Jahrelang war Adam (Iedil Putra) einer der gefragtesten Tatortfotografen Kuala Lumpurs, dessen Aufnahmen mehr als einmal die Ermittler auf die richtige Fährte führten. Mit der Zeit hinterließen die schrecklichen Verbrechen jedoch einen bleibenden Eindruck bei dem jungen Mann, der auch privat von den Grausamkeiten eingeholt und bis in seine Träume hinein verfolgt wurde. So ist er skeptisch, als ihn ein alter Freund, Detective Man (Shaheizy Sam), damit beauftragt, bei einer aktuellen Mordermittlung noch einmal als Fotograf zu agieren. Da er Man zum einen noch etwas schuldig ist und ihn zu anderen ein Detail des Falles interessiert, nimmt Adam letztlich an. Bei seinen Opfern, deren Adern und Venen teils aus dem Körper gezogen worden sind, hinterließ der Täter nämlich ein zersplittertes Glasnegativ. Durch seine Kontakte gelingt Adam nicht nur die Wiederherstellung der Aufnahme, sondern auch das Finden der Quelle, ein Buch über Eingeborenenstämme in Borneo, das in die 1910er Jahre zurückreicht.
Parallel macht Adam Bekanntschaft mit seiner Nachbarin Iva (Prisia Nasution), die ebenfalls in den Fall verwickelt zu sein scheint und Adam um einen Gefallen bittet. Er soll ebenfalls ein Negativ finden und zu ihr bringen, welches nach einer Razzia vor vielen Jahren sich im Besitz der Polizei befindet. Dafür wird sie ihn mit Informationen zum Fall versorgen. Die Informationen Ivas sind jedoch alles andere als aufschlussreich, sondern lassen Adam mit noch viel mehr Fragen zurück. Als ihm und Man schließlich fast die Überführung des vermeintlichen Mörders gelingt, wird ihnen klar, dass sie es mit einem Gegner zu tun haben, dessen Kräfte ihnen weit überlegen sind.
Fotografie und Seele
Während der Recherche für das Drehbuch zu Bunohan: Return to Murder stieß Regisseur und Autor Dain Said auf eine Fotografie des Forschers Carl Lumholtz, welches eine Gruppe von Frauen in Borneo zeigte. Als er mehr über die Aufnahme nachdachte, erinnerte er sich zudem an den Aberglauben vieler Eingeborenenstämme, die glaubten, wenn sie fotografiert würden, würde dies ihnen die Seele stehlen. Aus diesen Gedanken formierte sich langsam aber sicher die Idee zu Interchange, der im Rahmen einer Retrospektive auf dem diesjährigen HARD:LINE Festival zu sehen ist, und eine Mischung aus Mystery-, Fantasy- und Thrillerlementen zu bieten hat.
Wie er in vielen Interviews betont, ist Regisseur Dain Said stolz darauf, dass sich seine Werke nicht einem Genre zuordnen lassen und viele Elemente miteinander vermischen. Dies erklärt unter anderem, warum Interchange wie ein Thriller in der Tradition von David Finchers Sieben beginnt und sich immer mehr seinen übersinnlichen und fantastischen Aspekten widmet. Dieser erste Teil ist dabei noch der solidere, auch wenn die Charaktere, vor allem die Ermittler, in beinahe jedes Klischee hineinpassen, was man von solchen Figuren erwartet. Die beiden Hauptfiguren sind da leider nicht viel besser, wobei man vor allem Iedil Putra in seiner Theatralik gerne öfter hätte bremsen können. Dafür funktionieren aber zumindest die visuellen Komponenten von Interchange, allen voran die stimmungsvollen Aufnahmen Jordan Chiams, der Kuala Lumpur wie einen urbanen, düsteren Dschungel wirken lässt, was im Laufe der Handlung immer wichtiger wird.
Jagd nach Negativen
Arg nach unten in Sachen Spannungskurve geht es spätestens dann, wenn man als Zuschauer die Wahrheit über die Morde erfährt, sowie die bereits erwähnten fantastischen Elemente immer mehr in den Fokus geraten. Auch wenn die Effekte solide sind, kommt man nicht umhin, gewissen Verwandlungen von Figuren eine unfreiwillige Komik zu attestieren, was freilich nicht zur Spannung beiträgt. Spätestens an dieser Stelle beginnt die Geschichte immer mehr in sich zu zerfallen, wird immer abstruser und man verliert gar jeglichen Bezug zu den Figuren (so man denn überhaupt einen hatte). Mag auch das Ende wieder etwas versöhnlicher stimmen, so bleibt doch der Eindruck beim Zuschauer, dass die Geschichte auf einem sehr dünnen Fundament fußt und wenig Substanz hat.
OT: „Interchange“
Land: Malaysia
Jahr: 2016
Regie: Dain Said
Drehbuch: Dain Said, Nandita Solomon, June Tan, Redza Minhat
Musik: Luka Kuncevic
Kamera: Jordan Chiam
Besetzung: Iedil Putra, Prisia Nasution, Shaheizy Sam, Nicholas Saputra, Kin Wah Chew, Nadiya Nissa, Alvin Wong
Locarno Film Festival 2016
Toronto International Film Festival 2016
Sitges 2016
HARD:LINE Festival 2023
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)