Ende des 8. Jahrhunderts im Baskenland: Als Kind hatte er mitansehen müssen, wie sein Vater mit einer seltsamen Frau im Wasser verschwand und nicht mehr zurückkehrte. Seitdem sind einige Jahre vergangen, der junge Königssohn Eneko (Eneko Sagardoy) ist dazu bestimmt, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten und über das Bergtal zu herrschen. Doch diese Herrschaft wird ihm streitig gemacht, zudem hat sich vieles seither verändert. Der Glauben an die alten Götter wich dem Christentum, das sich immer weiter ausgebreitet hat. Um seinen Führungsanspruch zu unterstreichen, soll Eneko die Überreste seines Vaters finden und zurückbringen. Dabei soll er von Irati (Edurne Azkarate) begleitet werden, die noch immer dem heidnischen Glauben angehört. Unterstützung kann er gut gebrauchen. Nicht nur dass sein Konkurrent im Verborgenen Ränke schmiedet. An den alten Geschichten ist zudem mehr dran, als Eneko ahnt …
Kleines Fantasy-Abenteuer ganz groß
Fantasy-Abenteuer sind heutzutage leider größtenteils aus der Mode gekommen. Wenn nicht gerade ein bekanntes Franchise damit verbunden ist, sei es Herr der Ringe oder aktuell Dungeons & Dragons, stehen die Chancen schlecht, das notwendige Budget zusammenzubekommen. Dabei braucht es weder diese, noch astronomische Summen, um eine spannende Geschichte in diesem Genre zu erzählen. Ein gutes Beispiel dafür, dass es auch anders geht, ist Irati. Die spanische Produktion musste sich mit 4,3 Millionen Euro zufriedengeben. Es gibt auch keine nennenswerten Stars, mit denen man Werbung machen und somit ein internationales Publikum anlocken könnte. Und doch ist der Film in vielfacher Hinsicht sehenswert.
Wobei es hier durchaus eine Vorlage gibt. Genauer stand die Graphic Novel El ciclo de Irati von J. L. Landa und J. Muñoz Pate. Aber die wurde hierzulande nie veröffentlicht. Auch international dürften nicht so wahnsinnig viele davon wissen. Das ist schade, zumindest macht der Film neugierig darauf, wie das Original sein mag. Dabei ist Irati inhaltlich eine gemischte Angelegenheit. Von den Figuren darf man gar nichts erwarten, diese haben maximal eine Funktion. Viele der Leute, die hier herumlaufen, haben nicht einmal das. Die Handlung hält auch keine nennenswerten Überraschungen bereit. Ein einigermaßen erfahrenes Publikum dürfte die meiste Zeit über wissen, was da als Nächstes geschehen wird. Die Geschichte folgt insgesamt den zu erwartenden Bahnen.
Kampf zwischen altem und neuem Glauben
Das Setting ist da schon deutlich spannender. So spielt Irati zu einer Zeit, als es zu einem Übergang zwischen dem alten Glauben und dem Christentum kam. Das ist gerade auch im Kontext des Baskenlands spannend, das heute für den Erhalt der eigenen Kultur kämpft. Im Film ist dieser Widerstreit von Tradition und Moderne jedoch einer, der sich im Bereich der Mythologien und Sagen abspielt. Genauer bedeutet die Reise des Protagonisten in die Unterwelt, dass er einer Reihe von Sagenkreaturen begegnet. Die Höhle, in der Eneko die Überreste seines Vaters zu finden hofft, wird zu einem Ort der Begegnung von alt und neu. Ein bisschen wie es American Gods auch war, nur deutlich stärker in der Vergangenheit angesiedelt und ohne dessen satirischen Elemente. Der Film ist komplett ernst.
Das unterscheidet ihn auch von Errementari: Der Schmied und der Teufel, einem früheren Fantasy-Film von Paul Urkijo Alijo. Damals hatte der Regisseur damit zu kämpfen, zu viele Richtungen gleichzeitig ablaufen zu wollen, weshalb das Ergebnis nicht wirklich überzeugte. Diesmal geht der Filmemacher deutlich geradliniger vor, Irati ist der deutlich stimmigere Film. Und auch optisch hat das hier zugelegt. Gerade die atmosphärischen Aufnahmen der Landschaften und der Unterwelt tragen dazu bei, dass Fans dieses Genres einmal vorbeischauen sollten. Das Spiel aus Licht und Schatten sowie der geschickte Einsatz von Farben machen aus der an und für sich in der Realität angesiedelten Welt eine reizvoll entrückte Variante, in der noch alles möglich schien, was man sich vorstellen wollte.
OT: „Irati“
Land: Spanien, Frankreich
Jahr: 2022
Regie: Paul Urkijo Alijo
Drehbuch: Paul Urkijo Alijo
Vorlage: J. L. Landa, J. Muñoz
Musik: Maite Arroitajauregi, Aránzazu Calleja
Kamera: Gorka Gómez Andreu
Besetzung: Eneko Sagardoy, Edurne Azkarate, Itziar Ituño, Elena Uriz
Sitges 2022
Fantasy Filmfest Nights 2023
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)