Als „Misa The Killer“ hat die junge Misa (Chisako Kawase) zwar schon einen Künstlernamen, aber bislang keinen besonderen Ruhm. Abgesehen von ein paar Abonnenten auf YouTube und anderen Video-Plattformen kennt sie keiner. Doch dann zeigt ein Talentscout Interesse an ihr und will sie gleich am nächsten Tag in seinem Klub „H“, einem Etablissement im Rotlichtbezirk der Stadt, empfangen. Zusammen mit ihrem Kameramann, der sie rund um die Uhr für ihren Videokanal filmt, geht sie zum Treffen, nur um herauszufinden, dass es sich um einen renommierten BDSM-Klub handelt. Die exklusive Klientel, zu der hohe Politiker und andere Persönlichkeiten Tokios gehören, geben sich dort ihren Leidenschaften hin und können sich im Gegenzug auf absolute Diskretion verlassen. Zunächst ist Misa eingeschüchtert, dann aber wütend auf sich und den vermeintlichen „Talentscout“, dass er sie hereingelegt hat und sie auf diesen miesen Trick hereingefallen ist.
Als Misa Bekanntschaft mit Kanon (Torinomi Nagisa) macht, ändert sich ihre Meinung. Sie ist die beliebteste Domina des Klubs und macht die ansonsten sehr aggressive Misa zu ihrer Sklavin, die sich, zu ihrem eigenen Erstaunen, dies von ihr gefallen lässt. Schließlich willigt sie ein, zu einer Domina im Klub zu werden, gibt sich aber zugleich der Beziehung zu Kanon hin, die sie nur zu gern als ihre persönliche Dienerin einspannt, auch gegenüber ihren eigenen Kunden. Das „H“ wird für Misa zu einer ganz besonderen Erfahrung, die sie nicht nur ihre Zukunftsvorstellungen, sondern auch ihre Sexualität überdenken lässt.
Neues Blut für Roman Porn
Nachdem sich der Neustart der Roman Porn-Reihe sowohl kreativ wie auch kommerziell für das japanische Studio Nikkatsu ausgezahlt hatte, brauchte es für die nächste Auflage nicht nur frische Ideen, sondern auch entsprechendes Talent vor und hinter der Kamera, diese umzusetzen. In Regisseur Koji Shirashi (Cult) fand sich ein Filmemacher, der für eine unkonventionelle Art sowie seine satirische Sichtweise auf die japanische Gesellschaft bekannt war, und diesen Aspekten seines Schaffens im Rahmen von Safe Word vollends nachgehen konnte. Wie bereits viele andere Beiträge der neuen Roman-Porn-Filmreihe erscheint auch Safe Word im deutschen Heimkino über Busch Media Group.
Wer Filme wie Wet Woman in the Wind, Dawn of the Felines – Sündiges Tokio oder Antiporno kennt und mag, wird sicherlich auch bei Safe Word auf seine/ihre Kosten kommen. Die erzählerische Formel, die als Vorgabe des Studios lediglich eine gewisse Anzahl an Sex-Szenen vorgibt, dient den Filmemacher in erster Linie als Plattform für verschiedene Ideen formaler wie auch narrativer Art, was mal mehr und mal weniger gelingt. Glücklicherweise gehört Koji Shirashis Beitrag zur Filmreihe zu den besseren Vertretern und mag vielleicht sogar das beste Werk des Regisseurs bislang sein. Insbesondere die Herangehensweise, die Shirashi wählt, ist interessant und erinnert aufgrund ihres Mockumentary-Formats an diverse YouTube-Formate, bei denen sich Menschen den ganzen Tag lang von der Kamera begleiten lassen und jede noch so kleine Banalität aufzeichnen müssen. Kohei Taniguchis Drehbuch wird auf diese Weise etwas geerdet, sodass man als Zuschauer nicht nur stets nah bei der Protagonistin bleibt, sondern zugleich ihre Veränderung nachvollziehen kann.
Identität und Pop-Kultur
Ebenso interessant ist, welche Parallelen die Geschichte zieht zwischen der eitlen Influencer- und Pop-Kultur sowie dem Mikrokosmos des BDSM-Klubs. Trotz (oder gerade wegen) ihres Status innerhalb des Klubs genießt die von Torinomi Nagisa fabelhaft gespielte Kanon eine Popularität, die der Bekanntheit der Pop-Grüßen, die Misa anhimmelt, sehr nahe kommt. Ähnlich einem devoten Follower unterwirft sich Misa dieser Frau, lässt sich auf das Spiel der „Meisterin und ihrer Dienerin ein und entdeckt dabei Seiten an sich, von denen sie nie gedacht hätte, das sie existieren würden. Erzählerisch mag dieser Wandel etwas plakativ sein und die Satire bisweilen nicht sonderlich subtil, aber unterhaltsam ist Shirashis Kommentar auf jeden Fall, was auch an der Darstellung Chisaku Kawase, die die Identitätskrise Misas sowie die damit einhergehende Veränderung glaubhaft spielt.
OT: „Itoshi Teru!“
Land: Japan
Jahr: 2022
Regie: Koji Shiraishi
Drehbuch: Kohei Taniguchi
Kamera: Kei Ikeda, Ryoka Neya
Besetzung: Chisaku Kawase, Torinomi Nagisa, Ai Otsusha, Ryuchell, Masahiro Takashima
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