Transatlantic Netflix
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Transatlantic Netflix
„Transatlantic“ // Deutschland-Start: 7. April 2023 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Marseille, 1940: Eigentlich ist Varian Fry (Cory Michael Smith) als Journalist für das Magazin The Living Edge tätig. Doch an normales Arbeiten ist nicht zu denken. Die Welt befindet sich im Krieg, zudem haben die Deutschen begonnen, Juden in ganz Europa systematisch zu verfolgen. Um zumindest einigen von diesen Verfolgten zu helfen, hat es sich das in New York City gegründete Emergency Rescue Commitee zur Aufgabe gemacht, diesen die Ausreise zu ermöglichen. Dabei wollen Fry, und seine Mitstreitenden Mary-Jayne Gold (Gillian Jacobs) und Albert Hirschman (Lucas Englander) speziell Intellektuellen und Größen aus dem künstlerischen Bereich bei der Flucht unterstützen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Polizei ist ihnen dicht auf den Fersen. Zudem wächst die Zahl der Menschen, die in der Organisation ihre letzte Chance sehen, aus allem heil wieder herauszukommen …

Einsatz für Geflüchtete

Es dürfte wohl keinen Abschnitt der Menschheitsgeschichte geben, der häufiger in Filmen und Serien thematisiert wird als die erste Hälfte der 1940er. Noch immer erscheinen praktisch wöchentlich irgendwelche Titel, die sich mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen, zuletzt etwa das sehenswerte norwegische Kriegsdrama War Sailor. Aber auch der Themenkomplex des Holocausts wird immer wieder angesprochen. Mit der Netflix-Serie Transatlantic kommt nun eine weitere Produktion, die in diesem Umfeld spielt. Genauer erzählt diese von dem Emergency Rescue Commitee, das zwischen 1940 und 1942 mehr als 2000 Menschen eine Flucht ins Ausland ermöglichte und damit ihr Leben rettete.

Auch solche Geschichten werden immer mal wieder gern erzählt. Das bekannteste Beispiel ist dabei natürlich Schindlers Liste, das in den 1990ern mit Preisen überschüttet wurde und auch an den Kinokassen ein großer Erfolg war. Andere weniger berühmte Beispiele für Menschen, die ihr Leben riskierten, um Juden und andere Verfolgte zu schützen, waren Die Frau des Zoodirektors und Persona Non Grata. Insofern befindet sich Transatlantic auch in der Hinsicht in einer langen Tradition. Die auf einer wahren Geschichte basierende Miniserie hat jedoch ein paar Punkte, welche sie hervorheben. Aus deutscher Sicht ist das zum Beispiel das Ensemble, unter anderem tauchen innerhalb der sieben Folgen Moritz Bleibtreu, Alexander Fehling und Jonas Nay auf, die jeweils Geflüchtete spielen.

Schwierige Fragen

Inhaltlich interessant ist dabei, dass es sich bei den Menschen auf der Flucht zumindest anfangs um Berühmtheiten handelte. Da waren Intellektuelle und Philosophen dabei, auch solche die im künstlerischen Umfeld tätig waren. Das Ziel: Europäische Lichtgestalten in die USA bringen und damit ihre Gedanken und Werke für die Nachwelt zu retten. Das klingt zunächst wie eine sehr wichtige und unterstützenswerte Aufgabe. Aber sie ist auch ambivalent, wie die von Anna Winger (Deutschland 83, Unorthodox) und Daniel Hendler erschaffene Serie deutlich macht. So ist die Entscheidung, diese Berühmtheiten zu retten, immer auch eine Entscheidung gegen die übrigen Menschen, die nicht besonders genug waren, um sie zu retten. Eine der emotionalsten Szenen in Transatlantic ist, wie ein Karikaturist verzweifelt versucht, Fry von seinem Wert zu überzeugen, er quasi um sein eigenes Leben zeichnet.

Daraus ergibt sich notgedrungen Stoff für Diskussionen. Wenn nur wenige Menschen gerettet werden können, wen nimmt man dann mit? Ähnlich zu etwa The Philosophers – Wer überlebt? geht es da um ganz grundsätzliche Fragen zum Wert und der Nützlichkeit eines Menschen. Ist jemand, der einzigartige Bilder malt, mehr wert als eine Frau, die Kinder aufzieht? So richtig in die Tiefe geht Transatlantic dabei dann aber doch nicht. Winger und Hendler zogen die Breite vor. So gibt es hier zwar einige Hauptfiguren. Richtig interessant wird die Serie aber durch die zahlreichen Nebenfiguren, die im Laufe der Zeit auftauchen. Da werden unzählige kleine Geschichten erzählt. Anstatt sich auf ein Heldenbild zu konzentrieren, gleicht das hier einem Mosaik, welches sich aus einer Vielzahl von Einzelschicksalen zusammensetzt.

Sehenswert und aktuell

Diese persönliche Note wird mit einem größeren Abenteuerteil verbunden. Wenn Fry, Gold und Hirschman nach einem Ausweg suchen, ist das auch für sie mit einer größeren Gefahr verbunden. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen, bei denen alles aufzufliegen droht. Aber auch in der Hinsicht sollte man die eigenen Erwartungen im Zaum halten. Auch wenn es das Thema hergegeben hätte, wird aus Transatlantic nie der hochspannende Thriller. Wichtiger war es, hier eine Brücke zur Gegenwart zu schlagen. Die dramatischen Geschichten von Menschen auf der Flucht provozieren geradezu die Vergleiche zur heutigen Zeit. Auch wenn die Serie nicht wie Wo ist Anne Frank neulich diese Bezüge explizit herstellt, so ist die Absicht klar: Man wollte bei der deutschen Produktion für das Thema Flucht und Verfolgung sensibilisieren und aufzeigen, dass die historische Geschichte noch immer von Relevanz ist. Sehenswert ist das Ergebnis aber auch ohne diese Transferleistung, dafür sorgen Ausstattung und Ensemble.

Credits

OT: „Transatlantic“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Stéphanie Chuat, Véronique Reymond, Mia Meyer
Drehbuch: Anna Winger, Daniel Hendler
Idee: Anna Winger, Daniel Hendler
Musik: Mike Ladd, David Sztanke
Kamera: Wolfgang Thaler, Sebastian Thaler
Besetzung: Cory Michael Smith, Gillian Jacobs, Lucas Englander, Grégory Montel, Ralph Amoussou, Deleila Piasko, Amit Rahav, Corey Stoll

Bilder

Trailer

Interview

Wer mehr über Transatlantic erfahren möchte: Wir hatten die Gelegenheit, uns mit Hauptdarsteller Cory Michael Smith zu unterhalten. Im Interview über die Serie sprechen wir über seine Rolle und die heutige Relevanz der Geschichte.

Cory Michael Smith [Interview]

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Transatlantic
fazit
Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt „Transatlantic“ von einer Organisation, die in den 1940ern verfolgte Intellektuelle und Kunstschaffende in die USA bringen wollte. Das liefert Stoff für Diskussionen, etwa zum Wert des Menschen, und verbindet persönliche Schicksale mit einem Abenteuerteil. Das ist sehenswert, auch wenn die Serie mehr in die Breite als in die Tiefe geht.
Leserwertung81 Bewertungen
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