Der Pfau nimmt uns mit in ein abgelegenes Familienanwesen in Schottland, wo eine Gruppe von Investmentbankern an einem Teambuilding-Wochenende teilnimmt. Doch was als Maßnahme gedacht war, um die Leute zusammenzubringen, entwickelt sich bald in eine unerwartete Richtung weiter – auch weil sie sich alle gegenseitig misstrauen. Svenja Jung spielt in der Komödie die Rolle der Rebecca, deren Aufgabe es ist, mit geeigneten Aktivitäten die Gruppe zusammenzuschweißen. Wir haben uns zum Kinostart der Romanadaption am 16. März 2023 mit der Schauspielerin über Teambuilding am Set und Compliance unterhalten.
Was hat Sie an Der Pfau gereizt? Warum wollten Sie bei dem Film mitmachen?
Ich habe vorher noch nie mit Lutz Heineking junior gearbeitet, mochte aber seine Serien Andere Eltern und KBV. Ich mochte auch den Ansatz des Improvisierens, weil ich das noch nie gemacht habe und ich auch noch nie in einer Komödie gespielt habe. Dann gab es einen wunderbaren Cast, der schon feststand. Außerdem gibt es eine Szene, in der ich in einem Hot Tub sitze mit David Kross und Tom Schilling. Wer kann dazu schon Nein sagen?
Kannten Sie den Roman von Isabel Bogdan, auf dem der Film basiert?
Ich kannte ihn nicht, nein, habe ihn dann aber zur Vorbereitung gelesen.
Sie haben eben das Improvisieren angesprochen. Wie sehr haben Sie sich dann an die Vorlage gehalten, wie viel ist improvisiert?
Es gab schon ein festes Drehbuch, zum ersten Mal bei Lutz, der ansonsten sehr viel improvisieren lässt. Wir hatten alle unsere Texte. Wir haben zwischendurch aber auch Plansequenzen gedreht, die lange durchgelaufen sind und wo Raum für Impro war. Dabei sind auch einige witzige Sachen passiert.
Sie meinten, dass dies Ihre erste Komödie ist. Wie würden Sie diese beschreiben?
Sie hat einen sehr unterschwelligen Humor, nicht so auf die Zwölf. Die Komik kommt sehr aus den Figuren heraus. Da weiß man auch nie, was als Nächstes passiert, und es passieren ganz viele schräge Sachen. Das hat für mich etwas von einer britischen Komödie. Mir gefällt das sehr.
Was bringt Sie selbst denn allgemein zum Lachen?
Ich habe gerade White Lotus geschaut – einfach großartig! Was ich auch liebe, ist Modern Family.
Kommen wir zum Film an sich. Wen spielen Sie in Der Pfau?
Ich spiele Rebecca, die als Coachin ein Team von Bankern wieder zusammenfügen soll. Sie hat dabei sehr kreative Methoden, was an einen Kindergarten oder einen Schulausflug erinnert, mit Hütten bauen und Schiff malen.
Denken Sie, dass diese Methoden im realen Leben helfen können als Teambuilding?
Bei dem Schiff weiß ich das nicht so genau. Aber mit Leuten, mit denen man gerade im Clinch ist, im Wald eine Hütte zusammenzubauen, ohne Kontakt zur Außenwelt? Doch, ich denke schon, dass das helfen kann.
Bei den Figuren knirscht es untereinander ganz schön. Wie war denn die Arbeit innerhalb des Ensembles?
Ich bin sehr dankbar, dass ich Teil dieses Ensembles sein durfte und diese sehr unterschiedlichen Spieler durch den Dreh kennenlernen durfte. Wir hatten nicht so viel Zeit zum Drehen, wir hatten ein hohes Pensum jeden Tag. Das war dann schon mal wild. Aber das kann es ja auch sein beim Dreh. Es war auf jeden Fall eine sehr intensive Erfahrung für uns alle und wir haben uns sehr gut kennen und schätzen gelernt in dieser kurzen Zeit.
Gerade beim Filmdreh ist es sehr wichtig, dass man als Team funktioniert. Wie geht man damit um, wenn es nicht funktioniert?
Ich glaube, dass eine offene Kommunikation da sehr hilft. Wir sind alle zum Teil so sehr in unserem Kopf gefangen und denken über alles Mögliche nach. Da wäre es oft besser, sich einfach direkt auszutauschen und so den Knoten zu lösen. Wir trauen uns da nur nicht wegen unserer eigenen Befindlichkeiten.
Gibt es beim Schauspiel denn Teambuilding-Maßnahmen, vergleichbar zu dem, was Ihre Figuren in Der Pfau machen?
Wir haben ja oft vorher Proben. Das würde ich auf jeden Fall als Teambuilding-Maßnahme betrachten. Da man oft in Hotels wohnt, verbringt man auch viel Freizeit miteinander und lernt sich da noch einmal anders kennen. Das ist nach meiner Erfahrung immer sehr förderlich für den Film. Einen Film zu drehen, ist sowieso immer Teambuilding. Vielleicht sollten Banker einfach mal einen Film drehen, da findet man gut zusammen.
Und man erfährt sicher viel über die Anderen, was man vorher nicht wusste.
Auf jeden Fall! Bei dieser Arbeit ist man immer in einer Phase, in der man sehr offen ist, egal ob nun vor oder hinter der Kamera.
Bei den Bankern ist es so, dass sie über Jahre hinweg zusammenarbeiten. Bei der Schauspielerei sind es oft nur wenige Wochen, zumindest bei einem Filmdreh. Macht es die kurze Zeit einfacher oder schwieriger, mit anderen zusammenzuarbeiten?
Ich glaube, das macht es einfacher. Wenn man weiß, dass es von vornherein nur ein gewisser Zeitraum ist, den man gemeinsam verbringt, akzeptiert man die anderen leichter so, wie sie sind. Es ist dann ja eh bald vorbei (lacht). Aber es hat auch Nachteile. Wenn man sich gut versteht, kann es schon sein, dass man im Anschluss in ein Loch fällt und die anderen vermisst.
Im Film ist das Thema Compliance ein großes Thema. Man hat das Gefühl, dass es sich dabei um ein Monster handelt, das in den Schatten lauert. Warum ist es für die Figuren so schlimm, wenn da jemand ist, der nachschaut, ob alles in Ordnung ist?
Weil eben nicht alles in Ordnung ist. Da hat jeder irgendetwas zu verbergen. Am Ende hat zwar keiner wirklich etwas gemacht. Und doch unterstellen sie sich alle gegenseitig, etwas gemacht zu haben.
Braucht es denn solche Compliance-Leute, die nachschauen, ob alles in Ordnung ist?
Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Ich habe zwar manchmal das Gefühl, dass diese ganze Political Correctness dazu führt, dass man sich nicht mehr traut etwas zu sagen. Das sollte es nicht als Ziel haben. Auf der anderen Seite ist es aber wichtig, dass wir uns moralisch richtig verhalten und respektvoll miteinander umgehen.
Wie schafft man es, diese Balance zu halten, dass die Leute einen Raum haben, in dem sie sich sicher fühlen, ohne dass dieser Raum für andere zu einem Gefängnis wird?
Durch Kommunikation. Manchmal machen wir in unseren Köpfen die Sache viel größer, als es eigentlich ist. Wenn wir mehr und offener miteinander sprechen würden, käme es vielleicht nicht zu so einer Anballung.
Gibt es denn im Filmbereich Compliance-Leute, die nach dem Rechten schauen?
Tatsächlich nicht, nein. Es gibt aber auf jeden Fall Personen, mit denen man sprechen kann, wenn man sich unwohl fühlt. Was auch eine tolle Entwicklung ist, dass es jetzt Intimacy Coaches am Set gibt, wenn es um Sexszenen geht oder auch nur Küsse und irgendwelche Berührungen. Während das früher oft etwas unkoordinierter gelaufen ist, gibt es jetzt Menschen, die sich darum kümmern, dass sich alle wohlfühlen in solchen Szenen.
Hatten Sie so jemanden für die Hot Tub Szene?
Nein, hatten wir nicht. Aber jetzt, wo Sie es sagen: Das wäre auch gut gewesen. Aber es war auch so sehr entspannt. Wir haben vorher lange darüber gesprochen und es war mit den beiden eine sehr lustige Erfahrung. Das war schon ein heißer Icebreaker für uns.
Jetzt, da der Film hinter Ihnen liegt, was haben Sie für sich daraus mitgenommen?
Dass ich gern mehr Impro drehen würde. Ich mochte diese Sequenzen sehr gerne und spüre in mir den Drang, das noch weiter auszubauen.
Und wie sieht die Zukunft aus? Was sind Ihre nächsten Projekte?
Es kommen jetzt ein paar Sachen raus, die ich letztes Jahr gedreht habe. Auf der Berlinale lief gerade die Serie Spy / Master. Die Geschichte spielt in den 70er Jahren und erzählt von einem rumänischen Geheimagenten, der nach Amerika übertritt. Für Disney+ habe ich die Serie Sam – Ein Sachse gedreht. Da geht es um einen schwarzdeutschen Polizisten nach der Wende, der zum Symbol für Diversität wurde, sich später aber radikalisiert hat. Die Serie basiert auf einer wahren Geschichte und ist sehr bewegend. Ich spiele darin die Liebe seines Lebens. Und sie startet am 26.April auf Disney+.
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