Alice (Anna Kendrick) befindet sich mit ihrem Freund Simon (Charlie Carrick) in einer auf den ersten Blick glücklichen Beziehung. Als sie sich eines Tages eine Auszeit nimmt und mit ihren Freundinnen Tess (Kaniehtiio Horn) und Sophie (Wunmi Mosaku) einen Urlaubstrip unternimmt, merkt sie, dass die Beziehung alles andere als rosig aussieht. Da sie tagein, tagaus von ihren Traumata gequält wird, hält der Urlaub, der auch als Selbstfindungsphase dienen sollte, nicht lange an. Alice wird aber nicht nur von ihrer Vergangenheit eingeholt, sondern auch mit anderen Problemen konfrontiert, darunter eine innere Unruhe und eine komplizierte Freundschaft zu den anderen Frauen.
Gelungene Unvorhersehbarkeit
Alice, Darling beginnt ziemlich unvorhersehbar. Das Paar scheint glücklich miteinander zu sein und doch hat man das Gefühl, dass dies keine romantische Geschichte wird. Stattdessen brodelt es in den Figuren, was eher subtil ausfällt. Die Frage, welche Richtung der Film einschlagen wird, bleibt jedoch relativ lange ungewiss. Dies stellt sich als deutliche Stärke heraus, gerade weil hier so viel Spielraum für Drama, (Psycho)-Thriller und sogar Mysterium besteht. Da sich die Story auf die Frau fokussiert, ist ein feministisches Portrait à la Promising Young Women auch nicht weit entfernt. Das Publikum tappt aufgrund dessen lange im Dunklen, bis der Groschen fällt.
Brav statt radikal
Gone Girl oder Men gaben in den letzten Jahren fantastische Portraits über toxische Beziehungen ab und hatten auch darüber hinaus viel über Zwischenmenschlichkeit auszusagen. Alice, Darling schlägt zwar in ähnliche Kerben, fällt dagegen jedoch ziemlich brav und alles andere als radikal und intelligent aus. Die Männerzeichnung ist dabei gleichermaßen eindimensional und grundsätzlich problematisch, da dieser nur als toxisch und manipulativ hingestellt wird. Die schüchterne, schwache und paralysierte Frau hingegen ist nicht viel besser. Regisseurin Mary Nighy erweckt dadurch den Eindruck, dass sie weder die gelungenen Gender-Filme der Vergangenheit gesehen hat, noch eigene Ideen einbringen will, um sich mit dem Thema ambivalent auseinandersetzen zu können. Und eh steht die Frage im Raum, was der Film überhaupt aussagen soll, gibt es schließlich schon genug Filme, die mit komplexen und starken Frauen aufwarten können.
Böser Mann, liebe Frau
Nighy stopft den Film statt kritischen Ideen voll mit irrelevanten Szenen, in denen die Frauen singen, tanzen oder einem bunten Feuerwerk zusehen. Alsbald der Mann vor der Tür steht, verstummen die Frauen jedoch. Sollte uns das nicht zu denken geben, wenn die Frauenstimmen gerade bei Themen wie MeToo und toxischen Beziehungen immer lauter werden?
Dass sich Alice am Ende erhebt und dem schlimmen Mann entgegensetzt, hilft da auch nur bedingt. Vielmehr fragt man sich, was der Film im Jahr 2023 zu suchen hat. Die Geschlechterdebatte ist schon sehr viel weiter, das Kino ebenso. Das Drama hat es in der Gesamtheit damit schwer, seinen Platz zu finden. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass der Film selbst als ein Portrait über die Fragilität der Frau versagt, indem uns am Ende die simpelste und trivialste Aussage präsentiert wird: Verlasst euren Mann, wenn er nicht gut zu euch ist. Alice, Darling ist letzten Endes leider narrativ enttäuschend und könnte auch ideologisch kaum banaler sein.
OT: „Alice, Darling“
Land: USA, Kanada
Jahr: 2022
Regie: Mary Nighy
Drehbuch: Alanna Francis
Musik: Owen Pallett
Kamera: Mike McLaughlin
Besetzung: Anna Kendrick, Kaniehtiio Horn, Charlie Carrick, Wunmi Mosaku, Mark Winnick
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)