Liaison Apple TV+
Vincent Cassel in der Thriller-Serie "Liaison" (© Apple TV+)

Vincent Cassel [Interview]

In Liaison spielt Vincent Cassel den Spion Gabriel Delage, der auf der Suche nach zwei syrischen Hackern ist. Dabei kreuzt sich sein Weg mehrfach mit dem von Alison Rowdy (Eva Green), mit dem ihn eine lange Vorgeschichte verbindet, und die gerade mit gefährlichen Hackerangriffen zu kämpfen hat. Zum Start der Thrillerserie am 24. Februar 2023 auf Apple TV+ hatten wir die Gelegenheit, uns mit dem französischen Schauspieler zu unterhalten. Im Interview sprechen wir über allgegenwärtige Technologien, Paranoia und die Wichtigkeit von Pausen.

Warum wolltest du bei Liaison mitmachen? Was hat dich an der Serie gereizt?

Zunächst einmal hast du als französischer Schauspieler nur selten die Gelegenheit, ein weltweites Publikum zu erreichen. Bei einer Serie auf Apple TV+ wusste ich, dass Millionen von Menschen sie sehen können. Die Serie hat mir aber auch inhaltlich gefallen, weil ich hier einen Spion spielen darf, der sehr französisch ist.

Du hast inzwischen bei mehreren Dutzenden Filmen und Serien mitgespielt. Nach welchem Prinzip suchst du dir deine Rollen aus?

Letzten Endes kann ich als Schauspieler das immer nur auf mich zukommen lassen. Ich verlasse mich da auf meinen Instinkt. Um mich auf ein Projekt einzulassen, muss ich mich dabei gut fühlen. Sonst bringt das nichts. Interessanterweise sage ich übrigens recht häufig ab. Ich halte nicht viel davon, andauernd an irgendetwas zu arbeiten, weil es sich dann nicht mehr nach etwas Besonderem anfühlt. Außerdem sind für mich Freunde und Familie einfach wichtiger als Arbeit. Es hilft dir auch nicht als Schauspieler, wenn du andauernd drehst, weil du dich dann irgendwann anfängst zu langweilen. Und das Publikum merkt das. Deswegen brauche ich zwischendurch Pausen, in denen ich ganz andere Sachen machen kann. In denen ich vielleicht auch an mir selbst arbeiten kann, was letztendlich das Wichtigste ist. Als dann in kurzer Zeit Liaison, Die drei Musketiere und Asterix und Obelix im Reich der Mitte, waren das drei so unterschiedliche Projekte, die ich unbedingt machen wollte, dass ich mir gesagt habe: Ich ziehe das jetzt durch und arbeite ein Jahr ohne Pause. Und so kam es dann auch. Aber das ist die Ausnahme. Durch Covid habe ich ohnehin zwei Jahre lang nicht mehr gedreht, deswegen ging das hier.

In Liaison spielst du an der Seite von Eva Green. Wie habt ihr die Dynamik eurer beiden Figuren erarbeitet?

Ich war schon lange fasziniert von Eva als Schauspielerin und wollte schon immer mal mit ihr zusammenarbeiten, was aber aus den unterschiedlichsten Gründen nie geklappt hat. Als sie bei Liaison zugesagt hat, war das für mich allein schon Grund genug, bei der Serie mitmachen zu wollen. Eva ist eine ganz besondere Schauspielerin, die du kaum mit anderen vergleichen kannst. Und ich denke, dass das bei mir ähnlich ist, weshalb ich mich in ihr wiedererkannt habe.

Liaison Apple TV+
In „Liaison“ spielen Vincent Cassel und Eva Green ein ehemaliges Liebespaar, das durch einen gefährlichen Auftrag wieder zusammenfindet. (© Apple TV+)

Eure Serie erzählt viel von Technologien und wie abhängig wir von diesen geworden sind, was uns umgekehrt verwundbar macht für Angriffe. Warst du je in einer Situation, in der du gedacht hast: Das hier ist mir zu viel Technologie.

Jeden. Einzelnen. Tag. Aber im Ernst: Ich war eigentlich immer ein Technikfreak und war einer der ersten, der mit einem tragbaren Apple herumgelaufen ist, zu einer Zeit, als die Batterien noch so groß wie ein Roller waren. Interesse hatte ich also immer. Aber inzwischen ist das einfach zu viel. Wir sind so entfremdet durch die Bildschirme, die wir ständig vor uns haben. Wenn ich hin und wieder mein Smartphone verliere, ist das eigentlich etwas Positives, weil ich dann mal ohne bin. Ausruhen bedeutet für mich auch, von all dem einmal wegzukommen. Das heißt nicht, dass deswegen alles schlecht ist. Die Technologien geben uns eine sehr große Freiheit. Du kannst beispielsweise vom anderen Ende der Welt aus arbeiten. Aber du brauchst schon richtig viel Rückgrat und Disziplin, sonst wirst du von all dem aufgefressen.

Mit dem Thema verbunden ist auch eine gewisse Paranoia. Die Menschen haben Angst davor, anderen ausgeliefert zu sein oder ständig ausspioniert werden zu können. Wie realistisch hältst du das, wovon ihr erzählt?

Um ehrlich zu sein: Ich denke, es wäre ziemlich naiv, heutzutage nicht paranoid zu sein. Wahrscheinlich sind wir sogar nicht paranoid genug. Wir haben alle diese Geschichten gehört, wie wir durch diese Technologien ausspioniert werden. An vieles haben wir uns inzwischen schon so sehr gewöhnt, dass es für uns normal geworden ist. Schau dir nur die Propaganda an, die mit den sozialen Medien verbunden ist. Oder Julian Assange, der noch immer ein Gefangener ist, weil er Sachen verraten hat, die niemand wissen sollte. Oder Edward Snowden. Insofern ist es schon wichtig, ein bisschen paranoid zu sein. Gleichzeitig darfst du auch nicht zu paranoid werden, weil auch das dich kontrollierbar macht.

Es gibt Unmengen an Filmen und Serien über Spione. Was unterscheidet Liaison deiner Meinung nach von diesen?

Ich hoffe, dass Liaison etwas realistischer ist und besser die Einsamkeit aufzeigt, die mit der Arbeit eines Spions verbunden ist. Das ist nichts Glamouröses bei dieser Arbeit. Es ist düster, einsam und gefährlich. Du kannst allein in einer Wüste sterben, ohne dass es jemand mitbekommt.

Du hast neben Liaison in vielen anderen Thrillern mitgespielt. Was macht für dich einen guten Thriller aus?

Du brauchst Spannung. Es darf zwar zwischendurch einmal ruhiger werden, aber du brauchst eine gewisse Grundanspannung, die sich durch die ganze Geschichte zieht. Du kannst nicht die ganze Zeit irgendwelche Autos explodieren lassen, das reicht auf Dauer nicht. Liebe ist gut. Eine sexuelle Anziehungskraft. Etwas, das auch dann da ist, wenn es gerade nicht gezeigt wird.

In der Serie gibt es auch eine Reihe von Actionszenen. Planst du, mehr in diese Richtung zu machen?

Ich habe keine Pläne, um ehrlich zu sein. Mein einziger Plan besteht darin, mich vom nächsten Projekt überraschen zu lassen. Ich bin sowieso jedes Mal überrascht, wenn man mich fragt, ob ich irgendwelche Actiongeschichten machen möchte. Ich würde mich selbst nicht fragen, freue mich aber, wenn die Leute mir das abkaufen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Vincent Cassel wurde am 23. November 1966  in Paris geboren. Zunächst stand es nicht zur Debatte, dass Vincent Cassel in die Fußstapfen seines Vaters Jean-Pierre treten könnte, der als Schauspieler weltweit bekannt war. Stattdessen ging der rebellische Jugendliche an eine Zirkusschule. Später nahm er aber doch Schauspielunterricht am Actors Institute in New York, trat am Theater und im Fernsehen auf. Mit Mitte zwanzig folgten die ersten Kinofilme. Dabei lernte er den Schauspieler und Regisseur Mathieu Kassovitz kennen, mit dem er anschließend viele Male zusammenarbeite, allen voran in HassMit dem Drama über drei Jugendliche in einem Pariser Banlieu feierte Cassel seinen Durchbruch. Der Darsteller war anschließend in seiner Heimat sehr gefragt, feierte aber auch international Erfolge. Unter anderem war er in Ocean’s Twelve und der Fortsetzung, in dem Thriller Black Swan, dem Action-Reboot Jason Bourne und dem Historiendrama Elizabeth zu sehen.



(Anzeige)