Jemand den ich mal kannte Somebody I Used to Know Amazon Prime Video
© Amazon Studios

Jemand, den ich mal kannte

Jemand den ich mal kannte Somebody I Used to Know Amazon Prime Video
„Jemand, den ich mal kannte“ // Deutschland-Start: 10. Februar 2023 (Amazon Prime Video)

Inhalr / Kritik

Ursprünglich wollte Ally (Alison Brie) einmal eine bedeutende Dokumentarfilmerin werden. Zu diesem Zweck ließ sie alles hinter sich, ihre Heimat, die Familie, um in der großen Stadt Karriere zu machen. Stattdessen endete sie bei einer Back-Reality-TV-Show. Das war nicht so ganz das, was sie sich vorgestellt hatte, brachte ihr dafür Ruhm. Doch auch der scheint nun vorbei zu sein, nach der aktuellen Staffel ist Schluss. Unschlüssig, wie es in Zukunft weitergehen soll, macht sie sich auf den Weg in ihre Heimatstadt, um eine Zeit lang bei ihrer Mutter Libby (Julie Hagerty) zu wohnen. Dabei läuft sie auch Sean (Jay Ellis) über den Weg, mit dem sie als Jugendliche eine glückliche Beziehung führte, den sie für ihre filmischen Ambitionen aber hinter sich ließ. Auf Anhieb funkt es wieder zwischen den beiden. Davon zumindest ist Ally überzeugt – bis sie erfährt, dass er mit Cassidy (Kiersey Clemons) zusammen ist und die Hochzeit der beiden unmittelbar bevorsteht …

Vom Horror zur Liebeskomödie

Irgendwann sind viele Schauspieler und Schauspielerinnen an dem Punkt, an dem sie sich denken, sie könnten vielleicht doch mehr filmisch aus sich herausholen, indem sie hinter die Kamera wechseln und selbst Regie führen. Einige machten daraus eine richtig große Karriere, etwa Clint Eastwood oder die für mehrere Oscars nominierte Greta Gerwig. Andere gingen beim Seitenwechsel ziemlich baden. Bei Dave Franco steht noch nicht ganz fest, welche Richtung das alles gehen wird. So wurde sein Debüt als Regisseur, der unterhaltsame Horrorfilm The Rental – Tod im Strandhaus, wohlwollend von der Kritik aufgenommen, kam auch beim Publikum an und machte neugierig, was der US-Amerikaner wohl als nächstes angehen würde. Statt eines zweiten Teils, wie das Ende seines Erstlings andeutete, wechselt er komplett das Genre und legt mit dem Amazon Prime Video Film Jemand, den ich mal kannte eine Liebeskomödie vor.

Der Wechsel ist ebenso überraschend, wie es sein Debüt damals war. Dass der auf Komödien spezialisierte Schauspieler mit einem Horrorfilm startet, dürfte nur auf wenigen Bingokarten gestanden haben. Insofern ist der zweite Film schon eher das, was man von ihm erwarten konnte. Hinzu kommt, dass der Titel pünktlich zum Valentinstag erscheint. Das bedeutet aber nicht, dass Jemand, den ich mal kannte deshalb streng alle Erwartungen erfüllt, die man an einen solchen Film hat. Zwar ist sich Franco, der mit Ehefrau und Hauptdarstellerin Alison Brie das Drehbuch geschrieben hat, dieser Erwartungen durchaus bewusst und baut an vielen Stellen die üblichen Klischees einer Romantic Comedy ein. Er hat nur nicht vor, sich im Anschluss auch an diese zu halten, sondern zeigt eine echte Alternative zum liebestollen Einerlei, wie man es gerade bei Streaming-Produktionen aufgetischt bekommt.

Die Suche nach sich selbst

Natürlich steht im Zentrum des Films die klassische Frage, wie sie ein Großteil von Liebeskomödien stellen: Kommen die zwei zusammen? Doch das ist gar nicht das entscheidende Anlegen von Franco und Brie. Wo andere Filme alles dem Endergebnis unterordnen und das Publikum mit romantischem Käse die Welt da draußen vergessen lassen, da ist Jemand, den ich mal kannte sehr viel stärker an den Figuren interessiert. Die sind dann auch deutlich komplexer, als man es aus diesem Bereich kennt. Und deutlich ambivalenter. Wenn in Liebesfilmen bereits vergebene Hauptfiguren Gefühle füreinander entwickeln, wird schnell impliziert: Beziehungen zerstören ist in Ordnung, wenn es der wahren Liebe dient. Außerdem sind die jeweiligen Partner und Partnerinnen der bestehenden Beziehungen meistens doof. Hier ist das weniger eindeutig. So ist Cassidy ein spannender Mensch. Umgekehrt haben Ally und Sean ihre Macken, sind weit von dem Idealpaar entfernt, wie man es sonst sieht.

Aber was heißt schon ideal? Jemand, den ich mal kannte setzt sich damit auseinander, was von den Idealen und Träumen bleibt, die man als junger Mensch hatte. Wie viel auch von einem selbst geblieben ist im Laufe der Jahre. Anstatt eine klassische Liebeskomödie zu drehen, ähnelt das hier zum Teil Young Adult. Dort war es eine gescheiterte Autorin, die in ihre alte Heimat zurückkehrt und die Ehe ihres Ex-Freundes torpediert. Ganz so heftig wird es hier zwar nicht. Ally ist kein völliges Wrack, sondern einfach nur an einem Wendepunkt ihres Lebens, an dem sie sich noch einmal bewusstwerden muss, wer sie ist und was sie will. Die Rückkehr in die Vergangenheit, die gleich auf mehreren Ebenen stattfindet, wird ihr dabei helfen, die eigene Zukunft anders anzugehen. Auch wenn nichts von dem, das Franco da erzählt, revolutionär ist, so ist ihm doch eine der sehenswertesten und sympathischsten Liebeskomödien der letzten Zeit geglückt. Eben weil er sich hier nicht den üblichen Traumkonstrukten hingibt, sondern nah an der nicht immer traumhaften Realität bleibt, bietet der Film erstaunlich viel Identifikationsfläche. Gleichzeitig macht er aufgrund des spielfreudigen Ensembles und einiger skurriler Figuren wegen Spaß.

Credits

OT: „Somebody I Used to Know“
Land: USA
Jahr: 2023
Regie: Dave Franco
Drehbuch: Dave Franco, Alison Brie
Musik: Danny Bensi, Saunder Jurriaans
Kamera: Brian Lannin
Besetzung: Alison Brie, Jay Ellis, Kiersey Clemons, Julie Hagerty, Danny Pudi, Haley Joel Osment

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über den Film erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, mit Regisseur und Co-Autor Dave Franco zu sprechen. Im Interview zu Jemand, den ich mal kannte reden wir über Genrewechsel, künstlerische Ambitionen und Zweifel.

Dave Franco [Interview]

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Jemand, den ich mal kannte
fazit
Nach seinem Horrorauftakt „The Rental“ wechselt Dave Franco bei seiner zweiten Regiearbeit zur Liebeskomödie und erzählt von einer gescheiterten Filmemacherin, die mit ihrem Ex anbandelt – kurz vor dessen Hochzeit. Die Ausgangssituation ist bekannt. Und doch wird hier mit Erwartungen gespielt, wenn es nicht so sehr um die Frage geht, ob sie zusammenkommen, sondern darum, wie mehrere Menschen an einem Wendepunkt in ihrem Leben sind und sich mit sich selbst auseinandersetzen müssen.
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