Etilaat Roz
© DOK.fest München

Etilaat Roz

Etilaat Roz
„Etilaat Roz“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Inhalt / Kritik

Die Bilder gingen 2021 um die Welt: Als die USA zwanzig Jahre nach dem Einmarsch in Afghanistan wieder abzogen, strömten die Menschen an die Flughäfen, in der Hoffnung, noch irgendwie aus dem Land zu kommen. Aus gutem Grund, ahnten sie doch, was ihnen bevorstehen würde, sobald die Taliban wieder die Macht ergreifen würden. Seither ist es ruhig geworden in der Berichterstattung. Das liegt zum einen daran, dass gefühlt alle drei Monate eine neue Weltkrise aufkommt, weshalb einzelne Themen schnell an Aufmerksamkeit verlieren. Hinzu kommt, dass es inzwischen nur noch wenige Möglichkeiten gibt, wirklich etwas aus dem Inneren des Landes zu erfahren, zu groß sind die Restriktionen. Umso wichtiger ist es, durch den Dokumentarfilm Etilaat Roz daran erinnert zu werden, was in dem asiatischen Staat gerade geschieht.

Das Ende der Pressefreiheit

Wobei Regisseur Abbas Rezaie in seinem Werk nicht die aktuelle Situation aufzeigt, sondern einen Blick zurück wirft auf die dramatische Zeit der Machtergreifung. Genauer schildert er die Ereignisse aus Sicht einer Tageszeitung vor, während und nach dem Abzug des Westens. Vor den Taliban war Etilaat Roz sogar die größte Tageszeitung Kabuls, inzwischen wurde diese eingestellt. Damit wird sie zum Symbol für ein Land, in dem die Freiheit stark eingeschränkt ist. Das kann alles Mögliche betreffen, sei es Kleidung oder das Hören von Musik. Und natürlich die Meinungsfreiheit: Auch wenn die Taliban zunächst versprachen, dass sich für die Menschen nicht viel ändern würde, dürfen sie nur noch das tun und sagen, was den Islamisten genehm ist. Damit fiel automatisch auch die Pressefreiheit weg.

2021 sind schon die ersten Anzeichen dafür zu sehen. So schildert der Film, wie einer der Mitarbeiter während einer Reportage brutal zusammengeschlagen wurde. Sein Pressestatus half ihm nicht, interessierte niemanden. Der Vorfall selbst wird dabei nicht gezeigt. Allgemein ist nichts zu sehen von der Welt da draußen, Etilaat Roz beschränkt sich allein auf die Redaktionsräume. Die Ereignisse der Außenwelt werden dabei durchaus thematisiert. Doch das geschieht in den Gesprächen miteinander, manchmal auch in Telefonaten oder Videochats mit Externen. Aus diesen Gesprächsfetzen lässt sich vieles von dem erschließen, was außerhalb der Büros geschieht. Vor allem lässt sich erschließen, wie es den Menschen innerhalb des Büros ergeht.

Fern und nah zugleich

Diese schwanken zwischen dem Bedürfnis, weiterhin über die Geschehnisse zu berichten und ihrem journalistischen Auftrag nachzukommen, und der Sorge um das eigene Leben. Tatsächlich spielt im weiteren Verlauf des Films die Frage eine große Rolle, wer einen Pass hat und wer das Land verlassen darf. Etilaat Roz wird an diesen Stellen fast schon zu einem Kammerspielthriller, bei dem das Publikum mitfiebern kann. Das erinnert an die preisgekrönte Doku Für Sama, in der die Menschen ihren Alltag im belagerten Aleppo festhielten. Vergleichbar emotional wird es hier aber nicht, das verhindert bereits die thematische Fokussierung auf die journalistische Arbeit. Bis auf wenige Momente gibt es hier kein Privatleben, nichts, was dazu beitragen kann, die einzelnen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu Individuen zu machen.

Doch auch wenn er keine vergleichbare emotionale Wucht entwickelt wie der obige Film, ist Etilaat Roz sehenswert. Der bewusst nüchtern gehaltene Eröffnungsfilm vom DOK.fest München 2023 ist ein erschütterndes Zeitdokument, welches die Situation in Afghanistan anschaulich festhält. Auch wenn die Pressefreiheit nur einer von vielen Faktoren ist, die vor bald zwei Jahren ein Ende fanden, steht sie doch sinnbildlich dafür, was durch den Machtwechsel verloren ging. Das stimmt auch ein Publikum nachdenklich, das weit entfernt sicher in seinem Kinosessel sitzt: Die Dokumentation erinnert einen daran, welches Privileg es ist, in anderen Verhältnissen leben zu dürfen und wie zerbrechlich dieses Privileg ist.

Credits

OT: „The Etilaat Roz“
Land: Afghanistan
Jahr: 2022
Regie: Abbas Rezaie
Kamera: Abbas Rezaie

Bilder

Trailer

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Etilaat Roz
fazit
„Etilaat Roz“ schildert aus Sicht einer afghanischen Tageszeitung die dramatische Zeit des Machtwechsels 2021. Der Dokumentarfilm spielt sich dabei ausschließlich innerhalb der Redaktionsräume ab, was ihn zuweilen zu einem Kammerspielthriller macht, aber auch etwas den Zugang zu den Menschen erschwert.
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