The Big Door Prize Apple TV+
Gabrielle Dennis und Chris O’Dowd in der Serie "The Big Door Prize" über eine wahrsagende Maschine (© Apple TV+)

Chris O’Dowd / Gabrielle Dennis [Interview]

Was wäre, wenn eine Maschine dir sagen könnte, was deine Bestimmung im Leben ist? In The Big Door Prize (seit 29. März 2023 auf Apple TV+) tritt dieser Fall tatsächlich ein. Zwar weiß niemand, woher diese eigenartige Maschine gekommen ist. Als die Menschen merken, dass sie Karten verteilt, auf der dein größtes Potenzial vermerkt ist, führt dies zu einem Run. Chris O’Dowd und Gabrielle Dennis spielen in der Serie das Paar Dusty und Cass Hubbard, welche wie viele andere in der Kleinstadt die Maschine in Anspruch nimmt – mit sehr unterschiedlichem Ergebnis. Wir haben uns mit den beiden über die Serie, Vorbestimmung und die Suche nach der Erfüllung gesprochen.

Was hat euch an The Big Door Prize gereizt? Warum wolltet ihr bei der Serie dabei sein?

Gabrielle Dennis: Als ich das Drehbuch gelesen habe, konnte ich kaum fassen, was da vor mir lag. Da gab es Comedy, Fantasy, Mystery, all diese Welten wurden zusammengeworfen und zu einem gemacht. Das fand ich sehr reizvoll, auch aus kreativer Sicht, weil du so wahnsinnig viel damit machen konntest.

Chris O’Dowd: Ich mochte das Konzept, dass eine kleine Gruppe von Leuten so von einer Idee gefangen genommen werden könnte und danach ihr ganzes Leben ändert. Als jemand im mittleren Alter konnte ich mich auch mit dem Wunsch identifizieren, alles noch einmal ganz anders machen zu wollen.

Kanntet ihr den Roman vorher?

Chris O’Dowd: Als man mit dem Angebot auf mich zukam, bei der Serie mitzumachen, sagte mir der Roman nichts. Ich habe ihn mir dann aber besorgt und gelesen, bevor ich das Drehbuch gelesen habe. Das habe ich auch bei anderen Projekten schon getan. Meine Theorie ist: Wenn du das Buch kennst und dann das Drehbuch kennst, weißt du, was dem Drehbuchautor aus der Vorlage wichtig ist und worauf er hinaus will mit der Serie. Denn er hat sich ja diese Punkte aus dem Buch rausgepickt für seine Version. Und du weißt auch, was er weggelassen hat. Das hilft mir dann als Schauspieler.

Gabrielle Dennis: Mir gefällt diese Denkweise. Ich selbst lese die Bücher aber nie, weil ich mich von den Figuren aus dem Drehbuch inspirieren lassen will, gerade auch wenn der Roman und das Drehbuch sehr verschieden sind. Wobei ich zugeben muss, dass es auch eine Zeitfrage war. Ich hätte es gar nicht mehr rechtzeitig bis zum Dreh geschafft. Aber ich werde das noch nachholen irgendwann.

In eurer Serie geht es um eine Maschine, die den Menschen sagt, wo ihr Potenzial liegt. Warum folgen die alle diesem Rat? Schließlich ist das nur eine Maschine.

Chris O’Dowd: Ist das eine rhetorische Frage? Aber ich stimme dir zu. Ich habe mich auch gefragt: Was zur Hölle machen die da?

Gabrielle Dennis: Das haben wir uns glaube ich alle gefragt.

Chris O’Dowd: Ich denke, dass das auch mit der Gruppendynamik zusammenhängt. Wenn alle anderen mitmachen und du nicht, hast du schnell Angst, dass du etwas verpasst. Es ist auch interessant zu sehen, wer richtig bei der Sache einsteigt. Nimm die Schulrektorin Pat: Sie ist jemand, der etwas ganz Großes mit ihrem Leben anfangen will. Als sie erfährt, dass sie eine Motorradfahrerin sein kann, nimmt sie das dankbar an. Wenn auf ihrer Karte „Nonne“ gestanden hätte, frage ich mich, ob sie ebenso begeistert gewesen wäre.

Gabrielle Dennis: Es ist ein bisschen wie in den sozialen Medien, denen wir auch alle folgen und in denen wir so viel teilen, ohne es zu hinterfragen. Bei The Big Door Prize geben sie alle ihre Sozialversicherungsnummer mit und ihre Fingerabdrücke, einfach so. Der Grund ist glaube ich derselbe, weswegen die Leute Horoskope lesen, noch immer, und warum Glückskekse in chinesischen Restaurants so beliebt sind. Wir alle haben diese großen Fragen zum Leben und was wir damit anfangen können. Deswegen gibt es viele, die bei so etwas mitmachen, weil sie hoffen, eine Antwort zu bekommen. Und dann gibt es andere, die nur hinterherlaufen, weil sie, wie Chris es gesagt hat, Angst davor haben, nicht dazu zu gehören. Bei der Maschine kommt noch hinzu, dass sie so plötzlich da ist und niemand weiß, warum sie da ist. Das trägt zum Mystery bei und macht die Leute neugierig. Es hat schon etwas Religiöses, wie ein Gott, von dem wir uns auch Antworten erhoffen, die wir selbst nicht geben können.

Hättet ihr die Maschine denn benutzt?

Gabrielle Dennis: Nicht, wenn sie nach meiner Sozialversicherungsnummer fragt. (lacht) Ansonsten vielleicht, um damit Spaß zu haben. Aber ich glaube nicht, dass ich dem eine solche Bedeutung gegeben hätte, wie es einige der Figuren tun.

Chris O’Dowd: Ich würde es ausprobieren, dann aber für mich behalten, was auf der Karte steht.

Auffällig ist, dass die Maschine für die Leute immer genau eine Sache hat, in der sie gut sein sollen. Ist es so, dass jeder wirklich eine Sache hat, in der er oder sie gut ist?

Chris O’Dowd: Im wahren Leben? Nein, auf keinen Fall. Die Vorstellung ist für mich absolut absurd, da wir sowieso alle reine Zufallsprodukte sind. Da kann ich mir nicht vorstellen, dass es die eine Sache gibt, die dein Schicksal sein soll.

Gabrielle Dennis: Ich glaube auch nicht, dass man diese Vorhersagen ganz wörtlich nehmen sollte. Es liegt an dir, diesen Rat zu interpretieren und deine eigene Bedeutung zu finden. Und selbst wenn du deine Bestimmung gefunden hast, ist das Ergebnis bei allen unterschiedlich. Nimm unseren Beruf der Schauspielerei: Wir fangen alle etwas Anderes damit an. Und auch unser Weg hin zur Schauspielerei ist von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich. Es ist also immer eine Frage der Interpretation, was das zu bedeuten hat. Deswegen hoffe ich, dass die Figuren in der Serie weiter darüber nachdenken werden, was diese Karten bedeuten. Und natürlich auch das Publikum, das sich dieselben Fragen stellen wird wie wir. Das ist auch das Schöne an der Serie. Du kannst mit ihr jede Menge Spaß haben. Aber sie bringt dich auch dazu, über vieles nachzudenken und in Frage zu stellen. Ich freue mich auch schon auf die Diskussionen, die sich aus der Serie ergeben.

Chris O’Dowd: Wir haben sogar Kierkegaard in der Serie! Von wie vielen Komödien kannst du das schon behaupten?

Woher wusstet ihr denn, dass ihr mit der Schauspielerei die richtige Entscheidung getroffen?

Chris O’Dowd: Wissen wir das denn? Und richtig für wen? Wobei es natürlich mit einigem verbunden ist, das sich für mich richtig anfühlt. Die Schauspielerei gibt mir die Möglichkeit, wenn auch nur in einem geringen Maße, die Welt da draußen zu beeinflussen. Das würde ich in anderen Berufen für mich wahrscheinlich nicht schaffen. Beispielsweise wäre ich ein sehr durchschnittlicher Lehrer.

Gabrielle Dennis: Ich wusste früher nur, dass ich irgendetwas mit Kunst machen würde. Tatsächlich dachte ich am Anfang, dass ich eine Ballerina sein würde. Inzwischen denke ich aber, dass ich mit der Schauspielerei mein Potenzial wirklich erfülle. Solange ich eine künstlerische Arbeit habe, auf die ich mich konzentrieren kann, finde ich darin für mich Vergnügen und Erfüllung. Wenn Chris sagt, er wäre ein durchschnittlicher Lehrer, dann hängt das sicher auch davon ab, was er unterrichtet. Ich bin sicher, dass er auch etwas anderes finden könnte, das er leidenschaftlich macht und darin Freude findet.

Chris O’Dowd: Sehr viel sogar. Ich könnte viel finden, das mir Freude macht. Nur Wissenschaft nicht unbedingt. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Ansonsten ist das Leben aber voll von Potenzial.

Wie würdet ihr denn reagieren, wenn die Maschine euch sagt, dass ihr schauspielern solltet?

Gabrielle Dennis: Ich fände das klasse, weil ich dann nicht los müsste, um etwas Neues anzufangen. (lacht) Klar, ich könnte auch etwas Anderes machen, wenn es sein müsste. Aber das ist mit viel Arbeit verbunden. Deswegen bin ich schon froh, wenn ich bei dem bleiben kann, was ich tue. Aber ich liebe auch, was ich tue. Ich liebe es, wenn ich andere Menschen glücklich machen kann.

Ich frage auch deshalb, weil Dusty zunächst enttäuscht ist, als ihm gesagt wird, dass er Lehrer sein soll – was er ja schon ist.

Chris O’Dowd: Das stimmt. Das liegt aber gar nicht an dem Beruf. Er ist gerne Lehrer. Ihn trifft es wohl mehr, dass man an ihn keine höheren Erwartungen hat. Wenn er sieht, dass andere „Adel“ bekommen und bei ihm nichts geschieht, dann fragt er sich schon: Warum kriege ich so etwas nicht? Bei mir wäre das aber glaube ich anders. Ich denke, dass ich persönlich erleichtert wäre, wenn auf der Karte „Schauspieler“ steht, weil ich dann wüsste, dass ich mein Leben nicht vergeudet habe.

Wenn wir mit unserem Leben beginnen und nach der Schulzeit unseren Weg bestimmen müssen, geht das oft mit Versuchen und Fehlschlägen einher, bevor wir das Richtige finden. Die Maschine stellt da eine Art Abkürzung dar, weil sie uns die Fehlschläge erspart. Ist das gut oder schlecht?

Chris O’Dowd: An der Stelle wird es ziemlich philosophisch. Das ist wohl von Person zu Person unterschiedlich. Wenn du beispielsweise an eine Kunsthochschule gehst, weiß du am Anfang noch nicht, womit du am Ende rauskommst. Da wird also noch viel ausprobiert. Und ich denke, dass dies ein Freiraum ist, den die Menschen manchmal tatsächlich brauchen, um herauszufinden, wer sie sind und was sie tun wollen.

Vielen Dank für das Gespräch!



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