Dance 100 – Staffel 1

Bei den ganzen Reality-Shows, die Netflix aktuell am laufenden Band rauszuhauen scheint, drängt sich ja fast die Frage auf, ob die Streamingplattform überhaupt noch auf True-Crime-Produktionen setzt. Die waren ja vor gar nicht allzu langer Zeit durchaus eine Art Aushängeschild des Medienunternehmens. Falls die Cheftage in Kalifornien plant, Netflix zum RTL II der Streamingdienste werden zu lassen, wurden dafür in letzter Zeit auf jeden Fall schon die richtigen Schritte eingeleitet. Wer Physical: 100 gesehen hat und dann beim Scrollen durch das überreichhaltige Angebot des Streamingriesens über Dance 100 stolpert, dem werden vielleicht die Augen aufleuchten. Der Import aus Korea ist eine der besten Netflix-Reality-Shows der jüngeren Vergangenheit, wie mag das Konzept, Bodybuilder, MMA-Kämpfer und sonstige fitnessaffine Menschen gegeneinander antreten zu lassen, nun wohl auf Tänzer umgemünzt worden sein?

Wer kann besser choreografieren?

Die ernüchternde Antwort: Gar nicht. Tänzer gibt es hier, auch ganze einhundert davon. Zumindest insgesamt. Vorerst besteht eine Tanzcrew nämlich nur aus sieben Mitgliedern. Diese gehören aber zur Show, sind quasi menschliche Requisiten. In Dance 100 treten acht Choreographen gegeneinander an, die mit der jeweiligen Tanzcrew eine Performance einstudieren, die hinterher von einer Jury bewertet wird. Die Judges? Das sind die Tänzer selbst. Ohne sich mit Tanzshows auszukennen und daher keine Vergleichsmöglichkeit zu haben, klingt das für den Rezensenten zumindest einmal nach einer originellen Idee. Der Gewinner darf 100.000 US-Dollar mit nach Hause nehmen. Das ist zwar für sich genommen ein ganzer Batzen Geld, aber nachdem Outlast in dieser Hinsicht die Messlatte so hoch gelegt hatte, wirkt es doch nicht ganz so beeindruckend.

Mit jeder Folge wird die Herausforderung größer. Müssen die Choreographen in der ersten Episode nur sieben Tänzer koordinieren, sind es in der zweiten schon vierzehn. In der letzten der sechs Folgen muss dann die Verantwortung für die vollen einhundert übernommen werden. Doch nicht nur das, es müssen auch Vorgaben erfüllt werden. Für die zweite Episode wird nicht nur die Crew vergrößert, es müssen auch bestimmte Gegenstände in die Performance mit eingebunden werden. Dance 100 macht keine Gefangenen. Zu Beginn der dritten Episode etwa werden zwei Kandidaten eliminiert statt wie üblich nur einer.

Nervige Teilnehmende

Das affektierte Gehabe der Teilnehmer kann aber schon auf die Nerven gehen. Wenn wieder jemand eine ach so tragische Geschichte vorzutragen hat und andere ach so mitfühlend nicken oder irgendwelche positiven Messages rausposaunen, oder wenn jemand sich ach so verständnisvoll für etwas härtere Kritik bedankt, ist das definitiv nicht jedermanns Sache. Wer sich aber fürs Tanzen interessiert, wird hier vielleicht gut aufgehoben sein. Viele Fachbegriffe während des Judgements werden wohl nicht verstanden werden oder irgendwie aussagelos erscheinen, aber das wird vermutlich schon alles seine Richtigkeit so haben. Die visuelle Präsentation macht es allerdings schwieriger, die Tänze zu genießen. Für die laienhaften Augen des Rezensenten gibt es zwischen den verschiedenen Choreographien sowieso keine großen Unterschiede, aber es hilft sicher nicht, dass die Kamera immer wieder das Publikum einfängt, statt zu zeigen was auf der Bühne passiert.