Der Schock ist groß bei Wendell Armbruster Jr. (Jack Lemmon), als er erfährt, dass sein Vater während seines Italienurlaubs tödlich mit dem Wagen verunglückt ist. Da im Anschluss viel organisiert werden muss, reist der US-amerikanische Erbe eines großen Unternehmens selbst an den malerischen Ort, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Doch schon auf dem Weg geht irgendwie alles schief. So kommt es zu einem blöden Missgeschick mit seinem Reisepass. Und dann gerät er auch noch mit der britischen Touristin Pamela Piggott (Juliet Mills) aneinander, die ihm immer wieder über den Weg läuft. Ein Zufall ist das nicht, saß ihre Mutter doch neben Armbruster senior in dem Unglückswagen. Und das ist nicht das Einzige, was die zwei gemeinsam haben, wie der Geschäftsmann entsetzt feststellt: Die beiden Verstorbenen hatten seit Jahren eine Affäre und trafen sich jeden Sommer in dem Hotel …
Eine ausgezeichnete Komödie
Billy Wilder ist ohne Zweifel einer der ganz großen Regisseure des 20. Jahrhunderts gewesen. Dabei zeigte er in einer Vielzahl von Genres sein Talent, sei es bei Komödien (Manche mögen’s heiß), Dramen (Boulevard der Dämmerung) oder dem Agatha Christie Krimi Zeugin der Anklage. Aber nicht alle Filme des gebürtigen Österreichers waren Volltreffer. Eines seiner weniger beachteten Werke war dabei die Komödie Avanti, Avanti!. Die war zwar seinerzeit für mehrere Golden Globes im Rennen, Jack Lemmon wurde dabei auch als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Dennoch waren die Kritiken eher gemischt. An den Kinokassen hinterließ die Geschichte um zwei Menschen, die der Tod ihrer Eltern näherbringt, auch nicht wirklich viel Eindruck.
Dabei ist der Film durchaus amüsant, auch mehr als 50 Jahre später. Im Grunde folgt er dabei einem bei Liebeskomödien noch immer sehr gern verwendeten Konzept. Da treffen sich zwei Menschen, die nichts miteinander gemeinsam haben und die zunächst auch ständig aneinandergeraten. Bei Avanti, Avanti! geht das noch etwas weiter, da darf auf eine Weise beschimpft werden, wie es sich viele der heutigen 08/15-RomComs nicht trauen würden. „Fettarsch“ geht dann doch eher weniger als Kosename durch. Allgemein wird im Film immer mal wieder leichtes Fat Shaming betrieben, was inzwischen nicht unbedingt mehr angenommen würde. Wobei sich die Komödie gar nicht so sehr über das Gewicht als solches lustig macht, dann schon eher über die Versuche der Protagonistin abzunehmen.
Gut gelaunt und überlang
Dass das Ganze nicht übel aufstößt, hängt aber auch mit der Grundaussage des Films zusammen, bei der es darum geht, nicht zwanghaft Normen entsprechen zu wollen. Wen interessiert es, wenn man ein paar Kilo mehr drauf hat? Wenn man auch außerhalb der Ehe sein Glück findet? Die Adaption eines Theaterstücks von Samuel Taylor zeichnet sich dabei durch eine enorme Lebensfreude aus. Das bedeutet auch, dass die beiden Hauptfiguren lernen müssen, sich selbst und einander zu akzeptieren. Zu den schönsten Szenen von Avanti, Avanti! gehört, wenn Pamela gelöst durch die Straßen streift oder nackt durchs Meer schwimmt, sich nicht darum schert, wenn andere sie sehen. Wilder nimmt sich dabei durchaus auch satirisch seiner Mitmenschen an, ob es nun in Gestalt des heuchlerisch zugeknöpften Wendell ist oder bei den diversen Leuten, die schamlos die Situation für sich ausnutzen wollen und leichte Krimielemente hineinbringen.
Diese sind durchaus amüsant, tragen aber auch dazu bei, dass der Film sehr lang ist. Eine Laufzeit von fast 140 Minuten ist bei einer Liebeskomödie schon exzessiv, da hätte es nicht jede einzelne Szene gebraucht. Und doch macht Avanti, Avanti! Spaß. Das gut aufgelegte Ensemble ist eines der Hauptargumente, warum man sich das hier anschauen kann. Zu diesem zählt auch Clive Revill als Hotel-Direktor Carlo Carlucci, der überall Feuer löschen muss, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen. Das andere ist das Setting. Die malerischen Landschaften und der rustikale Charme bringen selbst dann Urlaubsatmosphäre mit sich, wenn sich mal wieder die Ereignisse überschlagen und das gesamte Unternehmen Leichen-Rückholung im kompletten Desaster zu enden droht.
OT: „Avanti!“
Land: USA, Italien
Jahr: 1972
Regie: Billy Wilder
Drehbuch: Billy Wilder, I.A.L. Diamond
Vorlage: Samuel Taylor
Musik: Carlo Rustichelli
Kamera: Luigi Kuveiller
Besetzung: Jack Lemmon, Juliet Mills, Clive Revill, Edward Andrews, Gianfranco Barra, Franco Angrisano, Pippo Franco
Preis | Jahr | Kategorie | Ergebnis | |
---|---|---|---|---|
Golden Globes | 1973 | Bester Film (Komödie oder Musical) | Nominiert | |
Beste Regie | Billy Wilder | Nominiert | ||
Bestes Drehbuch | Billy Wilder, I.A.L. Diamond | Nominiert | ||
Bester Hauptdarsteller (Komödie oder Musical) | Jack Lemmon | Sieg | ||
Beste Hauptdarstellerin (Komödie oder Musical) | Juliet Mills | Nominiert | ||
Bester Nebendarsteller | Clive Revill | Nominiert |
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