Fred (Godehard Giese) will anderen Menschen etwas Gutes tun und beschließt daher, als ehrenamtlicher Sterbebegleiter tätig zu sein. Dabei gerät er gleich bei seinem ersten Einsatz an jemanden, der ihn an seine persönliche Grenze bringt: Karla (Iris Berben) pfeift darauf, dass da jemand an ihrer Seite ist. Doch Fred gibt nach dem unglücklichen ersten Treffen nicht auf und will auch weiter für sie da sein. Dabei spielt sein Sohn Phil (Claude Heinrich), den er nach dem Tod seiner Frau alleine großzieht, eine große Rolle. Schließlich findet der schüchterne Teenager mit dem Faible für Poesie einen Zugang zu der Schwerkranken, die früher als Fotografin tätig war und die Größen des Musikgeschäfts ablichtete. Denn er soll ihr helfen, diese Fotos für die Nachwelt zu archivieren …
Versöhnung vor dem Tod
Auch wenn man das Gefühl hat, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen ständig dasselbe zeigt, so ganz stimmt das dann doch nicht. Das zeigt sich gerade am Karfreitag schön, wo die beiden größten Sender auf ganz verschiedene Titel setzen. So zieht man beim ZDF die Unterhaltung vor, zeigt erst die Krimifolge Der Alte: Die letzte Chance, bevor es dann in der österlich angehauchten Komödie Wer füttert den Hasen? um eine Frau geht, die ihre Krisen überwindet und sich mit sich und ihrem Umfeld versöhnen muss. Auch in der ARD-Produktion Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster geht es um versöhnliche Töne und eine Frau an einer Weggabelung. Nur bedeutet das hier, dass die Protagonistin stirbt und alle damit zu lernen leben.
Zugrunde liegt dem Ganzen der gleichnamige Roman von Susann Pásztor. In ihrem dritten Werk setzt sich die deutsche Autorin, die selbst im ambulanten Hospizdienst ehrenamtlich tätig ist, mit dem Thema Sterbebegleitung auseinander. Als Osterfilm ist das schon irgendwie gewagt. Und doch passt es irgendwo, da es in Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster nicht allein darum geht, wie eine ältere Frau stirbt. Eng damit verbunden ist die Geschichte eines Vaters und eines Sohnes, die nach dem Tod der Mutter mit sich und einander ringen. Drei Menschen, die sich an unterschiedlichen Punkten in ihrem Leben befinden und auch von der Persönlichkeit her sehr verschieden sind. Aber so ein Aufeinandertreffen kann ja auch ganz inspirierend sein, wenn man voneinander lernt und die Welt mit anderen Augen sieht.
Sehenswert leise
Natürlich ist das kein bahnbrechender Gedanke. Es ist auch nicht so, als würde Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster aus diesem Szenario viel Originelles herausholen. Selbst wer das Buch nicht gelesen hat, dürfte wenig Schwierigkeiten damit haben, den groben Verlauf der Handlung vorherzusagen. Das hier ist kein Film, den man sich anschaut, um überrascht zu werden. Schade ist beispielsweise, dass da einiges am Rand nicht ausgebaut wird. So bleibt die Gruppe von Sterbebegleitenden irgendwie nichtssagend. Die energische Studentin Rona (Zoë Valks) hat keine wirkliche Funktion. Es ist nicht einmal so, dass es nennenswerte Erkenntnisse gibt, die man aus der Begegnung für sich selbst mitnehmen könnte. Regisseur Till Endemann (Lucy ist jetzt Gangster) erzählt eine persönliche Geschichte, die keine universellen Wahrheiten für sich in Anspruch nimmt.
Aber das muss ja nicht verkehrt sein. Tatsächlich ist das Drama, das auf dem Festival des deutschen Films 2022 Premiere feierte, durchaus sehenswert. So ist es löblich, wie hier auf das große Drama verzichtet wird. Sowohl die ruppigen Situationen wie auch die nachdenklichen sind eher zurückhaltend. Es gibt keine aufdringliche, manipulative Musik oder andersartige Exzesse. Selbst die emotionalsten Momente, wenn Phil seine Gefühle in ein Gedicht packt oder Karla ihrem Ende zugeht, sind angenehm leise gehalten. Und natürlich ist da noch das Ensemble, welches maßgeblich zur Qualität von Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster beiträgt. Wenn Iris Berben und Godehard Giese die Hauptrollen übernehmen, hat das die zu erwartende schauspielerische Klasse. Newcomer Claude Heinrich (A Pure Place) ist dafür eine echte Entdeckung und man darf nach diesem Film hoffen, noch mehr von ihm zu sehen.
OT: „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“
Land: Deutschland
Jahr: 2022
Regie: Till Endemann
Drehbuch: Astrid Ruppert
Vorlage: Susann Pásztor
Musik: Enis Rotthoff
Kamera: Karim Rahmani, Bjørn Haneld
Besetzung: Iris Berben, Godehard Giese, Claude Heinrich, Zoë Valks
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