Louis Mangin (Gérard Depardieu) mag als Polizist dafür sorgen, dass andere sich an Gesetze halten. Ein Vorbild ist er hingegen kaum. Durch seinen jahrelangen und oft vergeblichen Kampf gegen das Verbrechen gezeichnet, hat er keine übermäßigen Skrupel mehr. Auch vor Gewalt schreckt der zum brutalen Zyniker abgestumpfte Mangin nicht zurück. Bei seinem aktuellen Fall um drei tunesische Brüder, die mit Drogen handeln, versucht er es erst noch auf direktem Weg, als er Simon (Jonathan Leina) verhaftet, einen der drei. Als er dabei nicht wirklich weiterkommt, macht er sich an dessen Geliebte Noria (Sophie Marceau) heran. Ursprünglich aus rein beruflichen Gründen an ihr interessiert, findet er bald auch anderweitig Gefallen an ihr. Doch sie verfolgt ganz eigene Pläne …
Der brutale Alltag eines Polizisten
Der Polizist als aufrechter, korrekter Gesetzeshüter? Das ist ein traditionelles, recht idealisiertes Bild, das heutzutage in Filmen nur noch selten Anwendung findet. Ob es die in der Hinsicht besonders berüchtigten Krimis und Thriller aus Skandinavien sind, wo kaputte Typen zum Standardrepertoire gehören, oder auch deutsche TV-Ermittler: Irgendwelche Probleme tragen sie fast immer mit sich herum. Dabei gab es natürlich früher schon Beispiele dafür, dass sich Filme von der alten einseitigen Heldenverehrung verabschieden. Ein sehenswertes ist Der Bulle von Paris, bei dem wir einem Polizisten folgen, bei dem oft genug nicht ganz klar ist, ob er nun zu den Guten oder den Bösen gehört. Vermutlich weiß er es selbst nicht so genau.
Sein Ziel ist dabei sicherlich eins, das zu begrüßen ist. Drei Brüder aus dem Verkehr zu ziehen, die mit harten Drogen handeln, dagegen ist nichts zu sagen. Doch die Art und Weise, wie Mangin mit diesen oder anderen Verdächtigen umgeht, darf einem beim Zuschauen mindestens unangenehm sein. Der Bulle von Paris zeigt den Protagonisten bei seinen Einsätzen, ohne sich zurückzunehmen. Gleichzeitig schlachtet der Film diesen Aspekt aber nicht aus. Vielmehr sind diese Szenen gerade deshalb wirkungsvoll, weil sie so distanziert und nüchtern erzählt werden. Das hat schon auch eine dokumentarische Anmutung. Wären da nicht die beiden großen Stars des französischen Kinos – Gérard Depardieu und Sophie Marceau –, man könnte sogar fast meinen, dass es sich hierbei um das Abfilmen eines echten, wenngleich sehr düsteren Polizeialltags handelt.
Zwischen Sehnsucht und Verbrechen
In der zweiten Hälfte bewegt sich Regisseur und Co-Autor Maurice Pialat (Wir werden nicht zusammen alt) von diesem Aspekt weg. Stattdessen erzählt er dann verstärkt von der sich anbahnenden Beziehung von Mangin und Noria. Auch das ist natürlich innerhalb des Krimigenres keine besonders seltene Entwicklung. Dass sich Polizisten in irgendwelche Zeuginnen verlieben und diese aus dem Sumpf zu retten versuchen, kommt immer mal wieder vor. Doch darin liegt auch die Tragik von Der Bulle von Paris: Der Protagonist hängt hier einem alten Bild an, das gern mal in Filmen verwendet wird. Das bedeutet aber nicht, dass dieses Bild auch wirklich funktioniert. Tatsächlich darf das Publikum hier zusehen, wie sich die Titelfigur verrennt, ohne es zu merken. Die junge Frau weckt in ihm eine Sehnsucht, die sie selbst nicht zu erfüllen gedenkt.
Das ist stark gespielt, von beiden Beteiligten. Gérard Depardieu (Mord in Saint-Tropez) mimt den harten Kerl, der insgeheim unter Einsamkeit leidet. Sophie Marceau (La Boum – Die Fete) fällt die Rolle der geheimnisvollen jungen Frau zu, die sehr viel verschlagener ist, als man es auf den ersten Blick meinen könnte. Der Bulle von Paris richtet sich damit weniger an ein Publikum, das einen spannenden Kriminalfall sehen möchte. Zwar geht es um Verbrechen, geht es um gestohlenes Geld und Drogen. Doch in Erinnerung bleiben mehr die Figuren, die sich durch eine kaputte Welt schlagen. Bleibt das Gefühl, dass die ganzen Kämpfe, die hier überstanden werden müssen, am Ende irgendwie umsonst waren.
OT: „Police“
Land: Frankreich
Jahr: 1985
Regie: Maurice Pialat
Drehbuch: Catherine Breillat, Sylvie Pialat, Jacques Fieschi, Maurice Pialat
Musik: Henryk Mikołaj Górecki
Kamera: Luciano Tovoli
Besetzung: Gérard Depardieu, Sophie Marceau, Richard Anconina, Pascale Rocard, Sandrine Bonnaire, Frank Karaoui, Jonathan Leïna, Jacques Mathou
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