One in a Million
© Flare Film / Lydia Richter 2022

One In A Million

„One In A Million“ // Deutschland-Start: 20. April 2023 (Kino)

Inhalt / Kritik

Es liegt ein wenig in der Natur von Stars, dass man sich fragt, wer die Menschen hinter dieser glamourösen Fassade sind und welches Leben sie führen, wenn keine Kameras auf sie gerichtet sind. Auch der Dokumentarfilm One In A Million tut dies, wenn wir hier Whitney Bjerken kennenlernen. Diese begann schon als Kind mit dem Turnen und entdeckte dabei ihre Leidenschaft für den Sport. Und mit ihr zahlreiche andere Leute auch. Ursprünglich sollten die Videos, die ihr Vater davon machte, nur für das direkte Umfeld sein. So wie man eben Videos vom Nachwuchs macht und stolz herumzeigt. Dabei ahnte jedoch niemand, wie viele Fremde einmal dabei zusehen würden. Aus Dutzenden wurden Hunderte, später Tausende. Der Film beginnt mit einer Art Countdown, während Whitney darauf wartet, dass die Zahl der Abonnenten und Abonnentinnen auf ihrem YouTube-Kanal die Millionengrenze überschreitet.

Aus Sicht eines Fans

Das Besondere an dem Film ist, wie Regisseurin Joya Thome nicht nur den jungen Star begleitet, sondern auch einen ihrer Fans. Genauer ist es Yara Storp, eine deutsche Jugendliche, die Whitney seit Langem folgt und sich mit ihrer Altersgenossin verbunden fühlt. Sie bildet in One In A Million das Gegenstück zur umjubelten Turnerin. Dass Fans in Dokumentarfilmen zu Wort kommen, ist dabei an und für sich nicht ungewöhnlich. Wann immer bedeutende Menschen porträtiert werden, etwa aus dem künstlerischen oder sportlichen Bereich, finden sich zahlreiche Leute, die vor der Kamera ihre Lobeshymnen loswerden. Der inhaltliche Gehalt geht dabei meist gegen Null. Anstatt sich mit den Porträtierten auseinanderzusetzen, verkommt das meist zu einem Imagefilm, den man auf einer Preisverleihung zeigen würde.

Hier ist das anders. Auch wenn der Titel impliziert, dass sie austauschbar ist als einer von einer Millionen Menschen, die Whitneys Videos schauen, so ist an Yara doch deutlich mehr dran. Sie wird nicht darauf reduziert, eine Stichwortgeberin für ihr Idol zu sein. Vielmehr hat der Film auch über sie eine ganze Menge zu sagen. So spricht die Deutsche zwar auch über die US-Amerikanerin und verrät, was sie so toll an ihr findet. Das wird jedoch in erster Linie zu einem Element, das ihrer eigenen Porträtierung dient. Tatsächlich ist die Turnerin in One In A Million über längere Zeit immer mal wieder verschwunden, wenn es um ganz andere Themen geht. Beispielsweise wird im Laufe der Zeit – der Dokumentarfilm ist über mehrere Jahre entstanden – das Liebesleben von Yara wichtiger, wenn sie sich mit ihrer Homosexualität auseinandersetzen muss.

Sehenswerte Coming-of-Age-Doku

An dieser Stelle kommt Thome ihre Erfahrung mit jungen Menschen zugute. So hat die deutsche Regisseurin mit Königin von Niendorf ein wunderbares Sommer-Abenteuer aus Sicht eines Mädchens gedreht, bevor sie mit Lauras Stern eine charmante Adaption der Buchserie gelang. Bei One In A Million versucht sie sich erstmals an einem Dokumentarfilm, ihr Einfühlungsvermögen und das Talent, die Welt aus Sicht junger Menschen zu sehen, zeigen sich aber auch hierbei. Auf diese Weise ist ein spürbares Vertrauensverhältnis entstanden: Die beiden Protagonistinnen erzählen intime Geschichten, ohne dass der Film dadurch gleich voyeuristisch würde.

Die Dokumentation, die auf dem Filmfest München 2022 Premiere hatte, kombiniert dabei das Individuelle und das Universelle. Natürlich können nicht alle eine Million Fans haben. Es müssen sich auch nicht alle damit beschäftigen, das eigene Geschlecht zu lieben. Und doch finden sich in diesen Geschichten immer wieder Anknüpfungspunkte für ein größeres Publikum. Gerade der Punkt der Selbstsuche, der beide Protagonistinnen umtreibt, ist etwas, das die meisten ansprechen wird. Aber auch die Frage, wie viel man von sich mit der Welt da draußen teilen möchte, ist für viele relevant. Was zunächst wie eine Influencer-Story wirkt, wird in One In A Million dadurch zu einem sehenswerten Coming-of-Age-Film, der immer wieder berührt.

Credits

OT: „One In A Million“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Joya Thome
Drehbuch: Lydia Richter, Joya Thome, Philipp Wunderlich
Musik: Hundreds – Philipp Milner
Kamera: Lydia Richter

Bilder

Trailer

Filmfeste

Filmfest München 2022
Filmfest Hamburg 2022
Nordische Filmtage Lübeck 2022
Max Ophüls Preis 2023

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fazit
„One In A Million“ erzählt die Geschichte einer erfolgreichen YouTube-Turnerin und eines ihrer Fans. Was zunächst wie eine Influencer-Story wirkt, stellt sich als einfühlsame und sehenswerte Coming-of-Age-Doku heraus, bei der Individuelles und Universelles eng beieinander liegt.
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