Schönes Schlamassel

Eigentlich wollten die beiden miteinander befreundeten Ärzte Tobias Feinstein (Lasse Myhr) und Daniel Rubenbauer (Maxim Mehmet) nur mal wieder ein bisschen Spaß haben, als sie für einen Drink weggehen. Dort treffen sie sich mit Anne Braun (Verena Altenberger), die sich zuvor von Tobias hat verarzten lassen, und ihrer Freundin Laura Lorenz (Lisa Wagner). Das Doppel-Date hat den erwünschten Erfolg: Während es zwischen Tobias und Laura funkt, hat Anne Interesse an Daniel. Umso mehr, als der behauptet, Jude zu sein. Schließlich führt sie eine jüdische Buchhandlung, arbeitet ehrenamtlich in einem jüdischen Seniorenheim und hätte am liebsten einen jüdischen Freund, aus Scham darüber, dass sich ihre Familie seinerzeit an Juden bereichert hatte. Plötzlich ist Daniel in seiner Lüge gefangen und findet aus dieser nicht mehr heraus …

Lügen haben romantische Beine

Eigentlich ist Ehrlichkeit eine wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Beziehung. Umso bemerkenswerter ist, wie viele Filme damit anfangen, dass eine der beiden Hauptfiguren lügt und die zwei auf Basis dieser Lüge echte Gefühle füreinander entwickeln. Beim großen mit mehreren Oscars ausgezeichneten Klassiker Ein Herz und eine Krone war es ein Journalist, der die Bekanntschaft zu einer Prinzessin für sich nutzen möchte. Bei Wie werde ich ihn los – in 10 Tagen? sind es sogar beide Hauptfiguren, die am Anfang lügen und sich dadurch in eine schwierige Lage bringen. Aber auch abseits von Hollywood werden solche Szenarien gern mal aufgriffen, siehe die deutsch-österreichische TV-Produktion Schönes Schlamassel.

Das ist hier dann, wir praktisch immer, mit Humor verbunden. Oder das, was man bei der ARD für Humor hielt. Tatsächlich ist das Drehbuch von Regisseur Wolfgang Murnberger (Keiner schiebt uns weg, Das Weihnachtsschnitzel) und seinem Co-Autor Peter Probst (Für immer Eltern) in der Hinsicht eine Katastrophe. Da ist wirklich kein Witz dabei, der auch mal sein Ziel trifft. Die humoristischen Versuche sind zudem überwiegend sehr faul und befassen sich auf die eine oder andere Weise mit jüdischen Klischees oder Annes Besessenheit mit dem Judentum. Sie wird in Schönes Schlamassel zu der Personifizierung des schlechten Gewissens, basierend auf der Schuld ihrer Familie und der Deutschen im Allgemeinen. Und um das wieder auszugleichen, geht sie hemmungslos ihrer Überkompensation nach, quasi das Gegenteil einer Antisemitin.

Weder unterhaltsam noch tiefsinnig

Als Idee ist das interessant. Das eigentliche Ergebnis ist es nicht. Anne ist derart einseitig überzeichnet, dass man schon nach kurzer Zeit zu viel von ihr hat. Was vermutlich lustig gemeint war, ist letztendlich nur nervig. Dass Daniel sterbenslangweilig ist, hilft auch nicht dabei, dass man sich für die Beziehung der beiden erwärmen kann. Was aber bringt eine Liebeskomödie, die weder unterhaltsam ist noch zu romantischen Mitfiebern verleitet? Nicht viel. Etwas besser sieht es bei dem zweiten Paar aus, das hier behandelt wird. Die beiden sind zwar auch etwas anstrengend und nicht gerade sympathisch, haben aber zumindest so etwas wie eine Persönlichkeit. Die besseren Momente hat Schönes Schlamassel dann auch diesen zu verdanken. Besser heißt aber nicht gut.

Das ist schade, weil hinter dieser wenig ansprechenden Fassade durchaus spannende Themen sind, aus denen man etwas hätte machen können. Neben dem Dauerbrenner vererbte Schuld gibt es eine Nebenhandlung um einen von Dieter Hallervorden gespielten Autor, der sich die Geschichten anderer zu eigen macht. Und damit auch die Frage, inwieweit der Wert von Kunst von äußeren Faktoren abhängt. Wirklich vertieft wird das nicht. Schönes Schlamassel begnügt sich damit, ernste Punkte kurz aufzuwerfen und anschließend hinter einer beliebig-stromlinienförmigen 08/15-Handlung zu vergraben. Das Ergebnis ist weder schön noch ein Schlamassel, sondern in erster Linie Zeitverschwendung. Die anderthalb Stunden lassen sich sinnvoller nutzen für Filme, die unterhalten oder etwas Substanzielles zu sagen haben, anstatt an beidem zu scheitern.