1926 ist die Stimmung in China angespannt. So gibt es nicht nur Konflikte innerhalb der Bevölkerung, die sich um die weitere Zukunft des Landes streitet. Auch das Verhältnis zum Westen ist getrübt. Das bekommt Kapitän Collins (Richard Crenna) immer wieder zu spüren, der im Auftrag der USA mit dem Kanonenboot USS San Pablo auf dem Yangtse-Fluss patrouilliert. Neuester Zugang in seiner Crew ist der Chefmechaniker Jake Holman (Steve McQueen), der die Arbeit an den Maschinen liebt, jedoch weniger gut mit anderen Menschen kann. Immer wieder gerät er mit diesen aneinander, sowohl an Bord wie auch an Land. Das droht ihm später zum Verhängnis zu werden, als die Lage in China eskaliert und ein Krieg unmittelbar bevorsteht …
Ein von Unglück getränktes Kriegsepos
Unter den großen Regisseuren Hollywoods gibt es kaum jemanden, der es im Hinblick auf die Vielseitigkeit mit Robert Wise aufnehmen konnte. So gewann er seine beiden Regie-Oscars für die Musicals West Side Story und Meine Lieder – meine Träume. Dem Genrekino hat er den Horror-Klassiker Bis das Blut gefriert sowie das Science-Fiction-Abenteuer Star Trek: Der Film geschenkt. Und dann wäre da noch das Todesstrafe-Drama Lasst mich leben, mit dem er in den 1950ern für Diskussionsstoff sorgte. Letzteres lässt sich auch über Kanonenboot am Yangtse-Kiang sagen, ein 1966 veröffentlichtes und für zahlreiche Oscars nominiertes Kriegsepos. Denn hier gibt es drei Stunden lang ein Unglück nach dem anderen, ohne dass man genau sagen könnte, wie es überhaupt dazu kommen konnte.
Im Mittelpunkt stehen dabei die US-amerikanischen Männer, die durch China fahren und dabei von der einheimischen Bevölkerung zunehmend angefeindet werden. Das ist in einer Zeit, in der die Supermächte USA und China eine neue Phase des Kalten Kriegs begonnen haben, von einer erschreckenden Aktualität – obwohl die Geschichte vor knapp 100 Jahren spielt. Auf den ersten Blick scheinen die Rollen in Kanonenboot am Yangtse-Kiang klar verteilt zu sein, wenn Wise die Einheimischen nicht unbedingt von ihrer vorteilhaftesten Seite zeigt. In einer Szene wird ein Chinese von seinen Landsmännern brutal gefoltert. In einer anderen wird eine Chinesin, die mit dem Matrosen Frenchy Burgoyne (Richard Attenborough) liiert ist, ermordet, der unbeteiligte Holman soll dafür des Mordes verurteilt werden. Da ist es nicht schwierig, Parallelen zum heutigen China zu ziehen, welches ungeniert Genozid betreibt und Tatsachen verdreht, wie es ihm gerade gefällt.
Tragisch und fatalistisch
Nur sind die US-Amerikaner in Kanonenboot am Yangtse-Kiang auch nicht gerade die strahlenden Helden. Das fängt schon damit an, dass niemand so genau sagen kann, was überhaupt das Kanonenboot in dem Land zu suchen hat. Dann gibt es Stress mit den sogenannten Kulis: asiatische Tagelöhner, welche die Drecksarbeit erledigen. Auch innerhalb der Crew kommt es zu heftigen Auseinandersetzungen. Da wird dann schon mal Holman bereitwillig geopfert, nur um seinen Frieden zu haben – was wiederum Parallelen zum aktuellen Ukrainekrieg provoziert. Dabei will der eigentlich nur seine Ruhe haben und bei seinen Maschinen bleiben, so wie Collins versucht, die Neutralität zu bewahren und sich aus den Konflikten des Landes herauszuhalten. Doch sie scheitern beide. Längst sind sie in einem Strudel gefangen, aus dem sie sich nicht wieder befreien können, gleich ob sie dagegen aktiv ankämpfen oder passiv bleiben. Das verleiht dem Film auch seine große Tragik: Die Adaption des Romans The Sand Pebbles von Richard McKenna hat etwas sehr Fatalistisches.
Dabei tragen auch die Settings zu der bedrückenden Atmosphäre bei. Ein großer Teil des rund drei Stunden dauernden Films spielen an Bord des titelgebenden Bootes, was automatisch mit klaustrophoben Passagen verbunden ist. Und selbst wenn es mal an Land geht, finden sich die Figuren in beengten Verhältnissen wieder, aus denen es kein Entkommen gibt. Nur selten bietet Kanonenboot am Yangtse-Kiang so etwas wie Lichtblicke, etwa bei Holmans Freundschaft mit dem Maschinisten Po-han (Mako) oder eine kurze Romanze mit der Lehrerin Shirley Eckert (Candice Bergen). Und selbst diese haben keine Zukunft, wenn diese zaghaft errichteten Brücken mit umso mehr Gewalt wieder niedergerissen werden. Die Figuren dürfen sich schon glücklich schätzen, wenn sie am Ende mit ihrem Leben davonkommen. Dass dieses auch noch einen Sinn hat, wäre zu viel verlangt.
OT: „The Sand Pebbles“
Land: USA
Jahr: 1966
Regie: Robert Wise
Drehbuch: Robert Anderson
Vorlage: Richard McKenna
Musik: Jerry Goldsmith
Kamera: Joseph MacDonald
Besetzung: Steve McQueen, Candice Bergen, Richard Attenborough, Richard Crenna, Mako, Marayat Andriane, Larry Gates
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
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Academy Awards | 1967 | Bester Film | Nominiert | |
Bester Hauptdarsteller | Steve McQueen | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Mako | Nominiert | ||
Beste Musik | Jerry Goldsmith | Nominiert | ||
Beste Kamera (Farbe) | Joseph MacDonald | Nominiert | ||
Bestes Szenenbild (Farbe) | Boris Leven, Walter M. Scott, John Sturtevant, William Kiernan | Nominiert | ||
Bester Ton | James Corcoran | Nominiert | ||
Bester Schnitt | William Reynolds | Nominiert | ||
Golden Globes | 1967 | Bester Film (Drama) | Nominiert | |
Beste Regie | Robert Wise | Nominiert | ||
Bester Hauptdarsteller (Drama) | Steve McQueen | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Mako | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Richard Attenborough | Sieg | ||
Beste Nachwuchsdarstellerin | Candice Bergen | Nominiert | ||
Bestes Drehbuch | Robert Anderson | Nominiert | ||
Beste Musik | Jerry Goldsmith | Nominiert |
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