Infinity Pool
© Universal Pictures
Infinity Pool
„Infinity Pool“ // Deutschland-Start: 20. April 2023 (Kino) // 13. Juli 2023 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Es hätte ein richtig schöner Urlaub für James (Alexander Skarsgård) und Em (Cleopatra Coleman) sein sollen. Ein bisschen die Seele baumeln und sich verwöhnen lassen, den Traumstrand und das Meer genießen. Vor allem James reiste mit großen Hoffnungen an. Vielleicht wird es ihm ja in dem Luxusresort gelingen, seine Schreibblockade hinter sich zu lassen und endlich seinen zweiten Roman zu schreiben? Dabei machen sie die Bekanntschaft von Gabi (Mia Goth) und Alban (Jalil Lespert), die jedes Jahr hier Urlaub machen und die Insel gut kennen. Sie sind es auch, welche das Paar dazu überreden, das Resort zu verlassen und einen unberührten Ort auf der Insel zu besuchen – auch wenn dies eigentlich streng verboten ist. Auf dem Rückweg kommt es jedoch zu einem tragischen Unglück, welches das Leben von James und Em für immer verändern wird …

Emanzipation durch Sex und Gewalt

Es gehört fast zwangsläufig dazu: Sobald Kinder ihren berühmten Eltern nacheifern und deren Berufe aufgreifen, sind Vergleiche unausweichlich. So ist auch Brandon Cronenberg dazu verdammt, sich mit seinem Vater messen lassen zu müssen, dem berühmten Regisseur David Cronenberg. Hinzu kommt, dass der Filius wie schon der Papa im Horror-Genre unterwegs ist und es dort gern ein wenig provokanter mag. Vor allem sein Debütfilm Antiviral wurde 2012 überwiegend damit beworben, dass Brandon der Sohn ist. Bei seinem Zweitwerk Possessor, das geschlagene acht Jahre auf sich warten ließ, gelang es ihm schon ein wenig besser, sich vom offensichtlichen Vorbild zu emanzipieren. Nun liegt mit Infinity Pool sein Langwerk Nummer drei vor und dürfte ihn so langsam als einen eigenständigen ernstzunehmenden Künstler etablieren.

Wobei sich Cronenberg dabei treu bleibt, dass er es gern ein wenig extremer und provokativer mag. Das kann mal Gewalt betreffen, in anderen Stellen ist es Sex – Zurückhaltung ist da nicht. Beides wird hier durchaus zum Selbstzweck. Aber aus einem guten Grund: Infinity Pool erzählt die Geschichte von Menschen, die alles haben können und sich dadurch tierisch langweilen. Da braucht es schon den einen oder anderen Exzess, um überhaupt noch etwas fühlen zu können. Hier können sich die Figuren auf besondere Weise jeglicher Verantwortung entledigen, genießen eine Freiheit, die ebenso unendlich ist, wie es der Titel impliziert. Das Mittel dazu ist einfach, gleichzeitig aber grausam und grotesk. Wer das nötige Geld hat, der kann – Vorsicht Spoiler – einen Klon herstellen lassen, der für die eigenen Verbrechen büßen muss. Selbst die Todesstrafe verliert auf diese Weise ihren Schrecken.

Allein mit zahlreichen Gedanken

Damit verbunden sind eine Vielzahl von Themen, über die es sich zu diskutieren lohnt. Von Anfang wird die Schere zwischen Arm und Reich verdeutlicht, wenn das Resort gleichzeitig eine Festung ist. Dann gibt es Ausführungen zu einem Kolonialismus, schließlich bringen die Urlauber und Urlauberinnen ihre eigenen Erwartungen und Ansprüche mit, die im Zweifelsfall über den Traditionen des Landes stehen. Das erinnert zuweilen frappierend an Sundown – Geheimnisse in Acapulco, wenngleich der Protagonist dort deutlich ambivalenter war. Und natürlich hat Infinity Pool auch einige philosophische Implikationen, welche das Spiel mit Identitäten und den Wert des Lebens betrifft. Gibt es überhaupt noch einen Wert, wenn alles möglich wird? Was macht es mit uns, wenn es keine Grenzen mehr gibt? Antworten gibt Cronenberg darauf nicht. Er lässt das Publikum und seinen Protagonisten etwas hilflos zurück, sollen andere doch die Schlüsse daraus ziehen.

Grundsätzlich ist das kein Problem, es muss nicht alles in mundgerechte Stücke verpackt werden. Allerdings tut sich Cronenberg schwer damit, selbst zu einem Schlusspunkt zu kommen. Was anfangs noch faszinierend bis verstörend wird, wird später recht ziellos und redundant. Da verliert Infinity Pool schon spürbar an Wirkung. Dennoch: Der teils satirische Horror-Sci-Fi-Mix, der auf dem Sundance Film Festival 2023 Premiere feierte, ist sehenswert. Neben dem fordernden Inhalt gibt es Bilder, die zwischen betörend und verstörend schwanken. Und dann ist da natürlich noch die exzellente Besetzung. Mia Goth (X) als brutal-manipulative Verführerin gehört ebenso zu den Höhepunkten wie ein wandelbarer Alexander Skarsgård (The Northman), der zwischen Hündchen und Bestie  angesiedelt ist und sich ohne Hemmungen in seine Rolle stürzt.

Credits

OT: „Infinity Pool“
Land: Kanada, Kroatien, Ungarn
Jahr: 2023
Regie: Brandon Cronenberg
Drehbuch: Brandon Cronenberg
Musik: Tim Hecker
Kamera: Karim Hussain
Besetzung: Alexander Skarsgård, Mia Goth, Cleopatra Coleman, Jalil Lespert, Thomas Kretschmann, Jeffrey Ricketts, John Ralston, Amanda Brugel, Caroline Boulton

Bilder

Trailer

Interviews

Wer mehr über den Film erfahren möchte: Wir haben uns sowohl mit Regisseur Brandon Cronenberg wie auch mit Alexander Skarsgård und Mia Goth getroffen. Im Interview konnten wir ihnen einige Fragen zum Urlaubshorror von Infinity Pool stellen.

Brandon Cronenberg [Interview]

Alexander Skarsgård / Mia Goth [Interview]

Filmfeste

Sundance Film Festival 2023
Berlinale 2023

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Infinity Pool
fazit
Mit seinem dritten Spielfilm etabliert sich Brandon Cronenberg langsam als eine eigenständige Stimme. Zu sagen hat er auch einiges, wenn in „Infinity Pool“ ein Urlaub auf bizarre Weise eskaliert. Da treffen Ekelmomente auf betörende Aufnahmen, das erstklassige Ensemble stürzt sich ohne Hemmungen in Exzesse, während zahlreiche gesellschaftliche und philosophische Themen gestreift werden. Da verzeiht man dann auch, wenn zum Schluss der Schwung verlorengeht und der Film selbst nicht mehr weiter weiß.
Leserwertung80 Bewertungen
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8
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