Island, 1983: Eigentlich hatte Jón (Gísli Örn Garðarsson) vor, zusammen mit seinem Bruder Torfi (Ingvar Sigurdsson) einen Fisch-Trawler zu kaufen. Als dieser Plan fehlschlägt, wittert Jóns Sekretärin und Geliebte Harpa (Nína Dögg Filippusdóttir) ihre Chance, das Geschäft selbst durchzuziehen. Gemeinsam mit ihrem Mann Grímur (Björn Hlynur Haraldsson) und ihren Freunden Freydís (Unnur Ösp Stefánsdótti) und Einar (Guðjón Davíð Karlsson) will sie den Trawler selbst kaufen und groß in den Fischhandel einsteigen. Doch der Weg ist hart und beschwerlich, vor allem da die Fischbestände kontinuierlich abnehmen. Es reicht plötzlich nicht mehr für alle, um davon leben zu können, weshalb drastische Maßnahmen ergriffen werden müssen …
Wettstreit zwischen Ökonomie und Ökologie
Bei arte scheint man sich gerade für Serien zu begeistern, die einen historischen Hintergrund haben. So lief vergangene Woche die italienisch-französische Serie Und draußen die Nacht, welche die wahre Geschichte von der Entführung eines Politikers 1978 erzählt. Und auch „Blackport hat einen wahren Hintergrund. So führt die isländische Produktion vor Augen, wie in den 1980ern die heimische Fischfang-Industrie gewaltige Änderungen durchmachten. Diese hatten zwar prinzipiell ein hehres Ziel, ging es doch darum, die rapide schwindenden Fischbestände zu schützen, bevor es zu spät ist. Doch der Versuch, dies über eine Fangquote zu erreichen, hatte schwerwiegende Folgen für Teile der Bevölkerung, die auf diese Weise alles verloren. Erzählt wird dies anhand eines Unternehmens, das eigentlich aus der Not heraus geboren wurde. Ursprünglich sollte mit dem Trawler nur der Fischfang in der Kleinstadt am Leben erhalten werden. Doch das stellte sich als sehr lukrativ heraus. Und wie das so ist, wenn erst einmal etwas Geld abwirft: Da muss noch mehr drin sein!
Auf diese Weise ist Blackport gleich doppelt aktuell, obwohl die Geschichte vor rund 30 Jahren spielt. So geht es einerseits um den bis heute nicht gelösten Wettstreit zwischen Ökonomie und Ökologie. Tatsächlich erinnern die Diskussionen hier an welche, die kürzlich in Deutschland in den Medien standen. So wurde gefordert, dass die Fischerei mit Grundschleppnetzen verboten wird, da dies auf vielerlei Weise die Natur schädigen würde. Das bedeutete aber auch, dass die lokalen Fischer im Norden Deutschlands sich ihrer wirtschaftlichen Grundlage beraubt sehen. Wie schafft man den Kompromiss daraus, die Natur zu schützen und dabei den Menschen nicht zu vergessen?
Alle Macht dem Geld
Der andere zeitlose Aspekt betrifft das Gesellschaftliche. So zeigt Blackport auf, was die Menschen des Geldes wegen alles tun. Manche vergleichen die Serie deshalb mit Breaking Bad. Das hinkt zwar ein bisschen, da hier nur hin und wieder mal das Gesetz großzügiger ausgelegt wird, anstatt die komplette Existenz darauf aufzubauen. Zumindest aber wird bei beiden deutlich, dass Hemmungen durch die Aussicht auf mehr Geld schnell abgebaut werden. Das betrifft nicht nur die Leute, die das Unternehmen aufziehen und im Überlebenskampf des Kapitalismus einiges in Kauf nehmen. Die Serie beleuchtet auch die Verstrickungen von Wirtschaft und Politik. Wenn beispielsweise Jón eigene Überzeugungen aufgibt, um dafür später seine schützende Hand über seine Geliebte halten zu können, dann kommt da schon einiges zusammen, bei dem man die Augenbrauen heben darf.
Wobei schon vor diesem Aufstieg einiges im Argen liegt. Allein schon die ganzen Betrügereien, die offensichtlich in der Kleinstadt üblich sind – Monogamie spielt in den Ehen keine besonders große Rolle –, bringen eine Menge Sprengstoff mit sich. So etwas wirkt schnell übertrieben im Sinne einer Seifenoper. Bei Blackport funktioniert das aber, da dies mit Humor verbunden ist. Zwar geht die isländische Serie nie so weit, dass man sie als Komödie bezeichnen müsste. Aber es sind schon einige markante bis skurrile Figuren dabei. Zusammen mit der schön nostalgischen 80er-Jahre Atmosphäre kommt da einiges zusammen, weswegen es sich lohnt, hier einmal reinzuschalten. Die Geschichte schafft die Balance aus universellen Themen und individueller Persönlichkeit und wird so zu einer weiteren sehenswerten Serie, die der Kultursender da nach Deutschland holt.
OT: „Verbúðin“
Land: Island
Jahr: 2021
Regie: Gísli Örn Garðarsson, Björn Hlynur Haraldsson, María Reyndal
Drehbuch: Nína Dögg Filippusdóttir, Gísli Örn Garðarsson, Björn Hlynur Haraldsson, Mikael Torfason
Musik: Herdís Stefánsdóttir, Kjartan Holm
Kamera: Hrafn Garðarsson
Besetzung: Björn Hlynur Haraldsson, Gísli Örn Garðarsson, Nína Dögg Filippusdóttir, Unnur Ösp Stefánsdóttir, Guðjón Davíð Karlsson, Anna Svava Knútsdóttir, Kristín Þóra Haraldsdóttir, Selma Björnsdóttir, Ingvar Sigurdsson
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