10 Tage eines guten Mannes

Früher einmal, da kämpfte Sadik (Nejat İşler) vor Gericht für Gerechtigkeit. Doch das ist lang her. Inzwischen ist der frühere Anwalt als Privatdetektiv tätig und schlägt sich damit mal besser, mal schlechter durchs Leben. Bei seinem neuesten Auftrag geht es um einen Jungen, der bereits seit mehreren Wochen vermisst wird. Viel Hoffnung hat Sadik nicht, dass er da noch erfolgreich sein kann. Insgeheim geht er davon aus, dass der Vermisste längst tot ist. Dennoch macht er sich an die Arbeit und begibt sich auf Spurensuche. Dabei muss er feststellen, dass vieles nicht so ist, wie es zunächst erscheint. Die Suche nach dem Jungen wird zu einer Erfahrung, die ihn auch selbst verändern wird …

Ein (fast) klassischer Krimi

In den letzten Wochen und Monaten hat Netflix eine ganze Reihe von Titeln aus der Türkei veröffentlicht, die durch ungewöhnliche Szenarien auffallen. In Hot Skull kommt es zu einer Pandemie, welche die Menschen in unkontrollierte Plapperer verwandelt. Sahmaran greift auf die alte Legende der gleichnamigen Königin der Schlangen zurück und verpackt dies in eine Fantasy-Romanze. Da wirkt der neueste Beitrag 10 Tage eines guten Mannes auf den ersten Blick enttäuschend normal. Der Film, der ursprünglich schon einige Wochen zuvor hätte veröffentlicht werden sollen, beginnt zumindest als ganz klassischer Krimi, wenn ein Privatdetektiv einen vermissten Jungen sucht. Ein Szenario, das einem in diesem Genre immer mal wieder begegnet.

Auch der Ablauf ist nicht unbedingt etwas, das einen groß überraschen kann oder auch soll. Natürlich begibt sich Sadik auf Spurensuche, befragt die unterschiedlichsten Leute, versucht irgendwie den Weg des verschwundenen Jungen zu rekonstruieren. Und natürlich ist vieles nicht das, wonach es aussieht. Je mehr der Protagonist in 10 Tage eines guten Mannes nach Antworten sucht, umso mehr stellt sich heraus, dass an der Sache deutlich mehr dran ist. Das Publikum soll gemeinsam mit dem Privatdetektiv rätseln, was es mit allem auf sich hat. Dazu darf noch ein bisschen gezittert werden, ob der Junge nicht vielleicht doch noch lebt und gerettet werden kann. Nur weil jemand nicht gefunden wird, heißt das noch nicht zwangsläufig, dass derjenige tot ist. Beim Netflix-Kollegen Das Mädchen im Schnee war schließlich ein Mädchen sogar jahrelang in den Händen ihrer Entführer.

Die Auswirkungen von Verbrechen

So wie dieser besagte Titel handelt es sich auch bei 10 Tage eines guten Mannes um eine Romanadaption. Genauer hat Mehmet Eroğlu, der auch am Drehbuch des Films beteiligt war, gleich drei Bücher über Sadik geschrieben. Der Clou ist dabei, dass diese keine typischen Krimis sind, in denen die Hauptfigur jedes Mal einen neuen Fall löst und ansonsten alles gleich bleibt. Stattdessen drehen sich die Romane um Sadik selbst und schildern, wie seine Erfahrungen als Privatdetektiv ihn beeinflussen. Genauer sollen diese sehr bitter sein und anhand des Protagonisten wie auch der Figuren, die ihm begegnen, aufzeigen, was es mit den Menschen macht. Sadik mag am Anfang seiner Odyssee noch gut sein, wie es der Titel impliziert. Aber je länger diese geht, umso mehr wird er sich verändern.

Bei dem Film, der auf dem ersten Band basiert, ist das bereits zum Teil zu spüren. Ganz so düster, wie sich das alles anhört, ist das Ergebnis dann aber doch nicht. Mit den abgründig-kaputten Typen, wie wir sie aus skandinavischen Krimis kennen, hat das hier nicht viel gemeinsam. Zum einen ist 10 Tage eines guten Mannes oftmals erstaunlich bunt, was ein ziemlicher Kontrast ist. An manchen Stellen hat der Film auch etwas Skurriles an sich, ist also nicht so betont ernst, wie man es bei einem solchen Szenario erwarten könnte. Insgesamt ist das sehenswert, zumal der Film auch im Hinblick auf die Atmosphäre überzeugt. Es wäre auch zu wünschen, dass die beiden Folgeromane noch adaptiert werden, um zu sehen, was es damit auf sich hat, da die Vorlagen bislang alle nicht ins Deutsche übersetzt wurden.