Viele Jahre ist es inzwischen her, dass sein Vater gestorben ist. Der angehende Meteorologe David (Johan L. Heinstedt) war damals noch ein kleiner Junge und hat deshalb nur wenige Erinnerungen an ihn. Dafür aber umso mehr Fragen. Und so beschließt er, zu der kleinen Leuchtturm-Insel in der Barentssee zu fahren, wo sein Vater einst stationiert war. Dort erhofft er sich Antworten, weshalb dieser Selbstmord begangen hat. Doch zunächst sorgt der Ort nur für noch mehr Fragen, die dort untergebrachten Unterlagen geben ihm Rätsel auf. Kurze Zeit später macht er die Bekanntschaft von Sarah (Hanne Mathisen Haga), die auf der Nachbarinsel ist und sich dort ungestört ihrer Doktor-Arbeit widmen will. Aber auch sie macht bald eigenartige Beobachtungen, wenn sich offensichtlich zahlreiche Geheimnisse um die Inseln ranken, welche die zwei ganz persönlich betreffen …
Die Spannung einer einsamen Insel
Einsame, abgelegene Inseln eignen sich bekanntlich hervorragend für düstere Geschichten. Ob es nun der Agatha Christie Klassiker Zehn kleine Negerlein – Das letzte Wochenende ist, bei dem ein Serienmörder sein Unwesen treibt, oder der zunehmende Wahnsinn in Der Leuchtturm – das Setting spielt bei der Erzeugung von Spannung eine bedeutende Rolle. Schließlich können die Figuren nicht entkommen und sind dem Bösen hilflos ausgeliefert. Das gilt insbesondere, wenn es nur eine Hauptfigur gibt, die allein auf der Insel ist, dabei aber das Gefühl hat, dass da noch jemand ist und zunehmend paranoid wird. Der Geheimtipp Shepherd – Fluch der Vergangenheit zeigte vor einigen Wochen, wie so etwas aussehen kann. Und auch Shadow Island geht in diese Richtung.
Wobei sich der schwedische Thriller viel Zeit lässt, bevor er in der Hinsicht mal aktiv wird. Tatsächlich ist der Film bereits zur Hälfte vorbei, bevor überhaupt mal das Gefühl einer Bedrohung entsteht. Zuvor geht es mehr darum, wie David, später auch Sarah, versuchen, irgendwie zu verstehen, was da auf der Insel eigentlich geschehen ist. Hinweise gibt es durchaus, sowohl für die beiden wie auch das Publikum. Wer einigermaßen aufpasst, ahnt zumindest, um welches Thema es in Shadow Island geht. Dennoch dürfte die Auflösung für viele überraschend sein und ist zudem von einer unheimlichen Aktualität. Man könnte meinen, dass Regisseur und Drehbuchautor Johan Storm bei seinem Debüt vor allem die derzeitigen Ereignisse zu verarbeiten versucht, indem er diese mit einer Spurensuche in die Vergangenheit verbindet.
Viel Atmosphäre
Wobei die Geschichte hier eh nur zweitrangig ist. Viel wichtiger war es dem schwedischen Nachwuchsfilmemacher offensichtlich, eine unheilvolle Atmosphäre zu erzeugen. Dabei zeigt er sich nicht gerade von einer subtilen oder kreativen Seite. So arbeitet Storm viel mit Dunkelheit und Schatten, auf der Insel scheint es praktisch ständig Nacht zu sein. Und weil ihm das offensichtlich noch nicht düster genug war, verlagert Shadow Island das Geschehen irgendwann in Keller und Tunnel. Der Abstieg in die Tiefe wird dabei zu einem Symbol für die Wahrheitsfindung, die David in die finstersten Abgründe führt. Wenn er wirklich wissen will, was mit seinem Vater geschehen ist und was es mit der Insel auf sich hat, dann muss er selbst hinein, tiefer und tiefer, und dabei das Risiko eingehen, nicht wieder herauszufinden.
Das ist wie gesagt nicht sonderlich einfallsreich. Auch bei der Glaubwürdigkeit darf man nicht zu viel erwarten. Aber es ist sehr stimmungsvoll. Der Mysterythriller, der im Rahmen der Fantasy Filmfest Nights 2023 auch hierzulande zu sehen ist, führt eindrucksvoll vor Augen, warum das Inselsetting so dankbar ist. Man streift hier einfach gern umher, gemeinsam mit den Figuren, hört dem Wasser und dem Wind zu, während das mitunter aussetzende Radio die einzige Verbindung zur Außenwelt ist. Wem es stärker auf die Atmosphäre ankommt, sollte daher einen Blick auf Shadow Island riskieren, das seinem Titel alle Ehre macht und einen in eine Schattenwelt entführt, in der man sich gern verliert.
OT: „Shadow Island“
Land: Schweden
Jahr: 2022
Regie: Johan Storm
Drehbuch: Johan Storm
Musik: Andreas Gyllström
Kamera: Ankar Anwar
Besetzung: Johan L. Heinstedt, Hanne Mathisen Haga, Joel Wallón, Magnus Roosmann
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