Der Illusionist 2022
© Bildersturm Filmproduktion

Der Illusionist (2022)

Der Illusionist 2022
„Der Illusionist“ // Deutschland-Start: 27. April 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

2014 wurde der bekannte Kunsthändler Helge Achenbach wegen Betrugs angeklagt und Monate später zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Von einem Tag auf den anderen bricht die Hölle über ihn ein. Seine Frau, die Kunsthistorikerin Dorothee Achenbach, weiß nicht, wo ihr der Kopf steht. Stinkreiche Kläger, sensationsgeile Medien und horrende Geldbeträge machten alles nur noch schlimmer. Es folgte ein ellenlanger Prozess, der nun von der deutschen Dokumentarfilmerin Birgit Schulz aufgerollt wird. Dabei geht es auch um den Kunstmarkt, der mittlerweile fragwürdige Dimensionen angenommen hat.

Deutsche Kunstgeschichte

Die Neugier ist groß, hört man in den Medien von dem nächsten Kunstskandal. Der Fall von Wolfgang Beltracchi oder die dänische Kunst-Dokumentation The Lost Leonardo sind hierbei nur zwei Beispiele unter vielen, die einfach zu spannend klingen, um sich nicht damit auseinanderzusetzen. Ergänzt wird die Reihe nun durch den Fall des Kunsthändlers Helge Achenbach aus Düsseldorf, der vor fast 10 Jahren vor Gericht stand. Dadurch, dass sich Schulz im ersten Drittel auf die Anfänge von Achenbach stützt, wird das Publikum ein gutes Stück auf die Folter gespannt. Was ist genau passiert? Wie kam es zu dem Prozess? In Hinblick auf solche Fragen erfordert es einiges an Sitzfleisch, da es seine Zeit braucht, um sämtliche Verbindungen herzustellen.

Akademischer Touch

Durch den Fokus auf Nostalgie und die Nachzeichnung, wie sich der Kunstmarkt in Deutschland entwickelt hat, weist Der Illusionist schnell einen kunstwissenschaftlichen Touch auf. Zu sehr stellt sich der Eindruck ein, dass die Dokumentation in Uni-Seminaren vermutlich besser aufgehoben wäre als im Kino. Dies hat auch damit zu tun, dass Schulz ein gewisses Vorwissen zur Kunstwelt voraussetzt. Bringt man dies als Laie nicht mit, stellen sich dementsprechende Probleme ein, um bei der nostalgischen Aufarbeitung der 70-80er Jahre konzentriert am Ball bleiben zu können.

Eine verdrehte Kunstwelt

Kommt Schulz dann zum Punkt, bei dem der Betrugsvorfall aufgedröselt wird, macht sich schnell bemerkbar, warum das alles so stark nach hinten hinausgezogen wurde. Es handelt sich in dem Fall „nur“ um unverhältnismäßige und unberechtigte Preisaufschläge (sowie Urkundenfälschung und Untreue – nur der Vollständigkeit wegen), weshalb Achenbach von der Kunstsammlerin Babette Albrecht (stinkreiche Erbin der ALDI-Familie) verklagt wurde. Erst jetzt wird es interessant, wenn die Kunstwelt, aber auch die Reibungen zwischen Kunsthändler und Kunstsammler unter die Lupe genommen werden. Ein Spruch fällt dann an einer Stelle, mit der man den Fall, Film, aber auch die Kunstwelt als Ganzes anschaulich zusammenfassen könnte: „Die Preise machen alles kaputt“.

Es ist vermutlich ein Fall unter vielen, wenn sich herauskristallisiert, dass Kunst in den höchsten Kreisen nur noch als Investitionsobjekt betrachtet wird und Kunsthändler schön dumm wären, würden sie sich übers Ohr hauen lassen. Der Illusionist gibt sich in der Gesamtheit damit recht relativistisch: Unabhängig davon, dass Achenbachs Preisaufschläge moralisch und rechtlich jede Menge Angriffspotential bieten, entsteht schnell der Eindruck, dass er noch eher den „wahren“ Wert von Kunst erkennt als die Superreichen, die wegen 100.000 € mehr gleich aufmucken. Letztlich erzählt die Dokumentation in der Gesamtheit mehr über den Kunstmarkt als über Achenbach an sich.

Credits

OT: „Der Illusionist“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Birgit Schulz
Drehbuch: Marita Loosen-Fox, Birgit Schulz
Musik: Pluramon
Kamera: Marie Zahir

Bilder

Trailer



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Der Illusionist (2022)
Fazit
"Der Illusionist" zeichnet zu Beginn das frühe Leben des Kunsthändlers Achenbach nach. Interessant wird es jedoch erst dann, wenn die Reibung zwischen Kunsthändler und Kunstsammler unter die Lupe genommen wird.
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