Ehrliche Leute

Als der Wagen von der Straße abkommt und in Flammen aufgeht, schafft es dessen Fahrer Tom Leroy (Lucas Meister) zwar noch, sich in letzter Minute zu befreien. Doch für seine Frau Lina (Bérangère Mc Neese) kommt jede Hilfe zu spät. Der Schock ist groß, sowohl bei dem trauernden Witwer, der einen so schweren Schicksalsschlag verkraften muss, wie auch bei dessen Umfeld. Nur Philippe (Michaël Abiteboul), der ebenso wie Leroy bei der Polizei arbeitet, ist misstrauisch. Könnte es sein, dass Tom den Unfall nur vorgetäuscht und in Wahrheit seine Ehefrau kaltblütig ermordet hat? Von diesen Theorien will sonst aber niemand etwas wissen, am wenigsten der Polizeichef Roger Rabet (Dominique Pinon), der ebenfalls vor Jahren seine Frau durch einen Unfall verloren hat. Doch Philippe gibt nicht auf und ermittelt auf eigene Faust weiter – bis er eine schockierende Beobachtung macht …

Düsteres am Donnerstagabend

Donnerstagabend gibt es bei arte bekanntlich düstere Stoffe im Serienformat. Dabei nimmt uns der Sender mit in die unterschiedlichsten Länder. Unter anderem durften wir in diesem Kontext zuletzt den israelischen Krimi Manayek: Die Verräter über Korruption in der Polizei sehen. Und draußen die Nacht handelte von der Entführung eines italienischen Politikers. Bei Blackport drehte sich alles um ein isländisches Fischerdorf, das zum Spiegel eines Landes im Wandel wurde. Nun steht mal wieder Belgien auf dem Reiseprogramm. Genauer spielt Ehrliche Leute im Grenzbereich von Belgien und Frankreich, wenn ein tragischer Autounfall weitreichende Folgen hat und sich dabei nicht nur der Wagen überschlägt.

Anfangs meint man noch, dass es sich dabei um einen traditionellen Krimi handelt, bei dem die Hauptfigur in einer Sache ermittelt und die Wahrheit herausfinden muss. Dass niemand Philippe glauben mag, verstärkt das Ganze noch. Schließlich ist das ein ganz klassisches Genreszenario. Doch schon in der ersten von sechs Folgen wird die Erwartung auf den Kopf gestellt. Während die anfängliche Vermutung die ist, dass Tom seine Frau ermordet hat, stellt sich dann heraus – Vorsicht Spoiler –, dass seine Frau noch lebt und die Tote jemand völlig anderes war. Genauer haben Tom und Linda die Sache gemeinsam eingefädelt. Wer einen Krimi sucht, bei dem man viel rätseln darf, der ist bei Ehrliche Leute daher an der falschen Adresse. Die „Auflösung“ gibt es mehr oder weniger gleich zum Anfang.

Spannung bis zum Schluss

Und doch ist die Serie durchaus spannend. Eine Frage betrifft dabei das Motiv: Was genau steckt hinter dieser Geschichte? Wobei auch das vergleichsweise früh verraten wird, in der ersten Hälfte finden sich recht viele Flashbacks, um das Publikum auf den neuesten Stand zu bringen. Die eigentliche Spannung bei Ehrliche Leute besteht darin, wie es denn im Anschluss mit den Leroys weitergeht. So wird es zunehmend schwieriger, mit diesen Lügen und dem Verbrechen zu leben. Zumal später noch weitere Wendungen hinzukommen, die das alles weiter verkomplizieren. Denn die Ermittlungen gehen weiter, wodurch es für den Polizisten zu einer heiklen Situation kommt und er gleichzeitig normal arbeiten und sabotieren muss. Die Zuschauer und Zuschauerinnen dürfen auf diese Weise mitfiebern, welche Seite am Ende gewinnen wird.

Unterwegs werden mehrere Genres gestreift. Manche Passagen sind eher tragisch, später kommt die angesprochene Spannung hinzu. Zwischendurch darf man aber auch immer mal wieder lachen, wenn die chaotische Situation mit Humor geschildert wird. Konstant bleibt dafür der Unterhaltungsfaktor. Ehrliche Leute macht von Anfang an Spaß und ist eine weitere kleine Perle, die dank arte ihren Weg zu uns findet. Vor allem der Vergleich zu den deutschen TV-Krimis dieser Woche – Der Dänemark-Krimi: Blutlinie und Nord Nord Mord: Sievers und der erste Schrei – fällt eindeutig zugunsten der belgischen Serie aus. Der Abstand ist sogar so groß, dass man sich wünschen würde, hiesige Fernsehredaktionen würden häufiger mal einen Blick darauf werfen, was bei den anderen so läuft und sich davon auch einmal inspirieren lassen.