Inside
© SuqareOne/Steve Annis
Inside
„Inside“ // Deutschland-Start: 16. März 2023 (Kino) // 29. September 2023 (DVD / Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Kunstdieb Nemo (Willem Dafoe) hat sein nächstes Ziel gefunden: Ein New Yorker Penthouse, dessen Eigentümer für die nächsten paar Monate in Kasachstan ist. Eigentlich ein einfaches Ziel, aber ein Fehler von Nemos Partner aktiviert die Alarmanlage und die Notfallverriegelung der Wohnung, während sich Nemo noch in ihr befindet. Wasser und Gas sind abgestellt, der Kühlschrank so gut wie leer. Umgeben von purem Luxus beginnt für Nemo also eine physischer und psychischer Überlebenskampf.

Eingesperrt

Um das Offensichtliche mal vorwegzunehmen: Ja, ohne Aussicht auf Rettung oder Entkommen in einer Wohnung eingesperrt zu sein, ist ein sehr wackliges Konzept. Doch Inside gelingt es ganz gut, großen Logiklücken aus dem Weg zu gehen. Dass Nemo kein Handy dabei hat und es in der Wohnung offenbar auch kein Festnetzanschluss gibt, durch die er Hilfe rufen könnte, wirkt zwar etwas konstruiert, zerstört den Film aber keineswegs. Allgemein gibt es immer mal wieder kleinere Momente, die etwas unplausibel erscheinen. Diese werden vom Film aber meist so stringent als gegeben etabliert, dass die Prämisse des Films erstaunlich gut klappt und sich ein durchaus spannender Überlebensthriller entwickelt. Zwar flacht Inside Richtung Ende hin etwas ab, ist aber nie uninteressant.

Den größten Anteil daran haben sicherlich Inszenierung, Setdesign und Schauspiel bzw. Casting, wobei Letzteres wohl am prägnantesten sein dürfte. Denn Willem Dafoe spielt sich hier die Seele aus dem Leib und das mit einer Rolle, die ihm genau darauf geschrieben ist. Es gibt wohl kaum jemanden in Hollywood, der den Wahnsinn so ausdrucksstark verkörpert wie Willem Dafoe. Die aufgerissenen Augen, das durchfurchte Gesicht und die hagere Gestalt, durch die alles umso anstrengender wirkt, passen perfekt in diesen Film. Darüber hinaus bietet Inside aber auch immer wieder nuancierte und ruhigere, teilweise sogar recht lustige Szenen, die dem Wahnsinn einen guten Kontrast bieten.

Trotzdem ist die überwiegende Stimmung im Film natürlich Anspannung. Neben dem Schauspiel tun Inszenierung und Setdesign hier ihr Übriges. Hohe Decken, harte Kanten, düstere Farben und komplett steril. Es ist schon fast beeindruckend, eine Wohnung so ungemütlich, gleichzeitig aber noch nach einem Wohnort aussehen zu lassen, wie das in Inside der Fall ist. Und auch die Idee, durch weitestgehend leere Räume, dem ultrabreiten Format des Films und vielen Totalen die Hauptfigur klein und hilflos wirken zu lassen, gehört gelobt. Einen Film, der nahezu die ganze Zeit in einer Wohnung spielt, eher mit einem agoraphoben als einem klaustrophoben Gefühl zu belegen, ist einerseits wunderbar erfrischend, hat gleichzeitig aber auch selbst eine sehr befremdliche Wirkung, die der Stimmung nur weiter zuträglich ist. Dazu kommen die vielen millionenschweren Kunstwerke an den Wänden, die völlig unpassend und unpersönlich als Dekoration in einem Wohnhaus wirken. Ja, die meisten der Bilder sind wahnsinnig interessant, aber auf keinen Fall angenehm anzugucken.

Überlebenswichtig

Abgesehen davon, dass beispielsweise die Gemälde eines Egon Schiele einfach etwas sehr Beunruhigendes an sich haben und so eben zur Stimmung beitragen, haben die Gemälde noch eine weitere wichtige Aufgabe. Und zwar eröffnen sie den Diskurspunkt um den Sinn von Kunst. Welche Bedeutung hat sie? Inwiefern ist sie nur ein Luxusprodukt oder essenzieller Bestandteil des Lebens?

Eingebettet in die Handlung ist das Ganze recht geschickt. Fragen nach Verschwendung und Wohlbefinden tun sich nämlich ganz automatisch auf, wenn man von unfassbar wertvollen Gemälden umgeben um sein Leben kämpft. Was bringt es mir, diese Bilder um mich zu haben, wenn ich so etwas Simples wie Wasser brauche? Was bringt es mir, über die Fragilität von Männlichkeit zu sinnieren, wenn ich auf unbestimmte Zeit allein und isoliert bin? Tatsächlich schafft Inside aber eine durchaus ambivalente Perspektive auf diese Fragen, vor allem wenn es um den psychischen Wert  geht. Natürlich ist kein Kunstwerk so wichtig wie Wasser oder Lebensmittel, aber wie sieht es mit dem Wert unseres Lebens, ohne das Schaffen von und reden über Kunst aus? Kunst hat einen großen Anteil daran, dass wir leben und nicht nur überleben. Und das ist auch in einer solchen Extremsituation wie im Film der Kern menschlicher Existenz. Gerade deshalb ist auch das Geschäft mit der Kunst und Kunst als Wertanlage so absurd.

Diesen Kern bekommt Inside durchaus gelungen vermittelt, ist darüber hinaus aber etwas überladen mit kryptischen Aussagen zu dem Thema. Auch der Subplot der Reinigungskraft sowie die Charakterisierung des Wohnungsbesitzers wirken etwas zu konstruiert und unrund. Insgesamt überwiegt aber das Positive.

Credits

OT: „Inside“
Land: Belgien, Deutschland, Griechenland
Jahr: 2023
Regie: Vasilis Katsoupis
Drehbuch: Ben Hopkins
Musik: Frederik van de Moortel
Kamera: Steve Annis
Besetzung: Willem Dafoe, Gene Bervoets, Josia Krug, Eliza Stuyck

Trailer

https://www.youtube.com/watch?v=JFqMmI14Mr0

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Inside
fazit
„Inside“ ist ein durchaus knackiger Thriller, der mit tollem Schauspiel, einem fantastischen Set und einigen frischen Ideen bei der Inszenierung überzeugen kann. Das Konzept offenbart zwar hin und wieder seine Grenzen, diese lassen sich mit etwas gutem Willen recht problemlos ausblenden. Der thematische Aspekt rund um den Wert von Kunst ist nettes Zusatzmaterial und wertet den Film definitiv auf. Herausragend raffiniert oder einzigartig ist die Auseinandersetzung zwar nicht, aber sie verleiht „Inside“ einen gewissen Rahmen und Persönlichkeit.
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