Mit seiner übermenschlichen Kampfkraft hat es Qiao Feng (Donnie Yen) bis an die Spitze der Bettlerbande geschafft. Dort genießt er hohes Ansehen. Zumindest bis zu dem Tag, an dem man ihn des Mordes beschuldigt. Die Beweise für die Anschuldigung sind dürftig, die Überzeugung dafür umso stärker. Zumal er einer verfeindeten Dynastie entstammt, was ihn zu einem idealen Schuldigen macht. Und so bleibt dem in Ungnade gefallenen Außenseiter nichts anderes übrig, als die Bande zu verlassen und seinerseits für Gerechtigkeit zu sorgen. Zu diesem Zweck reist er durchs ganze Land, immer auf der Suche nach Wahrheit und den wahren Mördern, an denen er sich rächen kann. Dabei ist seine Odyssee mit vielen Gefahren verbunden, denn seine Feinde sind ihm immer dicht auf den Fersen …
Neuverfilmung eines Roman-Klassikers
Als Schauspieler ist Donnie Yen ohne Zweifel einer der größten Stars des Hongkong-Action-Kinos. Ob es nun heimische Produktionen wie Hero oder der Ip Man Reihe waren oder seine Ausflüge nach Hollywood wie in Rogue One: A Star Wars Story oder aktuell John Wick: Kapitel 4, Yen hat im Laufe seiner Karriere eine eindrucksvolle Filmografie zusammengestellt. Weniger bekannt sind seine Versuche, sich als Regisseur zu etablieren. Meistens handelte es sich dabei um kleinere Werke, die nicht so wahnsinnig viel Aufmerksamkeit erlangten. Seinen Ambitionen hat dies jedoch nicht geschadet, wie er in Sakra demonstriert. Dort will er richtig auftrumpfen und noch einmal seine eigenen Heldenfähigkeiten unter Beweis stellen. Zwar ist der Film in China nur im Internet zu sehen, während hierzulande ein richtiger Kinostart ansteht. Der Aufwand ist dennoch beachtlich.
Genauer handelt es sich hierbei um einen Wuxia-Film, wie sie seinerzeit nach dem großen Erfolg von Tiger & Dragon auch im Westen beliebt waren. Tatsächlich ist die Vorlage noch älter: Der Film basiert auf dem Roman Demi-Gods and Semi-Devils von Jin Yong, der als Fortsetzungsgeschichte in den 1960ern in mehreren Zeitungen erschienen war. Seither wurde er mehrere Male adaptiert, sei es als Kinofilm oder TV-Serie. Insofern sollte man erwarten, dass Yong eine sehr spannende Geschichte zu erzählen hatte. In Sakra zumindest ist davon aber kaum etwas zu merken. So schwankt der Inhalt zwischen hanebüchen und hauchdünn. Da geht es um verfeindete Dynastien, Verrat und Intrigen sowie Liebe und Familiendramen. Also ganz viel – und gleichzeitig nichts. Vieles hier wird kaum erklärt oder ergibt keinen Sinn. Wenn beispielsweise ein Mann behauptet, er würde seine Tochter über alles lieben, von der er Minuten vorher nicht mal wusste, dass es sie gibt, muss man das nicht verstehen. In solchen Moment soll es um große Gefühle gehen, egal wie. Kitsch wird offen zelebriert.
Willkürlich und unfreiwillig komisch
Aber um Sinn geht es in solchen Filmen tendenziell ohnehin seltener. Das Publikum interessiert sich mehr für die Actionszenen. Das Ergebnis ist aber auch hier gemischt. Beeindruckend ist es, wie da immer wieder Massen auf Qiao Feng zulaufen und sich auf Höfen, in Tempeln oder vornehmen Anwesen bekämpfen. Allerdings wird dabei so viel auf Computereffekte gesetzt, dass man nur selten noch das Gefühl hat, dass da wirklich Menschen miteinander kämpfen. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Actionfilme Fantasy-Elemente einbauen. Gerade im Wuxia-Segment ist das keine Seltenheit. Wenn wie in Sakra aber nur mit den Armen gefuchtelt wird und daraufhin fliegen alle durch die Luft, wird es ein bisschen sehr willkürlich. Und natürlich ist es lächerlich, wenn ein Mann ganz alleine gegen alle kämpft und selbst dann noch davonrennt, nachdem er gepfählt wurde. Dass ein Held am Ende gewinnt, auch in ausweglosen Situationen, ist zwar Standard. Wenn man aber das Gefühl hat, dass er sowieso unbesiegbar ist und es damit völlig egal ist, was da auf der Leinwand geschieht, trägt das nicht gerade zur Spannung bei.
Und doch sind die Actionszenen die Highlights des Films. Richtig übel wird es hingegen, wenn versucht wird, irgendwelche Dialoge einzubauen. Diese Momente scheitern nicht nur an dem unsinnigen Wortsalat, sondern auch am nach wie vor überschaubaren Schauspieltalent Yens. Beim Kämpfen war er immer eine Koryphäe, mehr als das war nie drin. Das ist schade, weil der Film visuell einiges hermacht. Der Beitrag der Fantasy Filmfest Nights 2023 gefällt immer wieder durch die stimmungsvollen Settings und die Ausstattung, an vielen Stellen möchte man auf eine Pausetaste drücken und einfach den Anblick genießen. Leider wird einem aber auch dieses Vergnügen verleidet, wenn konstant eine völlig überzogene Musik eingespielt wird, die Rosamunde Pilcher näher ist, als einem lieb sein kann. Zusammen mit den vielen anderen Mängeln reicht es daher nur fürs Mittelfeld. Zu oft wird das hier unfreiwillig komisch – oder eben ärgerlich.
OT: „Tin lung baat bou“
Land: China, Hongkong
Jahr: 2023
Regie: Donnie Yen, Ka-Wai Kam
Drehbuch: Lingzhi Sheng, Wie Zhu, Ben He, Li Chen, Lejing Shen, Yifan Xu
Vorlage: Jin Yong
Musik: Chi-wai Chan
Kamera: Chi-ying Chan
Besetzung: Donnie Yen, Yuqi Chen, Yase Liu, Yue Wu, Eddie Cheung, Grace Wong, Ray Lui, Kara Wai
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