer mal wieder für beeindruckende Einspielergebnisse an den Kinokassen gesorgt, seien es Starsky & Hutch, die Hangover-Filme oder zuletzt die Comic-Adaption Joker, die weltweit zu einem Phänomen wurde. Doch nicht alle Werke des US-amerikanischen Regisseurs waren für ein größeres Publikum gedacht. Tatsächlich ist sein Debütfilm nur wenig massentauglich. So wie auch dessen Protagonist wenig massentauglich war oder sein wollte: GG Allin – der meistgehasste Mann des Punks, das anlässlich des 30-jährigen Jubiläums in die deutschen Kinos kommt, folgt dem gleichnamigen Punksänger. Der war eher berüchtigt als berühmt. Wenn sich jemand an ihn erinnert, dann weniger für dessen Musik als vielmehr die legendären Auftritte.
Unberechenbar und schwer zu ertragen
Phillips hat einige von diesen seinerzeit festgehalten. Vermutlich sollte man vorab lieber nichts über diese lesen. Zum einen dürfte die Vorstellung von dem, was GG Allin – sein Geburtsname war ohne Witz Jesus Christ Allin – auf der Bühne getrieben hat, kaum dazu motivieren, sich das wirklich anzusehen. Außerdem besteht ein Teil der Spannung in GG Allin – der meistgehasste Mann des Punks darin, dass man hier wirklich nie genau sagen kann, was wohl als Nächstes geschehen wird. Schließlich hatte auch Allin keinen Plan, der darüber hinausging, irgendein Spektakel zu veranstalten. Die im Titel verwendete Bezeichnung „meistgehasst“ mag etwas übertrieben sein, dafür dürften zu wenige Leute ihn oder auch seine Band Murder Junkies gekannt haben. Schwer zu ertragen war er aber sicher.
Das gilt dann auch für den Dokumentarfilm, der trotz seiner überschaubaren Laufzeit von gerade mal 53 Minuten den Zuschauern und Zuschauerinnen einiges abverlangt. Umso mehr, da auch im Anschluss nie so ganz klar ist, mit wem man es da eigentlich zu tun hat. Phillips bleibt die ganze Zeit über ein neutraler Beobachter, der seinen Protagonisten weder erklärt noch verklärt. Interessiert ist er jedoch. Aus gutem Grund: Allins ist eine Naturgewalt, die alles um sich herum niederreißt. Jeder Auftritt wird zu einem Event, wild, schamlos und destruktiv. Aber auch abseits der Bühne zeigt GG Allin – der meistgehasste Mann des Punks den Sänger als ungehemmten Egozentriker, der abwechselnd sich oder andere zerstörte und immer wieder davon träumte, möglichst spektakulär zu sterben. So wie es der Punk Rock eben verdienen würde.
Erstaunlich wenig Musik
Von der Musik bekommt man dabei erstaunlich wenig mit. Zwischendurch vergisst man immer wieder mal, dass es sich hierbei eigentlich um das Porträt eines Sängers handelt. Wer hier vorbeikommt, weil er oder sie selbst Punk-Fan ist und möglichst viel von diesem Genre hören will, sollte sich vielleicht doch lieber anderweitig anschauen. Man erfährt nichts über die Punkszene der frühen 1990er. Dafür war GG Allin auch zu losgelöst von allem, was einem menschlichen Zusammenleben gleicht. Er war so sehr in sich selbst verloren, dass äußere Einflüsse kaum möglich waren – sieht man mal von Drogen ab. Darin liegt zweifelsfrei auch eine große Tragik. Sich GG Allin – der meistgehasste Mann des Punks anzuschauen, gleicht einem in Zeitlupe aufgenommenen Unfall. Davon geht eine gewisse Faszination aus – aber auch Ratlosigkeit.
OT: „Hated: GG Allin & the Murder Junkies“
Land: USA
Jahr: 1993
Regie: Todd Phillips
Drehbuch: Todd Phillips
Kamera: Neculai Berghelea, Alexander Crawford, Michael Yetter
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