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Fanfic

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„Fanfic“ // Deutschland-Start: 18. Mai 2023 (Netflix)

Inhalt / Kritik

Tosia (Alin Szewczyk) ist wütend. Das ist sie oft, seit vielen Jahren schon, woran auch die dauernden Therapiesitzungen nichts ändern. Ruhe in ihrem Kopf findet sie nur, wenn sie Pillen schluckt oder an ihrer Fanfiction sitzt und die Welt so schreiben kann, wie sie diese gern hätte. Das ändert sich erst, als sie Leon (Jan Cieciara) näherkommt. Schon vorher gab es beidseitiges Interesse. Doch erst als sie sich auf einer Party küssen, können sie ihren Gefühlen nachgehen. Leon ist es auch, der Tosia seine Kleidung leiht, als ihre durch den Regen durchnässt ist. Als sie diese trägt, fällt es ihr wie Schuppen von den Augen: Sie ist eigentlich ein Junge, ist nur im falschen Körper gefangen. Und so beschließt sie, sich von nun an Tosiek zu nennen und als Junge durchs Leben zu gehen. Einfacher wird dieses durch die Entscheidung aber nicht …

Auf der Suche nach dem passenden Geschlecht

In den letzten Jahren ist Transsexualität aus nicht immer ganz nachzuvollziehenden Gründen zu einem richtig großen Thema geworden. An Stammtischen und im Internet wird gehetzt, Politiker versuchen mit billigem Populismus nach unten zu treten, eine eigenartige Koalition aus schrillen Rechten und abgehalfterten Feministinnen ist entstanden. Wohl auch als Gegenreaktion zu der gewachsenen Intoleranz fühlen sich deutsche Filmschaffende in der Pflicht dagegenzuhalten. So gab es im Kino die Toleranz-Tragikomödie Oskars Kleid, auch die Fernsehkrimis Theresa Wolff: Der schönste Tag und Polizeiruf 110: Daniel A. nahmen das Thema auf. Um eine rein deutsche Diskussion handelt es sich dabei jedoch nicht, selbst wenn dies in Kommentaren gern mal behauptet wird. So kommt mit dem Netflix-Film Fanfic ausgerechnet aus Polen ein Debattenbeitrag. Einem Land, bei dem die politische Führung ganz besonders gern gegen die LGBT-Community austeilt.

Um Politik geht es in dem Film jedoch nicht. Es ist nicht einmal so, dass das Drama große gesellschaftliche Ambitionen hat, da geht es nicht um einen umfassenden Entwurf. Vielmehr konzentriert sich Regisseurin und Co-Autorin Marta Karwowska auf eine Geschichte im Kleinen. Sie bleibt ganz nah an den Figuren dran und verpackt das Thema in ein Coming-of-Age-Drama. Im Mittelpunkt von Fanfic steht dabei Tosia/Tosiek und die Beschäftigung mit dem eigenen Geschlecht. Drumherum gibt es aber auch ein paar andere Jugendliche, die auf ihre Weise mit ihrem Leben zu kämpfen haben. Da ist vor allem natürlich Leon als Partner, der sich als homosexuell und traumatisiert herausstellt. Ein anderer Mitschüler, der gern als Bully auftritt, ist offensichtlich das Ergebnis seines Vaters, der die gleiche Lebenseinstellung hat. Eine andere Schülerin wird auch ihr Leid klagen.

Zwischen Überfrachtung und Ambivalenz

Das Ergebnis ist etwas gemischt. Auf der einen Seite ist Fanfic schon etwas überfrachtet und an manchen Stellen ziemlich konstruiert. Auch auf Klischees wird nicht verzichtet. Anstatt da so aufzutrumpfen, wäre mehr Detailarbeit wünschenswert gewesen. Gerade der Wandel von Tosia zu Tosiek ist schon sehr abrupt. Später werden dann zwar noch andere Beispiele mitgegeben, dass die Hauptfigur schon früher ein Junge sein wollte. Aber das wirkt mehr wie eine Alibifunktion. Irritierend ist in dem Zusammenhang gerade der Punkt mit der Fanfiction. Obwohl diese im Titel genannt ist, womit impliziert wird, dass sie eine große Bedeutung hat, spielt sie in der Geschichte keine nennenswerte Rolle. Dabei wäre sie eigentlich ideal gewesen, um das Seelenleben etwas mehr zu verdeutlichen.

Positiv ist dafür, dass Karwowska um Ambivalenz bemüht ist. So ist Tosia alles andere als eine Sympathieträgerin, auch nach der Transformation zu Tosiek geschieht einiges, bei dem man die Augenbraue heben darf. Tatsächlich halten andere Figuren ihm auch den Spiegel vor und zeigen auf, dass das Verhalten teilweise mies ist. Umgekehrt sind die übrigen Figuren nicht so schlecht, wie sie zunächst erscheinen – zumindest manche. Wo andere Filme zu dem Thema schnell mal ins Demagogische gehen, versucht sich Fanfic an einem differenzierteren Bild. Das reicht dann insgesamt für ein solides Drama, zumal die schauspielerischen Leistungen auf einem überzeugenden Niveau sind. Richtig viel zur Diskussion wird dann aber doch nicht beigetragen, dafür bleibt das zu sehr an der Oberfläche. Die versöhnlichen Töne werden zudem kaum erarbeitet, sondern wie Süßigkeiten unters Publikum geworfen.

Credits

OT: „Fanfik“
Land: Polen
Jahr: 2023
Regie: Marta Karwowska
Drehbuch: Marta Karwowska, Grzegorz Jaroszuk
Musik: Wojciech Urbanski
Besetzung: Alin Szewczyk, Jan Cieciara, Dobromir Dymecki, Wiktoria Kruszczynska, Maja Szopa, Agnieszka Rajda, Krzysztof Oleksyn, Ignacy Liss, Oskar Rybaczek, Anna Krotoska

Bilder

Trailer

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Fanfic
fazit
„Fanfic“ nimmt sich des Reizthemas Transsexualität an, wenn eine Schülerin plötzlich merkt, dass sie eigentlich ein Junge ist. Die Erkenntnis ist ein bisschen schnell, so wie an vielen Stellen mehr Detailarbeit wünschenswert gewesen wäre. Dafür versucht man sich an mehr Ambivalenz gerade auch im Hinblick auf die Figuren.
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