Luanas Schwur The Albanian Virgin
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Luanas Schwur

„Luanas Schwur“ // Deutschland-Start: 9. Februar 2023 (Kino) // 28. Juli 2023 (DVD)

Inhalt / Kritik

Albanien in den 1950ern. Die Familie ist zufrieden: Luana (Rina Krasniqi) wird Flamur (Nik Xhelilaj) heiraten, so ist es ausgemacht. Dabei rechnete sie aber nicht damit, dass sich das Mädchen später einmal in jemand anderes verlieben könnte. Luanas Vater Gjon besteht dennoch darauf, dass das alte Versprechen eingehalten wird, die Hochzeit soll so schnell wie möglich vollzogen werden. Als er dabei feststellt, dass Flamur seinen Ansprüchen nicht gerecht wird, kommt es zu einer Auseinandersetzung, die tödlich endet. Luana ist fest entschlossen, die Ehre ihrer Familie wiederherzustellen und schwört deshalb Rache. Zu diesem Zweck folgt sie einem alten Brauch und erklärt sich selbst zum Mann …

Eine Frage der Ehre

Und täglich grüßt das Rachetier. Praktisch jede Woche werden Filme veröffentlicht, in denen die Hauptfigur ein schreckliches Unrecht wiedergutmachen muss. Und das bedeutet im Zweifelsfall, dass derjenige, der das Unrecht verursacht hat, sterben muss. Oder Menschen, die in irgendeiner Form eine Mitschuld haben. Bei Pfad der Rache werden beispielsweise Drogenhändler gejagt, in Sniper – The White Raven wird ein ukrainischer Lehrer zum Soldaten, um die russischen Invasoren zu bekämpfen. Auch Luanas Schwur erzählt von einem solchen Racheakt, wenn der Vater der Protagonistin getötet wird. Dafür muss dann wiederum der Mörder sterben, so verlangt es das Ehrgefühl der jungen Frau. Da die anderen sich aber nicht dazu durchringen können, nimmt sie das alles selbst in die Hand.

Und doch lässt sich die europäische Coproduktion kaum mit den üblichen Rachegeschichten vergleichen. So handelt es sich hierbei nicht um einen Actionthriller, wie man ihn sonst bei diesem Thema zu sehen bekommt. Die Szenen der Gewalt sind nicht sehr zahlreich und zudem kurz. Allgemein nimmt der Rachepart keinen so großen Teil der Geschichte ein, wie man es angesichts der Beschreibung erwarten könnte. Stattdessen ist Luanas Schwur ein Drama, das sich mit den Traditionen des ländlichen Albaniens beschäftigt. Da geht es zum einen um Familienkonstrukte, um Begriffe wie Ehre und welche Verpflichtungen die Menschen eingehen, nur indem sie da sind. Es geht vor allem aber auch um Geschlechterrollen, wenn die Protagonistin durch die Bräuche ihrer Gesellschaft zu einem Objekt gemacht wird, über das andere frei verfügen können.

Tradition als Gefängnis

Interessant ist dabei, dass Luana – auch das ist ein alter Brauch – diese Verpflichtungen ablegen kann, indem sie zu einem Mann wird. Dabei handelt es sich nicht um eine körperliche Geschlechtsangleichung, wie sie beispielsweise in Oskars Kleid kürzlich thematisiert wurde. Ein bisschen wird da zwar optisch getan: Haare werden gekürzt, die Kleidung gewechselt, die Brust weggebunden. In erster Linie ist es aber eine symbolische Verwandlung, wenn die Geschlechterrollen und die damit verbundenen Aufgaben ausgetauscht werden. Nur die Sache mit den Beziehungen ist damit vorbei, ganz so weit geht dieser Wechsel von Luana zu Jack, so ihr neuer Name, dann doch nicht. Doch auch so erscheint dieser Brauch, der zuvor beispielsweise in dem Film Sworn Virgin behandelt wurde, kurios.

Dabei geht es bei dem Film nicht darum, den Brauch oder die Menschen zu verurteilen. Er beschreibt lediglich und lässt den Figuren auch genügend Raum für Ambivalenzen – von Flamur einmal abgesehen. So ist nicht nur die Protagonistin eine Gefangene des Systems. Den anderen geht es genauso. Die Erwartungen und Bestimmungen, welche im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, lassen nur wenig Spielraum. Entsprechend bedrückend ist der Film, auch wenn es Szenen der Annäherung gibt. Aber er ist auch sehenswert: Luanas Schwur ist Einblick in eine fremde, zuweilen archaische Kultur, ist zugleich aber auch das spannende Porträt eines Menschen, das sich innerhalb dieser festen Koordinaten selbst sucht. In Kombination mit den stimmungsvoll-rustikalen Bildern ist das Drama ein kleiner Geheimtipp, der trotz seiner Andersartigkeit Stoff für Diskussionen liefert.

Credits

OT: „The Albanian Virgin“
Land: Albanien, Belgien, Deutschland, Kosovo
Jahr: 2021
Regie: Bujar Alimani
Drehbuch: Katja Kittendorf
Musik: Olaf Didolf
Kamera: Jörg Widmer
Besetzung: Rina Krasniqi, Shkurte Sylejmani, Nik Xhelilaj, Kasem Hoxha, Gresa Pallaska, Alban Ukaj

Bilder

Trailer

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Luanas Schwur
fazit
„Luanas Schwur“ erzählt die Geschichte einer Albanerin, die sich zu einem Mann erklärt, um so Rache für den Tod ihres Vaters üben zu können. Der Brauch dürfte für viele kurios sein, der Film selbst ist umso ernster, handelt von Traditionen und Rollen, die für viele zu einem Gefängnis geworden sind.
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