Der Schock ist groß bei Isabell Lauterbach (Anna-Lena Schwing), als sie nach einer wilden Partynacht zu ihrem 18. Geburtstag die Leiche ihres Exfreundes Ben Thiele (Max Kruk) findet. Umso mehr, da sie sich an nichts erinnern kann, alle Erinnerungen an den Abend sind weg. In ihrem Blut werden Reste von Kokain gefunden, aber auch von K.O.-Tropfen. Marie Brand (Mariele Millowitsch) und Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) versuchen daher, mit Hilfe der Partygäste die vergangene Nacht zu rekonstruieren. Einfach ist das nicht, da viele nicht offen reden möchten und offensichtlich mehrere Leute ein Tatmotiv hatten. Dabei ist gerade auch die Sprint-Staffel von Interesse, der sowohl Isabell wie auch der Verstorbene angehören …
Ich will jung sein
Gerade erst war Mariele Millowitsch mit ihrer noch recht neuen Reihe als Klara Sonntag zu sehen, zum dritten Mal spielte sie in Erste Liebe die Rolle der Bewährungshelferin. Nun kehrt sie mit ihrer ungleich bekannteren Rolle der Marie Brand zurück. Seit 2008 ist ihre Figur dafür zuständig, Verbrecher und Verbrecherinnen zu schnappen. Marie Brand und die falsche Wahrheit ist dabei bereits der 33. Teil der ZDF-Krimireihe und nach Marie Brand und die Ehrenfrauen der zweite Film, der dieses Jahr Erstausstrahlung hat. Insofern darf man hier schon eine gewisse Routine unterstellen. Das Publikum weiß hier ziemlich genau, was es erwartet und belohnt diese Verlässlichkeit mit großer Treue: Mehrere Male schon schalteten mehr als acht Millionen Menschen ein, wenn das Duo auf Spurensuche geht.
Gut möglich, dass dies auch hier der Fall sein wird. Zumindest gibt es hier wenig, um das Stammpublikum zu vergraulen. So darf Simmel mal wieder für komödiantische Momente sorgen, die sich aus seiner Mischung aus Unbeholfenheit und der pathologischen Sehnsucht nach Anerkennung ergeben. Dass er beispielsweise bei einer Verfolgungsjagd das Nachsehen hat, wird hier witzig verpackt. Für ihn ist das aber so schlimm, dass er den ganzen Film über Ausreden sucht und sich als jung verkaufen möchte. Das kann man nun komisch finden oder auch erbärmlich. Es ist auf Dauer vor allem langweilig, da Marie Brand und die falsche Wahrheit mit diesem Running Gag nicht wirklich vorwärtskommt. Die Reihe ist natürlich nicht dafür bekannt, die Figuren groß weiterentwickeln zu wollen. Fans werden zudem ihre Freude daran haben, wenn sich nichts ändert. Und doch wirkt das schon recht verbraucht.
Extreme Stimmungsschwankung
Dieses Mal fällt das noch stärker auf, weil sich diese humoristischen Aspekte stark mit der Geschichte beißen. Denn die ist dieses Mal besonders düster. Klar, zu einem gewissen Grad sind das die Filme immer, schließlich geht es um Mord. Wo aber dezidierte Krimikomödien diese beiden Elemente, also die Spurensuche und die Witze, irgendwie in Einklang zu verbringen versuchen, hat man bei Marie Brand und die falsche Wahrheit das Gefühl, zwei Filme auf einmal anzusehen. Die Familiendramen und das Thema des Missbrauchs werden mit großem Ernst vorgetragen, dazwischen grätscht Simmel rein, jammert oder baggert eine Frau an. Da passt dann wirklich gar nichts zusammen, weder inhaltlich noch bei der Tonalität.
Aber selbst wenn man sich nicht an dieser extremen Zweigleisigkeit stört, gehört der Film zu den schwächeren der beliebten Reihe. Natürlich darf man hier lange rätseln, wer genau hinter dem Mord steckt. Das Motiv des Gedächtnisschwunds ist in der Hinsicht auch immer ein ganz dankbares, nicht ohne Grund greifen viele Thriller darauf zurück. Richtig spannend wird Marie Brand und die falsche Wahrheit damit aber nicht. Tatsächlich ist der Krimi sogar eher langweilig. Das ist nicht nur schade, weil man von diesem Genre mehr erwarten darf und soll. Es führt auch dazu, dass das wichtige Thema, welches hier in den Fall eingebaut wurde, letztendlich verschwendet wird. Da sollte der Samstagabend – die Reihe weicht dieses Mal von ihrem Stammplatz am Mittwoch ab – Besseres bereithalten.
OT: „Marie Brand und die falsche Wahrheit“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Michael Zens
Drehbuch: Andreas Linke
Musik: Florian van Volxem, Sven Rossenbach
Kamera: Uwe Neumeister
Besetzung: Mariele Millowitsch, Hinnerk Schönemann, Anna-Lena Schwing, Charlotte Krause, Julian Weigend, Paula Paul, Florian Anderer, Hanno Friedrich, Ludger Bökelmann, Nico Kleemann
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