Du bist es

Nichts wünscht sich Javier (Álvaro Cervantes) mehr, als die Liebe seines Lebens zu finden. Doch jedes Mal kommt ihm seine besondere Fähigkeit dazwischen: Wenn er jemanden küsst, kann er vorhersehen, wie die Beziehung enden wird. Und so beendet er die Geschichten meist, noch bevor diese wirklich anfangen, um sich den Kummer zu ersparen. Das ändert sich, als er eines Tages Lucia (Silvia Alonso) küsst und dabei eine Vision hat, die eine glückliche gemeinsame Zukunft zeigt. Doch die Sache hat einen Haken, ist Lucia doch die Partnerin seines besten Freundes Roberto (Gorka Otxoa). Während die beiden noch zu verstehen versuchen, was dies für sie bedeutet, macht Javier die Bekanntschaft der ausgeflippten Ariana (Susana Abaitua), bei der nichts nach Plan geht …

Die Zukunft auf den Lippen

In der letzten Zeit hat Netflix wieder diverse Titel veröffentlicht, die sich an ein romantisch veranlagtes Publikum richten. Und an eines, das keine Probleme damit hat, wenn immer wieder dieselben Geschichten erzählt werden. Nur selten ist da mal etwas dabei, das auch tatsächlich einmal einen eigenen Weg geht. Ein Mädchen und ein Kosmonaut war kürzlich eine solche Ausnahme, wenn eine Frau nach 30 Jahren ihren im All verschollenen Freund wiedersieht, der keinen Tag gealtert ist – was ihre aktuelle Beziehung durcheinanderbringt. Und auch Du bist es hebt sich von der zahlreichen Konkurrenz ab, wenn ein Mann über hellseherische Kräfte verfügt, die sich ihm mittels eines Kusses offenbaren. Das ist selbst in einer Zeit des Überschusses an Superhelden und Superheldinnen mal eine originelle Spezialfähigkeit.

Sie bringt auch einige interessante Gedankenspiele mit sich. Kann eine Beziehung funktionieren, deren Ende man bereits kennt? Sollte man eine Partnerschaft eingehen, von der man weiß, dass sie irgendwann auseinanderbrechen wird? Javier verzichtet darauf, was einerseits nachvollziehbar ist, andererseits aber dazu führt, dass er sich auf keinen Menschen mehr wirklich einlässt. Die Moral von Du bist es ist dabei klar: Die spanische Liebeskomödie muntert das Publikum dazu auf, aus der Komfortzone auszubrechen, sich selbst und andere neu wahrzunehmen und vielleicht auch einmal Risiken einzugehen. Wer nichts wagt, wird vielleicht nichts verlieren. Aber man verzichtet doch auch viel, das einen persönlich weiterbringen und das Leben bereichern könnte.

Risikoarmes Plädoyer für mehr Wagnis

Diese Erkenntnis ist natürlich nichts Neues. Viele Filme verstehen sich als Plädoyer für ein Leben voller Wagnisse. Dass sie selbst dabei völlig auf Nummer sicher gehen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Aber das scheint weder die Zielgruppe noch die Filmschaffenden selbst zu stören. So auch bei Du bist es. In dem Moment, in dem Javier Ariana begegnet, dürfte es nur noch wenige vor den Bildschirmen daheim geben, die nicht wissen, in welche Richtung das alles gehen wird. Es ist nicht einmal so, dass man sich viel Mühe dabei gegeben hätte, diese parallele Beziehung aufzubauen. Warum der Hellseher bei ihr nicht voraussagen kann, was die Zukunft bringt, wird ohnehin nicht verraten. Das muss man wie so vieles bei dem Film schlicht als gegeben annehmen und nicht weiter hinterfragen.

Während Du bist es an diesen Stellen schwächelt, ist der Film an anderen doch ziemlich charmant. Schön ist zudem, wie hier über das Paar hinaus eine Reihe von Figuren eine Entwicklung durchmachen darf. Beispielsweise spielt der Verlag, den Javier führt und der selbst in einer Krise steckt, in der Geschichte eine größere Rolle. Mit der Liebesbeziehung hat dieser zwar nicht direkt etwas zu tun. Zumindest fügen sich die diversen Schicksale gut zusammen, da es immer darum geht, dass sich die Figuren irgendwie selbst finden müssen. Wer wollen sie sein? Wer können sie sein? Was haben sie für die Zukunft vor? Auch wenn letztendlich mit Aussagen geknausert wird, vor allem solchen, die über Standardfloskeln hinausgehen, ist das hier doch eine der besseren Liebesgeschichten, die zuletzt auf dem Streamingdienst erzählt wurden.