Es ist eine ebenso seltsame wie schreckliche Nachricht, die Marie (Jocelin Donahue) da erhält: Jemand hat das Grab ihrer Mutter verwüstet. Aber wer? Und aus welchem Grund? Und so reist sie mit ihrem Freund George (Joe Swanberg) zu der abgelegenen Insel, wo sich der Friedhof befindet, um die Sache zu klären und wieder in Ordnung zu bringen. Ganz wohl ist ihr bei der Sache nicht, zumal ihre Mutter ursprünglich nie zurück auf die Insel wollte und offensichtlich vor dieser Angst hatte. Umso seltsamer war, dass sie in ihrem Testament festhielt, doch dort begraben zu werden. Und das ist nicht das einzige Rätsel, mit dem sich Marie vor Ort beschäftigen muss, der außerhalb der Feriensaison wie ausgestorben ist …
Die Insel als Ort des Grauens
Was macht einen guten Horrorfilm aus? Manche machen dies an der Geschichte fest, andere an den Figuren oder der Zahl der Jump Scares. Ein bedeutsames Element ist das Setting, welches in dem Genre maßgeblich zur Atmosphäre beitragen kann. Ob es nun alte Herrenhäuser sind, verwinkelte Höhlen oder dunkle Wälder, das „wo“ ist fast ebenso wichtig wie das „was“. Sehr dankbar sind in der Hinsicht auch Inseln, die naturgemäß abgelegen liegen und von denen es dann kein Entkommen gibt. Zuletzt haben Filme wie Shadow Island und Shepherd – Fluch der Vergangenheit aufgezeigt, wie so etwas aussehen kann. Und auch bei Offseason – Insel des Grauens wurde viel Wert darauf gelegt, den Schauplatz richtig schön in Szene zu setzen.
Das bedeutet in erster Linie, dass nicht viel zu sehen ist. Genauer liegt auf der Insel ein Nebel, der so dicht ist, dass schon die Menschen auf der anderen Straßenseite verschwinden. Sofern man überhaupt einen anderen Menschen trifft. Da zu dem Zeitpunkt der Geschichte – der Titel Offseason – Insel des Grauens verrät dies bereits – die Feriensaison vorbei ist, sind alle Touristen und Touristinnen abgereist. Die heimische Bevölkerung ist nicht sonderlich zahlreich. Und noch weniger einladend: Der Film beschreibt sie als in sich geschlossene und reichlich seltsame Gruppe, die wirres Zeug von sich gibt und Fremden mit einer natürlichen Abneigung begegnet. Die typischen Klischees eben, die man mit solchen Mystery-Provinz-Geschichten verbindet.
Viel Nebel, wenig Geschichte
Das ist dann auch das große Problem des Films. Regisseur und Drehbuchautor Mickey Keating (Psychopaths, Darling) hat letztendlich nicht wirklich etwas zu erzählen. Über weite Strecken verlässt er sich fast ausschließlich auf den Ort und die damit verbundene Stimmung. Die Handlung ist hingegen überschaubar bis nicht-existent. Und auch wenn Hauptdarstellerin Jocelin Donahue mit größerem Einsatz ihre Rolle ausfüllt, ist an dieser nicht so wahnsinnig viel dran. Über die anderen Figuren braucht man erst gar nicht reden, Keating tut das auch nicht. Die Bevölkerung ist eine anonyme Masse, die nur hin und wieder mal Dialogfetzen in die Dunkelheit werfen darf. Selbst George, der zu Beginn noch in die Geschichte integriert ist und als Gegenstück zu Marie auftritt, verschwindet irgendwann, wird wie alles andere in Offseason – Insel des Grauens vom Nebel verschluckt.
Wie viel Spaß man an dem Film hat, hängt daher wie auch bei den obigen Insel-Kollegen maßgeblich davon ab, ob man diese rein auf eine Mystery-Atmosphäre abzielenden Werke mag oder nicht. Wer dies tut, kann sich hiermit rund 80 Minuten lang gut beschäftigen. Wenn Marie durch die menschenleere Stadt läuft und irgendwie Licht ins Dunkle bringen muss, dann weckt das eine Reihe von Assoziationen an Silent Hill. Da geht es um Rätsel, geht es um lang zurückliegende Geschichten und dubiose Kulte. Inhaltlich ist das alles dann zwar nur mäßig interessant. Aber man kann sich in Offseason – Insel des Grauens schon gut in den Bildern verlieren, die immer mehr verbergen als sie zeigen. Auch wenn man am Ende darin nichts findet, was man nicht schon woanders gesehen hat, ist das in der Form trotz allem sehenswert.
OT: „Offseason“
Land: USA
Jahr: 2021
Regie: Mickey Keating
Drehbuch: Mickey Keating
Musik: Shayfer James
Kamera: Mac Fisken
Besetzung: Jocelin Donahue, Joe Swanberg, Melora Walters, Richard Brake, Jeremy Gardner
SXSW 2021
Sitges 2021
HARD:LINE Film Festival 2022
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