The Patient

Den Tod seiner Ehefrau hat der jüdische Psyschotherapeut Alan (Steve Carell) noch nicht ganz verkraftet. Die nach außen hin verschleierte, innerlich aber immer noch andauernde Trauerarbeit wird allerdings schon bald von dem nächsten unerwarteten Ereignis unterbrochen: Alan wird entführt. Der Täter ist Sam (Domhnall Gleeson), ein ehemaliger Patient. Dieser war aufgrund einer traumatischen Kindheit, die von Schlägen durch den Vater geprägt war, bei Alan in Behandlung. Bei den normalen Sitzungen sah Sam keine Möglichkeit, sein wahres Problem anzusprechen. Nun, da Alan angekettet im Tiefparterre seines Hauses verweilt, erscheint es ihm sicher genug, sein eigentliches Anliegen vorzutragen: Er ist ein Serienkiller, der einen Weg sucht, seinem Drang zum Morden Herr zu werden …

Nichts Neues im Keller

In der achten Episode von The Patient spielen Sam und Alan eine Runde Tischtennis gegeneinander. Das Hin und Her des Balles hat dabei offensichtlich symbolischen Charakter, es ist eine etwas dynamischere Version des klassischen Schachspiels, welches für solche Szenen gerne metaphorisch verwendet wird. Die Situation ist jedoch nicht aus dem Grund bemerkenswert, den die Miniserie gerne hätte: Zwei Männer, die mehr oder weniger zusammen in einem Raum eingesperrt sind und sich den ein oder anderen verbalen Schlagabtausch liefern, während der kleinere mit Bart die Ruhe selbst zu sein scheint und der größere mit seinen Nerven am Ende ist – die wahren Connaisseure der Kinogeschichte können bei dieser Beschreibung natürlich nicht umhin, als an die Szene genau diesen Inhaltes aus Abbuzze! Der Badesalz Film zu denken. Während der Vergleich fraglos mit einem Augenzwinkern zu lesen ist, offenbart er doch als exemplarische Hyperbel ein Kernproblem von Der Patient: Es gibt hier so gut wie nichts Neues.

Sam ist kein besonders origineller Charakter. Seine Einführung ist durchaus interessant und vielversprechend, doch spätestens nach der vierten Episode ist die Hoffnung verflogen, dass The Patient hier Wort halten kann. Erneut ein wenig zur Übertreibung neigend, ließe sich sogar unterstellen, Sam wäre einfach nur Mittel zum Zweck. Es soll nicht gespoilert werden (wer bereits einige Thriller dieser Art gesehen hat, den wird allerdings sowieso kaum etwas in The Patient groß überraschen), aber was die Serie mit ihren Hauptdarstellern macht, rückt den Titel mit der Zeit in ein anderes Licht als es zunächst den Anschein hatte. Mit zehn Folgen (die meisten davon um die 20 Minuten, die späteren ungefähr doppelt so lange) beansprucht The Patient zudem zu viel Zeit des Zuschauers für sich. Als zwei-, vielleicht zweieinhalbstündiger Film hätte die Sache deutlich besser funktionieren können. So gibt es immer wieder Leerläufe in der Handlung.

Gefangen im Kammerspiel

Sam mag als Charakter langweilig sein, Domhnall Gleeson ist es in seinem Spiel aber nicht. Mit Hingabe holt er das meiste aus der Vorgabe heraus. Steve Carell ist jedoch überragend. Ob sie jetzt Dieter Hallervorden oder Steve Carell heißen, als Komiker bekannte Menschen in ernsten Rollen zu besetzen, erweist sich fast immer als richtige Entscheidung. Auch die Kameraarbeit von Dan Stoloff beziehungsweise Moira Morel ist gelungen. The Patient wird in den zahlreichen im Souterrain stattfindenden Szenen immer wieder zum Kammerspiel. Der Zuschauer wird beinahe zu einem Mitgefangenen von Alan, eingeschleust durch die Linse der Genannten.