Die Fabelmans

Die Fabelmans

Die Fabelmans
„Die Fabelmans“ // Deutschland-Start: 9. März 2023 (Kino) // 25. Mai 2023 (DVD/Blu-ray)

Inhalt / Kritik

Als Sammy Fabelman (Meteo Zoryon Francis-DeFord) das erste Mal einen Kinofilm sieht, bedeutet das für ihn der Schritt in eine neue aufregende Welt. Doch das bloße Anschauen reicht ihm nicht, er entscheidet später, auch selbst welche drehen zu wollen. Dabei werden seine Ambitionen von Mal zu Mal größer, er bezieht auch immer mehr Menschen in seine Werke mit ein. Doch während er darin seine Berufung zu finden geglaubt hat und er eine Möglichkeit sieht, seine Träume umzusetzen, gerät sein Familienleben in Schieflage. So kriselt es zunehmend zwischen seinen Eltern Burt (Paul Dano) und Mitzi (Michelle Williams). Als sie gemeinsam in eine neue Stadt ziehen, wo der Vater einer beruflichen Aufstiegschance folgt, hat gerade Sammy (jetzt: Gabriel LaBelle) mit der Situation zu kämpfen. Bis ihn eine alte und eine neue Liebe retten …

Erinnerungen an die Kindheit

Wer wie Steven Spielberg alles erreicht hat, was man im Filmbereich erreichen kann, einige der größten Blockbuster aller Zeiten geschaffen und unzählige Preise gewonnen hat, der kann es sich leisten, ein paar Herzensprojekte anzustoßen, die kommerziell eher weniger interessant sind. Und das bedeutet bei ihm, dass er auf seine alten Tage noch einmal zu seiner Kindheit zurückkehrt. Erst drehte er mit West Side Story eine Neuverfilmung des großen Musical-Klassikers, in das er sich als Kind verliebt hatte. Bei Die Fabelmans wendet er sich nun seiner eigenen Kindheit zu. Mehr als zwanzig Jahre spielte er mit dem Gedanken, seine eigene Lebensgeschichte zu verfilmen, entschied sich jedoch immer wieder dagegen. Sich in seinen Filmen von dieser beeinflussen zu lassen, ist das eine. Diese nachzuerzählen, das war dann doch etwas Anderes. Am Ende wählte er einen Kompromiss: Das neueste Werk des Altmeisters ist keine reine Autobiografie, sondern lediglich autobiografisch gefärbt.

Dabei besteht dieses aus zwei unterschiedlichen Hauptthemen. Das erste ist die Geschichte der Familie. Wie es der Titel Die Fabelmans bereits ankündigt, handelt es sich bei dem Drama um das Porträt einer jüdischen Familie. Wir folgen dieser durch glückliche und weniger glückliche Tage. Einige Szenen sind sehr humorvoll, wenn Sammy während seiner Reise ins Erwachsenenalter einigen schrägen Figuren begegnet. Zu denen zählt beispielsweise Monica Sherwood (Chloe East), die erste Liebe des Jugendlichen. Aber auch sein Großonkel Boris Podgorny, eine Rolle die Judd Hirsch eine Oscar-Nominierung einbrachte, ist schon schräg. An anderen Stellen wird es hingegen sehr tragisch, etwa bei der auseinanderbrechenden Ehe der Eltern. Und auch die Erfahrungen an der Schule, wenn Sammy mit Mobbing und Antisemitismus zu kämpfen hat, tragen dazu bei, dass man bei dem Film kein reines Wohlfühlkino erwarten sollte.

Liebeserklärung an das Kino

Diese typischen Coming-of-Age-Elemente verbindet Spielberg, der zusammen mit Tony Kushner das Drehbuch geschrieben hat, mit den filmischen Gehversuchen seines jungen Alter Egos. An diesen Stellen ist der Regisseur natürlich völlig in seinem Element. Es gelingt ihm mit seinen Jungdarstellern Gabriel LaBelle und Zoryan Francis-DeFord nicht nur, die Faszination spürbar zu machen, die Sammy beim Anblick der bewegten Bilder ergreift. Er erweckt diese Faszination auch im Publikum, wenn wir dabei sein dürfen, wie der erfinderische Junior seine Vision der Welt festhält und mit anderen teilt. Die Fabelmans ist damit immer auch eine Liebeserklärung an ein Medium, das wie kaum ein anderes Träume wahr machen kann. Dabei betont Spielberg das Gemeinschaftliche am Filmemachen. Das betrifft nicht nur das Drehen an sich, bei dem der Junge seine Schwestern und andere Kinder miteinbezieht. Auch das Anschauen des Films wird zu einem kollektiven Erlebnis, das Kino – ob nun ein echtes oder ein improvisiertes – wird bei ihm zu einem Ort der Begegnung, in dem man zusammen staunen darf.

Natürlich ist das sehr nostalgisch gefärbt – und das nicht nur, weil der Film in den späten 1950ern spielt. Ein heutiges Publikum kann daran vielleicht weniger anknüpfen, was sich in den Einspielergebnissen widerspiegelt: Wie schon West Side Story enttäuschte das gleichermaßen an ältere Zuschauer und Zuschauerinnen gerichtete Die Fabelmans an den Kinokassen. Anders als so manch anderes Spielberg-Werk, das in Sentimentalität zu ersaufen drohte – Hook beispielsweise –, hat die Familiengeschichte aber genügend Widerhaken und Widersprüchlichkeiten, um nicht zu sehr auf reinen Zuckerguss hinauszulaufen. Vielmehr ist das Drama, welches auf dem Toronto International Film Festival 2022 Weltpremiere hatte, ein Beispiel dafür, wie eng Trauer und Freude zusammenhängen können. Der Film wird hier zu einem Spiegel der Realität und zeigt gleichzeitig die heilende Kraft der Fantasie, die aus dem gewöhnlichsten Alltag etwas Besonderes machen kann.

Credits

OT: „The Fabelmans“
Land: USA
Jahr: 2022
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Steven Spielberg, Tony Kushner
Musik: John Williams
Kamera: Janusz Kamiński
Besetzung: Gabriel LaBelle, Michelle Williams, Paul Dano, Seth Rogen, Judd Hirsch, Mateo Zoryan Francis-DeFord, Sam Rechner, Oakes Fegley, Chloe East

Bilder

Trailer

Filmpreise

Preis Jahr Kategorie Ergebnis
Academy Awards 2023 Bester Film Nominiert
Beste Regie Steven Spielberg Nominiert
Bestes Original-Drehbuch Steven Spielberg, Tony Kushner Nominiert
Beste Hauptdarstellerin Michelle Williams Nominiert
Bester Nebendarsteller Judd Hirsch Nominiert
Beste Musik John Williams Nominiert
Bestes Szenenbild Rick Carter, Karen O’Hara Nominiert
BAFTA 2023 Bestes Original-Drehbuch Steven Spielberg, Tony Kushner Nominiert
Golden Globes 2023 Bester Film (Drama) Sieg
Beste Regie Steven Spielberg Sieg
Bestes Drehbuch Steven Spielberg, Tony Kushner Nominiert
Beste Hauptdarstellerin (Drama) Michelle Williams Nominiert
Beste Musik John Williams Nominiert

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Die Fabelmans
fazit
Mit „Die Fabelmans“ gibt sich Steven Spielberg mal wieder seiner nostalgischen Seite hin. Und doch ist das Drama eines der schönsten Werke des Altmeisters, wenn er seine eigene Familiengeschichte filmisch verarbeitet. Zu gleichen Teilen Coming-of-Age-Drama und cineastische Liebeserklärung zeigt der Film die Welt in all seiner Schönheit und Hässlichkeit, beschwört die heilende Kraft der Fantasie und erinnert an das gemeinschaftliche Erlebnis, sowohl beim Filmdreh wie auch beim Anschauen.
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