Im Leben von Mark (Jeremias Meyer) geht es schon seit einer ganzen Weile sehr turbulent zu. So ist sein Vater Karl (Golo Euler) vor Jahren in einem Feuer verbrannt, vorher fiel er immer wieder durch seltsames Verhalten auf und komische Geschichten, die er erzählte. Marks älterer Bruder Thomas (Theo Trebs) wiederum neigt zur Gewalt, wurde auch von der Schule verwiesen, nachdem er einen Lehrer angegriffen hatte. Bei Mark ist ähnliches zu befürchten, weswegen er auf Drängen seiner Mutter Petra (Sabine Timoteo) seit einer Weile schon bei Dr. Peters (Thorsten Merten) in Therapie ist. Zum Glück gibt es da aber noch den kleinen Plattenladen, den er gemeinsam mit Thomas führt. Und dann wäre da noch Becky (Lea Drinda), die er gerade kennengelernt hat und mit der er sich über Musik austauscht. Doch gerade als sein Leben endlich wieder eine positive Richtung einschlägt, erzählt Thomas, dass die Geschichten ihres Vaters wahr sind und es tatsächlich eine Parallelwelt gibt. Zunächst will Mark nichts davon wissen – bis er eines Besseren belehrt wird …
Fantasy made in Germany
Zurzeit setzen die Streamingdienste und Fernsehsender verstärkt auf Serien im Fantasy-Abenteuer-Bereich. Während es bei Filmen in der Hinsicht so gut wie gar nichts mehr zu holen gibt, hat man beim Langformat die Qual der Wahl. Die beiden größten Produktionen des letzten Jahres waren dabei sicherlich Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht und House of the Dragon, die jeweils Traumzahlen erreichten. Andere gingen hingegen ziemlich unter. So war Disney von dem Ergebnis von Willow so enttäuscht, dass nicht nur die Serie nach einer Staffel abgesetzt wurde. Sie flog sogar ein halbes Jahr nach dem Debüt wieder aus dem Programm des hauseigenen Streamingdiensts. Insofern darf man neugierig sein, wie sich die Amazon Prime Video Serie Hohlbeins – Der Greif schlägt. Umso mehr, da es sich um eine deutsche Produktion handelt und dieses Genre hierzulande praktisch gar nicht versucht wird.
Dabei gibt es in einem anderen Medium den Beweis, dass Fantasy made in Germany durchaus ein Publikum finden kann. Genauer kann der deutsche Autor Wolfgang Hohlbein in diesem Bereich große Erfolge vorweisen. Mehr als 200 Bücher hat er verfasst, die meisten davon Fantasy, Horror und Science-Fiction. 43 Millionen Exemplare wurden bislang verkauft. Insofern war es naheliegend, dass man sich beim reichen Fundus des Schriftstellers bediente. Wenn man schon Neuland betritt, dann doch zumindest mit einem großen Namen im Hintergrund, mit dem man Werbung machen kann. Und so schnappte man sich den 1989 veröffentlichten Roman Der Greif, den Hohlbein gemeinsam mit seiner Frau Heike verfasst hat, um so alte wie neue Fans zu erreichen. Letzteres mag funktionieren, Ersteres eher weniger. Zumindest häufen sich schon kurz nach dem Start Reaktionen erboster Fans, dass die Serie nichts mehr mit dem Original zu tun habe.
Nostalgisches Jugenddrama
Stattdessen schielte man offensichtlich auf die enormen Zahlen, die Stranger Things Netflix beschert hat. Zumindest sind die Zutaten ähnlich, wenn Fantasy mit Mystery gekreuzt wird, im Mittelpunkt lauter junge Figuren stehen und dabei auch noch stark auf Nostalgie gesetzt wird. Waren es dort die 80er, die ein Revival erfuhren, lässt man bei Hohlbeins – Der Greif die 90er aufleben. Für die Geschichte ist das zeitliche Setting völlig irrelevant. Aber Nostalgie, so viel haben die letzten Jahre gezeigt, braucht keine logische Erklärung. Wer selbst in den 90ern aufgewachsen wird, darf hier auch leuchtende Augen bekommen. Schon die Vorstellung, in kleinen Plattenläden neue Bands zu entdecken, lässt einen wehmütig werden. Wobei man hier kaum auf Geheimtipps setzt. Radiohead, Smashing Pumpkins und Pearl Jam sind sicherlich nicht originell. Vor allem nicht, wenn diese Lieder im Lauf der sechs Folgen gleich mehrfach gespielt werden. Offensichtlich reichte das Geld nicht für mehr Abwechslungsreichtum.
Visuell ist die Serie ebenfalls durchwachsen. Natürlich ist es unfair, eine deutsche Produktion mit den sündhaft teuren Kollegen aus den USA zu vergleichen. Da liegen dann doch Welten dazwischen im Hinblick auf das Budget. Und es ist jetzt auch nicht so, dass die Optik wirklich schlecht wäre. Es mangelt aber an einem eigenen Flair. Am Gefühl auch, eine wirklich andere Welt zu betreten. Wobei das auch ein Problem der Drehbücher ist, die an vielen Stellen zu sehr auf 08/15-Szenen aus Jugenddramen setzen. Tatsächlich ist Hohlbeins – Der Greif auch eher einem jugendlichen Publikum zu empfehlen, das aus dem eigenen Leben bekannte Themen in einem fremden Setting sehen mag. Da geht es um Menschen, die nicht dazugehören, Generationenkonflikte und eine erste Liebe – das Übliche eben. Wer hingegen ein episches Abenteuer sehen möchte, kommt hier kaum auf seine Kosten. Es gibt auch zu wenig echte Fantasy-Elemente. In der Summe reicht das dann noch für Durchschnitt. Das erhoffte Highlight ist aber nicht daraus geworden.
OT: „Hohlbeins – Der Greif“
Land: Deutschland
Jahr: 2023
Regie: Sebastian Marka, Max Zähle
Drehbuch: Boris Dennulat, Stefanie Veith, Erol Yesilkaya, Senad Halilbasic
Vorlage: Wolfgang Hohlbein, Heike Hohlbein
Musik: Thomas Mehlhorn, Jürgen Kramlofsky
Kamera: Willy Dettmeyer
Besetzung: Jeremias Meyer, Lea Drinda, Zoran Pingel, Theo Trebs, Sabine Timoteo, Samirah Breuer, Armin Rohde, Thorsten Merten, Golo Euler, Flora Li Thiemann
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