Der Schneider – Staffel 1

Nach dem Tod seines Großvaters kehrt Peyami (Çagatay Ulusoy), der sich als Schneider einen Namen gemacht hat, in seine alte Heimat zurück. Dort will er den Laden, den er geerbt hat, fortsetzen und weiter an seinen textilen Kreationen werkeln. Dabei lernt er auch Esvet (Sifanur Gül) kennen, die mit seinem alten Freund Dimitri (Salih Bademci) liiert ist und deren Hochzeitskleid Peyami schneidern soll. Glücklich ist sie in dieser Beziehung aber nicht, vor allem der regelmäßige Missbrauch setzt ihr zu. Als es ihr endgültig zu viel wird, läuft sie davon und landet bei Peyami, wo sie sich um Mustafa (Olgun Simsek) kümmert. Doch nicht nur Dimitri macht den beiden zu schaffen. So tragen sie alle Geheimnisse mit sich, die sie voreinander zu verbergen versuchen …

Liebesdrama aus der Türkei

Und die Flut an türkischen Titeln auf Netflix hält an, praktisch jeden Monat kommen weitere Filme und Serien aus dem Osten zu uns. So erzählte kürzlich die Tragikomödie Aaahh Belinda von einer Frau, die während eines Werbespots auf magische Weise ihr Leben mit dem der von ihr gespielten Figur tauscht. Deutlich düsterer ist der Thriller Boğa Boğa, bei dem ein Paar vor der betrügerischen Vergangenheit flieht, was in einem Blutbad endet. Wieder in eine andere Richtung geht die neue Serie Der Schneider. Auch bei dieser geht es zwar darum, dass die Hauptfiguren ein Geheimnis mit sich herumtragen, mehrere sogar, was einen erhöhten Mystery-Faktor mit sich bringen soll. Es handelt sich dann aber doch eher um eine Mischung aus Drama und Romanze.

Wobei man durchaus versucht hat, dass die Zuschauer und Zuschauerinnen miträtseln und ganz gebannt dabei bleiben. Schließlich wird bei der Serie ganz offensiv damit geworben, dass alle ganz große Geheimnisse mit sich herumtragen. So offensiv, dass man sich zwischenzeitlich fragen darf, ob das wirklich noch deren Ernst ist oder Der Schneider in Wahrheit eine Parodie sein soll. Dabei ist die türkische Produktion nicht nur völlig überzogen und versucht, jede kleinste Ambivalenz mit einem bleischweren Holzhammer in Grund und Boden zu hauen. Die Geheimnisse sind nicht einmal interessant. Wobei es nicht immer ganz leicht zu sagen ist, ob die einzelnen Wendungen oder deren Häufung das Problem ist. Man gibt sich bei der Serie gar nicht erst die Möglichkeit, dass die Erkenntnisse Wirkung entfalten, weil sofort die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird.

Eine Zumutung in sieben Folgen

Bei der Romanze hatte man es ebenso eilig. Die ist einfach da, weil die Figuren eine so große Anziehungskraft haben sollen. Das mag ja durch sein, das Publikum bekommt davon aber herzlich wenig mit. Der Schneider ist eine dieser Serien, die sich damit begnügen, möglichst attraktive Menschen vor die Kamera zu zerren, der Rest erledigt sich dann schon von selbst. Oder auch nicht. Überhaupt sind die Figuren ein großer Schwachpunkt. Eigentlich sind sie alle unerträglich und dabei noch nichtssagend. Besonders Dimitri als verwöhnter Bad Boy und Mustafa, der wohl als Autist konzipiert sein soll, sind eine Zumutung. Vermutlich war Letzterer sogar noch irgendwie gut gemeint. Das bringt aber nichts, wenn daraus dann eine solche Karikatur wird.

Und als wäre das alles noch nicht schlimm genug, ist da noch die Musik. Es spricht nichts dagegen, wenn diese bei dramatischen Momenten mal ein wenig zulegt, um auf diese Weise das Publikum zu leiten. Wenn es aber in einer Dauerbeschallung endet und die Untermalung in keinem Verhältnis mehr zum Gezeigten steht, wird es schwierig. Oder auch so schlimm, dass allein das schon Grund genug wäre, vorzeitig abzubrechen und gar nicht erst die sieben Folgen der ersten Staffel anzuschauen. Immerhin: Visuell ist Der Schneider durchaus in Ordnung. Zwar sind die Kleider von Peyami nicht so umwerfend, wie immer behauptet wird. Ansonsten gibt es aber schon immer mal wieder etwas zu sehen. Nur nicht genug, um den katastrophalen Inhalt und die schlampige Erzählung auszugleichen.