Die Krankenschwester

Als die Krankenschwester Pernille Kurzmann Larsen (Fanny Louise Bernth) ihre neue Stelle im Nykobing Falster Krankenhaus antritt, fällt ihr sofort ihre Kollegin Christina Aistrup Hansen (Josephine Park) auf, die bei einem Notfall geistesgegenwärtig reagiert und damit Schlimmeres verhindern kann. Allgemein erfreut diese sich großer Beliebtheit, ist für ihren hohen Einsatz und die Fachkenntnis bekannt. Zunächst kommt Pernille mit Christina gut aus, bewundert sie für ihre Nervenstärke, während sie selbst mit einem Todesfall zu kämpfen hat, der während einer ihrer Schichten geschehen ist. Es wird nicht der letzte sein. Tatsächlich häufen sich die Tode, auch Menschen, die eigentlich auf dem Weg der Besserung waren, versterben plötzlich. Bis Pernille ein schrecklicher Verdacht kommt: Was wenn Christina etwas mit der Geschichte zu tun hat?

Mord im Krankenhaus

Eigentlich sind Krankenpflegende dafür da, den Menschen zu helfen und sie wieder gesund zu machen. Umso erschreckender ist, wenn in dem Beruf Leute arbeiten, die das genaue Gegenteil tun und gezielt Patienten und Patientinnen verletzen, sie vielleicht sogar töten. Das kommt häufiger vor, als man denkt. Zumindest könnte man diesen Eindruck gewinnen angesichts diverser Titel, die in den letzten Monaten erschienen sind und die von solchen besonders heimtückischen Morden handeln. Den Anfang machte der deutsche Film Das weiße Schweigen, der von der wahren Geschichte des Pflegers Niels Högel inspiriert war. Danach ging es in der US-Produktion The Good Nurse um den Krankenpfleger Charles Cullen weiter, der bis zu 400 Leute ermordet haben soll. Nun steht in der Netflix-Serie Die Krankenschwester ein Ausflug nach Dänemark auf dem Programm.

Auch hierbei handelt es sich um eine mit Schauspielern und Schauspielerinnen umgesetzte True-Crime-Produktion. Genauer wird die Geschichte von Christina Aistrup Hansen nacherzählt, die wie die beiden Kollegen oben ihr anvertraute kranke Menschen getötet haben soll. Im Vergleich zu den obigen Mördern war die Dänin zurückhaltend, zumindest wenn es um die offiziellen Fälle geht. Wobei Die Krankenschwester zwischendurch nahelegt, dass es schon früher Tötungsdelikte gegeben haben muss. Wirklich vertieft wird das aber nicht, mehr als eine kurze Szene war das Regisseur und Serienschöpfer Kasper Barfoed (Der Kastanienmann, Der Kandidat) nicht wert. Das ist eigenartig, weil man doch davon ausgehen darf, dass die Mordreihe nicht erst mit dem Eintreffen von Pernille begonnen hat.

Zu wenig aus der Zeit gemacht

Letztere ist dabei die Protagonistin der Serie. Wie bei den obigen zwei Beispielen wird die Geschichte aus Sicht einer Kollegin erzählt, die der Sache auf die Spur kommt und versucht, das mörderische Treiben aufzuhalten. Doch das ist nicht einfach, wenn Beweise fehlen und der Vorwurf so unglaublich klingt, dass niemand davon hören will. Vor allem nicht, wenn der Druck ohnehin schon so groß ist. Bei The Good Nurse war dies ein wichtiger Faktor, der Film thematisierte – und skandalisierte –, wie sich die Verantwortlichen nicht für die Vorkommnisse interessieren, diese teilweise sogar vertuschen wollen. Wäre schlecht fürs Geschäft. Bei Die Krankenschwester fällt auch das ziemlich kurz aus, da war die Konkurrenz spannender.

Das ist auch deshalb enttäuschend, weil es sich hier um eine Serie handelt. Die ist zwar nicht sehr lang, die vier Folgen dauern insgesamt nur etwas mehr als drei Stunden. Aber es ist doch länger als die zwei anfangs genannten Filme, die trotz allem mehr zu erzählen hatten. Das hängt auch damit zusammen, dass Die Krankenschwester unnötig Zeit auf das Privatleben der Protagonistin verschwendet. Außerdem kommt es zu einer Reihe redundanter Szenen, in denen Pernille einfach nur mit offenem Mund herumsteht. Nachvollziehbar ist das sicherlich, aus Sicht des Publikums jedoch ein bisschen wenig. An manchen Stellen gelingt es zwar trotz allem Spannung zu erzeugen. Und natürlich ist und bleibt die zugrundeliegende Geschichte schockierend. Bei dem Überangebot schockierender True-Crime-Produktionen ist das aber nicht genug.